Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung bei Kfz-Unfall: Zurechnung von Betriebsgefahr und Mitverschulden des Leasingnehmers beim Schadensersatz wegen Beschädigung eines Leasingfahrzeugs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Leasinggeber muss sich die Betriebsgefahr des in seinem Eigentum stehenden Kraftfahrzeugs und ein Mitverschulden des Leasingnehmers, der dieses Kraftfahrzeug hielt und führte, nicht anspruchsmindernd entgegenhalten lassen, wenn und soweit er (auch) einen Schadensersatzanspruch aus BGB § 823 gegen den Unfallgegner wegen schuldhafter Eigentumsverletzung geltend macht.

2. Der Unfallgegner ist darauf verwiesen, seinerseits den Leasingnehmer auf (weiteren) Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.

 

Orientierungssatz

Zitierung zu Leitsatz 1.: Anschluß BGH, 30. März 1965, VI ZR 257/63, NJW 1965, 1273.

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 9. November 1999 verkündete und mit dem Beschluss vom 9. November 1999 berichtigte Urteil des Amtsgerichts Mitte - 102 C 388/99 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das angefochtene Urteil ist, soweit es der Klägerin einen Ersatzanspruch nach einer Quote von lediglich 2/3 zugesprochen hat, jedenfalls nicht zum Nachteil der Beklagten ausgefallen. Denn die Klägerin muss sich weder die Betriebsgefahr des in ihrem Eigentum stehenden Fahrzeuges noch - entgegen der Ansicht des Amtsgerichts - ein Verschulden des Leasingnehmers zurechnen lassen.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Kraftfahrzeuges und Leasinggeberin, der Leasingnehmer ist Halter und zum Zeitpunkt des Unfalles auch Fahrer des Fahrzeuges gewesen. In der Sache handelt es sich um einen typischen Kreuzungsräumerfall; der Beklagte hat den Leasingnehmer auf Schadensersatz in Anspruch genommen und nach einer Quote von 2/3 obsiegt, er will auch im vorliegenden Rechtsstreit gegenüber der Klägerin nur mit einer Quote von 1/3 haften, statt mit der vom Amtsgericht in dem angefochtenen Urteil ausgeworfenen Quote von 2/3.

Die Klägerin kann von den Beklagten als Gesamtschuldnern wegen der Beschädigung ihres Eigentums anlässlich des Verkehrsunfalls vom 29. Januar 1998 in B.-Z. vollen Ersatz ihres Schadens gemäß § 823 BGB, § 3 Nr. 1 und 2 PflVG verlangen. Denn der Beklagte zu 1., Fahrer und Halter des bei der Beklagten zu 2. gegen Haftpflicht versicherten Pkw hat den Unfall mit seinen Folgen zumindest auch schuldhaft mitverursacht; ein Mitverschulden des Beklagten zu 1. ist zwischen den Parteien unstreitig, die Beklagten sind lediglich der Ansicht, das Mitverschulden des Beklagten zu 1. rechtfertige allein eine Mithaftung der Beklagten nach einer Quote von 1/3.

Die Klägerin muss weder nach § 17 des Straßenverkehrsgesetzes (im Folgenden StVG) noch nach § 9 StVG in Verbindung mit § 254 BGB wegen der von dem in ihrem Eigentum stehenden Fahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr oder wegen eines Mitverschuldens ihres Leasingnehmers eine Kürzung ihres Schadensersatzanspruchs hinnehmen.

Mangels Haltereigenschaft der Klägerin besteht keine Ausgleichspflicht nach § 17 StVG; davon geht das Amtsgericht im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH (etwa NJW 1980 S. 1579/1580; NJW 1983 S. 1492/1493; NJW 1986 S. 1044) zu Recht aus, die Berufung wendet sich hiergegen nicht.

Übersehen hat das Amtsgericht indes, dass sich die Beklagten gegenüber dem Anspruch der Klägerin aus § 823 BGB nicht auf ein Verschulden des Leasingnehmers berufen können.

Insbesondere scheidet eine Anwendung des § 9 StVG aus. Nach dieser Regelung ist, wenn bei der Entstehung des Schadens, für den der Schädiger als Halter nach § 7 StVG oder als Fahrzeugführer nach § 18 StVG zu haften hat, ein Verschulden des Verletzten mitgewirkt hat, § 254 BGB mit der Maßgabe anzuwenden, dass im Falle der Beschädigung einer Sache das Verschulden desjenigen, welcher die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, dem Verschulden des Verletzten gleichsteht. Diese Vorschrift gilt indes nur im Bereich der Haftung nach dem Straßenverkehrsgesetz; der Schädiger darf also allein nach den Vorschriften des Straßenverkehrsgesetzes als Halter oder Fahrzeugführer haften. Die Vorschrift verlangt damit zwar einerseits nicht, dass der Verletzte, falls die beschädigte Sache ein Kraftfahrzeug ist, auch dessen Halter sein müsse, sie gilt andererseits nur dann, wenn sich die Haftung wie der Schadensausgleich allein nach den Bestimmungen des Straßen-/Verkehrsgesetzes regelt. Das hat der Bundesgerichtshof bereits in seinem Urteil vom 30. März 1965 - VI ZR 257/63 -, NJW 1965 S. 1273, im Einzelnen ausgeführt und später immer wieder bestätigt (vgl. etwa NJW 1983 S. 1492 und NJW 1986 S. 1044; siehe auch OLG Hamm, Urteil vom 14. November 1994 - 6 U 101/94 -, NZV 1995 S. 233 = NJW 1995 S. 2233).

Auf die für ihn günstigere Ausgleichsregel des § 9 StVG hat der Beklagte zu 1. - und damit auch die Beklagte zu 2. - beim Hinzutreten einer deliktischen Haftung keinen Anspruch, er ist vielmehr au...

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