Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 30.09.1998; Aktenzeichen 17 C 28/98)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30. September 1998 verkündete Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg – 17 C 28/98 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 I ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig begründet worden. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.

Auf die Frage der Angemessenheit der Betriebskosten, über die die Parteien streiten, kommt es schon deshalb nicht an, weil nach der Rechtsprechung der Kammer bei der Umrechnung einer Nettokaltmiete in eine Bruttokaltmiete ohnehin mit den pauschalen und nicht mit den konkreten Werten zu rechnen ist. Ein Ansatz konkreter Betriebskosten würde Teile des dem Berliner Mietspiegel zugrunde liegenden Datenmaterials unberücksichtigt lassen und damit die ortsübliche Vergleichsmiete entgegen den Vorgaben des Mietspiegels verfälschen (LG Berlin, Urteil vom 14. November 1996 – 62 S 179/96 – GE 1996, 1547). Zwar enthält der veröffentlichte Mietspiegel 1998 nicht die pauschalen Betriebskostenwerte, diese sind jedoch vom …-Institut als Ersteller des Mietspiegels 1998 erhoben und nur bisher nicht veröffentlicht worden. Danach gelten folgende Werte pro Quadratmeter:

bezugsfertig bis 1918

bis 1918

1919–1949

1919–1949

1950–1955

1956–1964

1965–1972

1973–1983

1984–1996

- SH oder

+ SH

- SH oder

+ SH

+ SH

+ SH

+ SH

+ SH

+ SH

- Bad

+ Bad

- Bad

+ Bad

+ Bad

+ Bad

+ Bad

+ Bad

+ Bad

+ WC

+ WC

+ WC

+ WH

+ WH

+WH

+ WH

+ WH

+ WH

1

2

3

4

5

6

7

8

9

2,00 DM

2,10 DM

2,43 DM

2,64 DM

3,05 DM

2,98 DM

3,43 DM

3,41 DM

2,98 DM

Die Angabe von nach der Rechtsprechung der Kammer unzutreffenden Betriebskosten führt nicht zur Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens. Das Erhöhungsverlangen ist schriftlich geltend zu machen und zu begründen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 MHG). Es stellt vorprozessual einen formalisierten Antrag auf Abschluß eines Änderungsvertrages gemäß § 305 BGB dar (vgl. BVerfGE 53, 352/356 = WM 1980, 123; Emmerich/Sonnenschein: Miete, 2. Auflage, Art. 3 WKSchG § 2 MHRG RdNr. 20) und dient dazu, dem Mieter die Nachprüfung zu ermöglichen, ob die verlangte Mieterhöhung gerechtfertigt ist. Er soll an Hand der mitgeteilten Daten überlegen und entscheiden können, ob er dem Erhöhungsverlangen zustimmen will oder nicht (vgl. BVerfGE 37, 132/145 = WM 1974, 169; 49, 244/248 = WM 1979, 6; 53, 352/358 = WM a.a.O.; BGHZ 84, 392/399 (= WM 1982, 324 gleichlautend); BayObLGZ 1982, 173/176 = WM 1982, 154; BayObLG WM 1984, 276/277). Das Gesetz verlangt für die Zulässigkeit der Klage eine Begründung des Mieterhöhungsverlangens anhand des Mietspiegels, nicht aber den Nachweis der Richtigkeit der Angaben. Die Tätigkeit des Gerichts ist in diesem Verfahrensstadium auf die rechtliche Würdigung beschränkt, ob das Mieterhöhungsschreiben die nach dem Gesetz erforderlichen Hinweise enthält. Für die Zulässigkeit einer Mieterhöhungsklage kommt es deshalb nicht darauf an, ob die im Mieterhöhungsschreiben enthaltenen Angaben auch tatsächlich zutreffen und das Mieterhöhungsverlangen rechtfertigen. Dies sind Fragen der Begründetheit des materiell-rechtlichen Erhöhungsanspruchs, deren Klärung nicht im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung erfolgen darf (vgl. BVerfGE 53, 352 (361 f.) = NJW 1980, 1617; BayObLG, Beschluß vom 17. Dezember 1984 – REMiet 9/83 – GE 1985, 1047).

Unter Heranziehung der pauschalen Betriebskosten betrug die dem Mieterhöhungsverlangen zugrunde zu legende Nettokaltmiete 3,18 DM pro Quadratmeter. Auszugehen ist für die Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete vom Mietspiegelfeld G 1 des Mietspiegels 1998. Die Merkmalsgruppen 1 und 2 sind ausgeglichen. Die Merkmalsgruppe 3 ist positiv zu bewerten. Die Wohnung verfügt über Kabelanschluß und Gegensprechanlage. Dem steht nur der vom Kläger eingeräumte nicht nutzbare Balkon als wohnwertmindernd gegenüber. Der Vortrag zur Belichtung der Wohnung ist auf beiden Seiten unsubstantiiert. Der Vortrag der Beklagten hinsichtlich der Renovierungsbedürftigkeit des Treppenhauses ist unsubstantiiert. Es ist bereits nicht vorgetragen, welche Mängel genau wo bestehen sollen. Der angebotene Beweis ist als Ausforschungsbeweis unzulässig. Die Merkmalsgruppe 4 ist wegen der vom Kläger eingeräumten Geruchsbelästigung negativ zu bewerten. Die ortsübliche Vergleichsmiete beläuft sich damit auf 5,15 DM pro Quadratmeter netto kalt, unter Berücksichtigung der pauschalen Betriebskosten von 2,00 DM auf 7,15 DM brutto kalt. Damit ist das Mieterhöhungsverlangen des Klägers begründet.

Demgegenüber können sich die Beklagten nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Zustimmung wegen behaupteter unzutreffender Betriebskosten berufen. Zum einen ist eine unzutreffende Belastung mit Betriebskosten bereits nicht substantiiert dargelegt, zum anderen besteht ein Zurückbehaltungsrecht aus grundsätzlichen Erwägungen nicht. Ein solches Zurückbehaltungsrecht wird...

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