Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufnahme von Geschwistern in die Mietwohnung: Erlaubniserteilung bei Erfüllung einer sittlichen Pflicht des Mieters

 

Orientierungssatz

1. Gemäß BGB $ 549 Abs 1 S 1 ist der Mieter ohne die Erlaubnis des Vermieters nicht berechtigt, den Gebrauch der gemieteten Sache einem Dritten zu überlassen, BGB § 549 Abs 1 gilt generell, also auch für die Miete von Wohnraum für die BGB § 549 Abs 2 besondere Regelungen trifft.

2. Eine Ausnahme gilt nur für die Aufnahme der nächsten Angehörigen und der Bediensteten des Mieters in der Wohnung. Diese Personen sind nicht Dritte iSd BGB § 549. Unter den zu diesem Personenkreis zählenden Familienangehörigen werden allgemein nur "nahestehende" oder "nächste" Angehörige verstanden. Geschwister gehören nicht zu den Personen, mit deren Aufnahme der Vermieter ohne weiters zu rechnen hat (vergleiche BayObLG München, 1983-11-29, REMiet 9/82, ZMR 1984, 87).

3. Bei der Aufnahme von nahen Verwandten ist auch der Schutz der Familie gemäß GG Art 6 zu beachten. Der im Gesetz nicht definierte Begriff des berechtigten Interesses ist daher weit zu fassen. Darunter fällt jeder einleuchtende, vernünftige Grund, einschließlich höchstpersönlicher Motive, sofern sie nur nach Vertragsschluß entstanden und mit der Rechtsordnung vereinbar sind (vergleiche OLG Hamm, 1982-08-17, 4 ReMiet 1/82, NJW 1982, 2876).

4. Bedarf der aus der Türkei eingereiste Bruder des Mieters zunächst seiner Hilfe, um sich in die fremden Lebensverhältnisse einzuleben, und des Wohnraums, um seine Berufsausbildung beenden zu können, so genügt der Mieter mit der Aufnahme des Bruders in die Mietwohnung einer sittlichen Pflicht und hat gegen den Vermieter Anspruch auf Erlaubnis des Mitgebrauchs.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1737187

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