Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 28.01.2013; Aktenzeichen 1 BvR 274/12)

OLG Hamm (Beschluss vom 22.12.2011; Aktenzeichen I-26 W 21/11)

 

Tenor

wird der Antrag des Antragstellers vom 10.11.2010 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet

 

Gründe

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, § 114 ZPO.

In dem Klageentwurf zu dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt der Antragsteller die Zahlung von Schadensersatz wegen der Ablehnung der Antraggegnerin, ihn auf die Warteliste für die Organvermittlung zur Herztransplantation aufzunehmen. Die Antragsgegnerin habe den Antragsteller allein aufgrund seiner fehlenden Sprachkenntnisse abgelehnt, hierin sei eine unzulässige Diskriminierung sowie eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu sehen.

Die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Ein Anspruch nach dem Allgemeinen Gleichheitsgesetz (AGG) wegen der Benachteiligung aufgrund der fehlenden Sprachkenntnisse des Antragsstellers scheidet aus. Nach § 1 AGG wird eine Benachteiligung aufgrund der Sprache durch das AGG nicht geschützt.

Auch die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches aus Vertrag oder aus § 823 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Ausweislich der Richtlinien für die Wartelistenführung und Organvermittlung zur Herztransplantation der Bundesärztekammer kann auch die unzureichende oder sogar die fehlende Mitarbeit des Patienten zu einer Kontraindikation führen; das Fehlen der Compliance kann auch auf sprachlichen Schwierigkeiten beruhen. Wird die Aufnahme in die Warteliste aufgrund fehlender Compliance abgelehnt, ist zuvor der Rat einer psychologisch erfahrenen Person einzuholen, siehe Abschnitt I. Ziffer 4, der "Richtlinie für die Wartelistenführung und Organvermittlung zur Herztransplantation", Bundesärztekammer, Inkrafttreten ab 23.04.2011. Auch in der vorherigen Fassung der Richtlinie wird die mangelnde Compliance als eine Kontraindikation zur Herztransplantation angesehen. Sprachliche Verständigungsschwierigkeiten allein können die Compliance hingegen nicht ausschließen, vgl. Richtlinien für die Warteliste zur Herztransplantation der Bundesärztekammer vom 17.10.2003, Abschnitt II., Tabelle 3.

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen der Richtlinie der Bundesärztekammer bei der Ablehnung des Antragstellers zur Aufnahme auf die Warteliste nicht vorgelegen haben, liegen nicht vor.

Der Antragsteller hat selbst vorgetragen, dass sein Wortschatz im April 2010 sehr gering gewesen sei.

Ausweislich des Abschlussberichts der Beklagten vom 29.04.2010 zur Screeninguntersuchung für eine orthotope Herztransplantation wurde die Ablehnung unter Zusammenschau der erhobenen Befunde mit den gravierenden Verständigungsproblemen und der nicht sicheren Compliance begründet. Die mangelnde Compliance wurde im Vorfeld dieses Verfahrens von der Antragsgegnerin u.a. mit der mangelnden Möglichkeit der jederzeitigen Kontaktaufnahme sowie der nicht möglichen Nachbetreuung begründet. Bei diesen Merkmalen handelt es sich um selbständige Merkmale, die nicht allein auf die sprachlichen Schwierigkeiten zurück zu führen sind.

Zu der Behauptung, eine psychologische Untersuchung habe nicht stattgefunden, hat der Kläger keinen Beweis angeboten; die Beklagte hat Frau Dr. S. als Zeugin angegeben. Beweisbelastet für diese Tatsache ist aber der Kläger.

Das Merkmal der fehlenden Compliance und der sprachlichen Schwierigkeiten stellt ein angemessenes Merkmal zur Beurteilung des Aufnahmeanspruchs auf die Warteliste dar. Denn ebenso wie bei anderen Risikofaktoren, die unabhängig von der Sprache eine Kontraindikation darstellen, wie z.B. schwerwiegende Erkrankungen anderer Organe, vorhersehbare schwerwiegende operativ-technische Probleme oder bestehender schwerwiegender Nikotin-, Alkohol- oder Drogenabusus soll hiermit eine lebensbedrohliche Situation des Patienten im Rahmen der Nachsorge verhindert werden und ein längerfristiger Erfolg der Transplantation sowie eine sachgerechte Verteilung der Spenderorgane gewährleistet werden. Ein Verstoß gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht, welches eine schwerwiegende Verletzung der menschlichen Würde und Ehre voraussetzt, kann in der Aufstellung dieses Merkmals nicht gesehen werden.

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zwar wäre es ein geeignetes Mittel gewesen, dem Antragsteller einen Dolmetscher zur Verfügung zu stellen. Eine derartige Maßnahme wäre aber nicht zumutbar gewesen. Ein Dolmetscher müsste dem Antragsteller 24 Stunden am Tag zur Verfügung stehen, da jederzeit mit der Bereitstellung eines geeigneten Spenderorgans und einer entsprechenden Operation gerechnet werden muss. Die Kosten, die durch ein derartiges Vo...

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