Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt an den Kläger 5.000,– EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.7.2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 44 % und der Beklagte 56 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Amtshaftungsansprüche wegen einer nach Ansicht des Klägers erfolgten rechtswidrigen Fixierung und medikamentösen Behandlung während seiner zwangsweisen Unterbringung.

Am 11.2.2009 fanden Polizeibeamte gegen 18:40 Uhr den Kläger vor dessen Wohnung. Sie brachten den Kläger in die Rettungsstelle des Klinikum …, wo er der Dienst habenden Assistenzärztin vorgestellt wurde, die eine Eigengefährdung nicht ausschloss, das Medikament Tavor 2,5 mg und Solian 800 mg verordnete sowie die stationäre Aufnahme des Klägers anordnete.

Im Polizeibericht heißt es dazu:

„Herr war trotz der Kälte nur mit einem T-Shirt bekleidet. Er gab unter anderem an, dass die „Gnome” ihn überfallen und ihm den Schlüssel zu seiner Wohnung entwendet hätten. Jetzt würden diese seine Wohnung nicht mehr öffnen.

Auf Grund der Eigengefährdung und dem verwirrten Zustand wurde der Betroffenen dem Khs-HHH, mittels angefordertem RTW zugeführt.

Hier wurde er der diensthabenden Psychiaterin Frau vorgestellt, die eine Einweisung in die Station p3 verfügte.

Als der Betroffene in den Wartebereich begleitet wurde um die angeforderten Pfleger zu erwarten, ging dieser unvermittelt auf andere wartende Patienten und die eingesetzten Beamten los und versuchte diese zu schlagen und zu treten. Hierbei rief er wieder verwirrte Sätze wie: „Hier kommt Gas, Dr. Mengele ist wieder da, er ist der junge Hitler etc.”

Den eingesetzten Kräfte gelang es, den Betroffenen zu Boden zu bringen und ihn zu fixieren. Durch die Ärztin wurde eine Fesselung auf einem Krankenbett angeordnet.

Hierbei leistete der Betroffene derart Widerstand, dass die eingesetzten Beamten und drei Personen des Pflegepersonals notwendig waren ihn fachgerecht auf dem Krankenbett zu fixieren.”

Die Ärztin des Sozialpsychiatrischen Dienstes, die Psychiaterin Frau …, stellte einen Antrag auf Unterbringung für vier Wochen wegen einer akuten Psychose, Selbst- und Fremdgefährdung beim Amtsgericht. In deren Begründung heißt es dazu unter anderem:

„Mit gefährdenden Fehlhandlungen ist zu rechnen. Es besteht keine Krankheitseinsicht.”

Die Richterin am Amtsgericht suchte den Kläger in der Klinik im Beisein eines ärztlichen Sachverständigen am 12.2.2009 auf. Der Kläger gab nach ihrem Vermerk ihr gegenüber an:

„dass er gestern nur mit einem T-Shirt bekleidet, das Haus verlassen hatte. Er konnte nicht mehr zurück, weil er keinen Schlüssel hatte. Das Leben ist manchmal komisch. Er kann sich an den Gasgeruch von gestern nicht erinnern. Es wäre o.k., wenn er hier bliebe, wenn die Polizei besser wäre. Das Haus ist durcheinander. Was mit den Mietern ist, wisse er nicht.

Der Sachverständige erklärte, dass der Betroffene an einer Exazerbation einer paranoiden Schizophrenie leidet. Im Vordergrund stehen derzeit ein sprunghaft und inkohärenter formaler Gedankengang, sowie die wahnhafte Verarbeitung der Umgebung. Außerdem besteht der Verdacht auf halluzinatorisches Erleben. Es ist derzeit von starker Eigen- und Fremdgefährdung durch wahnhafte Verkennung auszugehen.

Er empfahl die Unterbringung für die Dauer von 4 Wochen bis zum 11.3.2009.”

Mit Beschluss vom 12.2.2009 ordnete das Amtsgericht die Unterbringung des Klägers in einer geschlossenen Einrichtung im Sinne von § 10 PsychKG längstens bis zum 11.3.2009 an. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers erfolgte nicht, weil der Kläger nach dem unmittelbaren Eindruck der Richterin am Amtsgericht in der Lage war, seinen Willen und seine Wünsche in der Verhandlung kundzutun.

Wegen der Einzelheiten des Beschlusses wird auf dessen Kopie auf Blatt 7 der Akten, Bl. 4a des Anlagenbandes, verwiesen.

Gegen den Beschluss legte der Kläger keine Beschwerde ein.

Ebenfalls am 12.12.2009 ordnete die Richterin des Amtsgerichts eine Begutachtung des psychischen Zustandes des Klägers durch den Sachverständigen und über die Erforderlichkeit einer weiteren Unterbringung an.

Im Pflegebericht des Klinikums ist am 11.2.2009 eine 4-Punkt-Fixierung mit Bauchgurt bei Verbringung des Klägers zur Station vermerkt sowie, dass eine Defixierung nicht habe statt finden können. Weiter ist vermerkt, dass der Kläger 10 mg Haldol intravenös erhalten habe, nachdem er eine orale Einnahme abgelehnt habe, wobei er unter andauernder starker Übelkeit und multiplen Krämpfen sowie Antriebs- und Konzentrationsmangel gelitten habe. Nach dem Pflegeberichten und der Verlaufskurve erhielt...

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