Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummiete: Zurückbehaltungsrecht an Mietkaution wegen abzurechnender Nebenkosten

 

Leitsatz (amtlich)

Ein möglicher Anspruch des Vermieters auf Nachzahlung noch nicht abgerechneter Nebenkosten begründet grundsätzlich kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Anspruch des Mieters auf Rückzahlung der Mietsicherheit.

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.11.2002; Aktenzeichen I ZR 168/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 11. Februar 1998 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neukölln - 16 C 388/97 - wird zurückgewiesen.

Von den Kosten der Berufungsinstanz haben der Kläger 55 % und der Beklagte 45 % zu tragen.

 

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Dem Kläger steht aus § 557 Abs. 1 BGB ein weiterer Anspruch auf Nutzungsentschädigung für Mai bis August 1996 in Höhe von insgesamt noch 2.069,00 DM nicht zu. Das Amtsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß die Klageforderung in dieser Höhe durch die im Schriftsatz des Beklagten vom 17. Dezember 1997 erklärte Aufrechnung mit dem Anspruch auf Rückzahlung der Kaution einschließlich Zinsen gemäß § 389 BGB erloschen ist.

Dieser Anspruch war nicht bereits durch eine vorherige Aufrechnung durch den Kläger erloschen. In dem Schreiben des Klägers vom 16. September 1996, mit dem er die von ihm geltend gemachten Ansprüche beziffert, ist eine Aufrechnungserklärung nicht enthalten. Denn er fordert den Beklagten zur Zahlung des gesamten geltend gemachten Betrags auf, ohne insoweit Abzüge im Hinblick auf die Kaution zu machen.

Entgegen der Auffassung des Klägers war der Rückzahlungsanspruch des Beklagten auch fällig. Die Rückgabe ist durch Zwangsräumung am 30. Januar 1997 erfolgt. Zwar ist dem Vermieter nach Beendigung des Mietvertrags eine angemessene Frist einzuräumen, innerhalb der er sich zu entscheiden hat, ob und in welcher Weise er die Kaution zur Abdeckung seiner Ansprüche verwenden will (BGH NJW 1987, 2372). Diese Frist war aber jedenfalls im Dezember 1997 abgelaufen. Denn die Parteien haben in § 6.1 des Mietvertrags ausdrücklich vereinbart, daß die Rückzahlung der Kaution sechs Monate nach Rückgabe der gemieteten Räume fällig ist, wenn der Vermieter sie nicht für den Sicherungszweck in Anspruch nimmt. Der Beklagte durfte danach eine entsprechende ausdrückliche Erklärung des Klägers erwarten. Auch in dem oben bereits erwähnten Schreiben vom 16. September 1996, mit dem der Kläger Ansprüche in einer Höhe geltend gemacht und beziffert hat, welche die Kaution um eine Vielfaches übersteigen, macht er insoweit weder ein Zurückbehaltungsrecht geltend noch verrechnet er die Kaution.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, zur weiteren Zurückbehaltung der Kaution wegen der damals noch ausstehenden Betriebskosten-Abrechnungen für 1995 und 1996, die inzwischen unter dem 20. April 1998 bzw. 21. April 1998 erteilt worden sind, berechtigt gewesen zu sein. Denn Betriebskosten-Nachforderungen fallen nicht unter den Sicherungszweck einer im Rahmen eines Wohnraummietverhältnisses vereinbarten Kaution. Zwar hat das OLG Hamburg (NJW-RR 1988, 651) entschieden, daß auch offene Nebenkosten-Abrechnungen zur Zurückbehaltung einer Kaution berechtigen können. Die Entscheidung betrifft aber die Vereinbarung einer Kaution in einem Pachtvertrag für Gewerberäume. Für Wohnraummietverhältnisse besteht jedoch eine zwingende gesetzliche Sonderregelung in § 550 b BGB. In Abs. 1 S. 2 dieser Vorschrift ist dabei ausdrücklich bestimmt, daß bei der Höhe der Kaution abzurechnende Nebenkosten-Vorschüsse nicht zu berücksichtigen sind. Daraus ergibt sich jedenfalls für Wohnraummietverhältnisse, daß ausstehende Nachforderungen für Nebenkosten nicht vom Sicherungszweck der Kaution umfaßt werden. Der Deckung der entstehenden Kosten dienen vielmehr die vereinbarten Vorschüsse, die der Vermieter in Höhe der voraussichtlich entstehenden Kosten verlangen kann (vgl. LG Darmstadt WuM 1987, 273; AG Offenbach WuM 1986, 117; AG Aachen ZMR 1986, 315). Insoweit haben die Parteien auch in § 3.5 des Mietvertrags vereinbart, daß der Kläger für die Nebenkosten monatliche Vorauszahlungen in Höhe eines 1/12 des voraussichtlichen Jahresbedarfs verlangen kann.

Dies korrespondiert letztlich auch mit dem Ziel, daß Ansprüche aus einem beendeten Mietverhältnis zügig abzuwickeln sind. Das entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, der in der kurzen Verjährungsfrist in § 558 BGB zum Ausdruck kommt. Im allgemeinen wird deshalb eine Frist zur Abrechnung über die Kaution von etwa drei bis sechs Monaten nach Rückgabe der Mietsache als angemessen angesehen, innerhalb welcher der Vermieter die ihm noch zustehenden Ansprüche überprüfen muß. Nebenkosten-Abrechnungen sind aber, wenn zwischen den Vertragsparteien nichts anderes vereinbart ist, regelmäßig erst ein Jahr nach Ablauf des Abrechnungszeitraums fällig. Deshalb würde frühestens nach zwölf, im ungünstigsten Fall sogar erst nach 23 Monaten Gewi...

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