Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmungsstreit zur Mieterhöhung: Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens trotz Vorliegens eines qualifizierten Mietspiegels

 

Leitsatz (amtlich)

Auch bei Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels kann das Gericht ein Sachverständigengutachten zur ortsüblichen Vergleichsmiete einholen; dieses ist dann dem Mietspiegel vorzuziehen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 02. August 2002 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg - 208 C 283/02 - geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, einer weiteren Erhöhung der von ihr für die Wohnung im Hause ... Straße ... B, im ..., ... Obergeschoss ..., geschuldeten Brutto-Kalt-Miete von 930,15 Euro um 63,17 Euro auf 993,32 Euro und damit einer Warmmiete von 1.075,13 Euro ab dem 01. Juni 2002 zuzustimmen.

Die Kosten beider Rechtszüge hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe der beizutreibenden Beträge vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthaft und die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Mindestbeschwer ist erreicht. Die Form- und Fristvorschriften der §§ 517, 519 und 520 ZPO sind erfüllt. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.

II. Die Berufung ist auch begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung um weitere 63,17 Euro/Monat bruttokalt aus § 558 BGB.

Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über die im Tenor genannte Wohnung. Auf Mieterseite wurde der Vertrag unter dem 17. August 1967 vom Ehemann der Beklagten geschlossen. Soweit die Beklagte nicht schon damals von ihrem Ehemann vertreten worden ist, ist sie nach seinem Tode jedenfalls gemäß § 569a BGB a.F. in den Vertrag eingetreten. Der ursprüngliche Vermieter ist inzwischen ebenso verstorben. Seine Erbin verkaufte das Grundstück an die Klägerin, die nach der Eintragung im Grundbuch zum 21. Februar 2002 gemäß § 566 BGB n.F. in den Vertrag eintrat.

Die Klägerin verlangte unter dem 18. März 2002 die Zustimmung zur Erhöhung der Miete für die genannte Wohnung von 827,77 Euro/Monat bruttokalt auf 993,32 Euro/Monat bruttokalt. Die Beklagte erklärte eine teilweise Zustimmung zu einer Erhöhung auf 930,15 Euro/Monat bruttokalt.

Die Klägerin kann auch die weitergehende Zustimmung aus § 558 BGB verlangen. Die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB ist eingehalten. Mieterhöhungen haben ersichtlich in den letzten 15 Monaten nicht stattgefunden. Das Erhöhungsverlangen vom 18. März 2002 entspricht auch den formellen Anforderungen des § 558a BGB. Der neue qualifizierte Mietspiegel 2003 war bei dem Erhöhungsverlangen noch nicht veröffentlicht.

Im vorliegenden Rechtsstreit ist die ortsübliche Vergleichsmiete nicht anhand des Mietspiegels 2003 zu bestimmen. Es ist auch bei Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels für das Gericht nicht ausgeschlossen, ein Sachverständigengutachten zur ortsüblichen Vergleichsmiete einzuholen. Aus § 558d BGB ergibt sich nichts anderes. Soweit dort gemäß § 558d Abs. 3 BGB eine Vermutung für die ortsübliche Vergleichsmiete besteht, ist diese widerleglich. Im vorliegenden Fall ist die ortsübliche Vergleichsmiete anhand des noch von der zunächst zuständigen und inzwischen aufgelösten Zivilkammer 61 beauftragten Sachverständigengutachtens zu ermitteln. Ein im Laufe des Rechtsstreits bereits eingeholtes Gutachten ist dem Mietspiegel vorzuziehen, da es speziell auf das streitgegenständliche Objekt abgestimmt ist. Von ihm ist hier noch mehr als von einer Mietspiegeleinordnung, die zwangsläufig mit einer gewissen Pauschalisierung verbunden ist, die sachgerechteste Einordnung zu erwarten. Durch § 558d BGB wird das Gericht im Übrigen in der freien Beweiswürdigung nicht eingeschränkt.

Die ortsübliche Vergleichsmiete beträgt für die betroffene Wohnung 6,35 Euro/Monat bruttokalt.

Dies ergibt sich aus dem aufgrund des Beweisbeschusses vom 27. Januar 2003 eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. ..., der hierzu schriftliche Erklärungen auf Fragen der Parteien abgegeben und das gesamte Gutachten sodann im Termin zur Berufungsverhandlung mündlich erläutert hat.

Das Gutachten kommt nachvollziehbar, methodisch klar und ohne Widersprüche zu dem Ergebnis, dass ein Mietzins von 6,35 Euro/Monat bruttokalt angemessen ist. In das Gutachten sind ausweislich der Zusammenfassungen die städtischen, räumlichen, baulichen und konkreten Verhältnisse der Wohnung umfassend eingegangen. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15. Juli 2003 und in der mündlichen Verhandlung vom 08. Dezember 2003 konnte der Sachverständige zur Überzeugung des Gerichts verschiedene Bedenken der Beklagten gegen das Gutachten entkräften:

Der Gutachter hat den unstreitig fehlenden Fahrradkeller nicht als den Mietpreis erhöhend angesetzt. Insoweit liegt nur ein Übertragungsfehler vor.

Die Zurechnung des...

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