Verfahrensgang

AG Berlin-Wedding (Entscheidung vom 05.12.2011; Aktenzeichen 9 C 334/11)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 19.12.2011 gegen die Kostenentscheidung im Anerkenntnisschlussurteil des Amtsgerichts Wedding vom 5.12.2011 - 9 C 334/11- wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis zu 860,- EUR.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist gemäß § 99 Abs.2 ZPO statthaft und nach § 569 ZPO zulässig. Sie ist aber unbegründet.

Das Amtsgericht hat zu Recht die Kosten, die auf den sofort anerkannten Teil der Klageforderung entfallen, der Beklagten auferlegt. Die Voraussetzungen des § 93 ZPO sind nicht erfüllt, denn die Beklagte hat Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Die Ausführungen des Amtsgericht auch im Nichtabhilfebeschluss vom 22.12.2011 sind in jeder Hinsicht zutreffend. Die Kammer schließt sich dem vollumfänglich an.

Ergänzend wird ausgeführt:

Eine Partei gibt Veranlassung zur Klageerhebung, wenn ihr Verhalten vor dem Prozess aus Sicht des Klägers bei vernünftiger Betrachtung hinreichenden Anlass für die Annahme bietet, er werde ohne Inanspruchnahme der Gerichte nicht zu seinem Recht kommen (BGH in ständiger Rechtsprechung, z.B. in dem von der Beklagten selbst zitierten Beschluss vom 30.5.2006 - VI ZB 64/05 m.w.N., den im Übrigen eine gänzlich andere Fallkonstellation zugrunde lag). Es gilt weiter der Grundsatz, dass ein Schuldner, der sich in Zahlungsverzug befindet, in aller Regel Veranlassung zur Klageerhebung gibt (vgl. Zöller/ Herget, ZPO, 29.Aufl., § 93 Rn.6, Stichwort "Verzug"). Die Beklagte befand sich mit den (geminderten) Mieten für August und September 2011 unstreitig gemäß § 286 Abs.2 Nr.1 BGB in Verzug, ohne dass es einer Mahnung der Klägerin bedurfte. Die Mietzahlungsansprüche der Klägerin über anteilige 1.273,05 EUR waren materiell-rechtlich auch nicht durch eine Aufrechnungserklärung der Klägerin oder gar durch die Aufrechnungserklärung der Beklagten im Schreiben vom 11.9.2011 (Anlage B5) nach § 389 BGB erloschen. Die Klageforderung ging vielmehr erst nach Klagezustellung durch Zahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages von 1.273,05 EUR gemäß § 362 BGB unter. Die Beklagte war zu keinem Zeitpunkt berechtigt, mit einem (etwaigen) Kautionsrückzahlungsanspruch aufzurechnen, weil dieser während des noch laufenden Mietverhältnisses noch gar nicht fällig geworden war. Dass die Klägerin eine Aufrechnung vorgenommen habe, kann nicht festgestellt werden. Insoweit ist der Zahlungsverzug eindeutig, zumal das Schreiben der Beklagten vom 11.9.2011 der Klägerin erst zugegangen sein konnte, nachdem ihre Prozessbevollmächtigten bereits die anspruchsbegründenden Schriftsätze beim Gericht eingereicht hatten.

Die Klägerin hatte bei Klageeinreichung am 12.8.2011 und bei Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 12.9.2011 hinreichenden Anlass anzunehmen, dass die Beklagte nur durch eine Zahlungsklage zur Leistung der beiden rückständigen Mieten bewegt werden konnte, denn sie hatte die Mietzahlungen nicht etwa versehentlich nicht vorgenommen, sondern sie wollte die Mieten nicht zahlen, weil sie sich eine Rechtsposition anmaßte, die sie tatsächlich nicht innehatte. Der Beklagten stand es nicht zu, in ihrem Schreiben vom 16.7.2011 (Anlage B4) der Klägerin zu gestatten, die Mietkaution zu verwenden ("Hinsichtlich der Kaution dürfen Sie ..."). Die Beklagte hatte insoweit nichts zu gestatten. Es ist eine verbreitete Unsitte, dass der Mieter von Gewerberaum den Sicherungscharakter der Mietkaution versucht auszuhebeln, indem er in dem bereits gekündigten Mietverhältnis die letzten Mieten nicht bezahlt, um somit faktisch selbst über die Kaution zu verfügen.

Ein Vermieter muss über dieses Fehlverhalten nicht diskutieren oder in einen Briefwechsel eintreten, sondern darf, weil der Mieter nicht zahlen will, sogleich klagen. Eine Obliegenheit des Vermieters, dem Mieter juristische Belehrungen zu erteilen oder etwa den Versuch unternehmen zu müssen, ihn freundlich umzustimmen, damit er doch seine selbstverständlichen Pflichten erfüllen möge, mit deren Erfüllung er bereits in Verzug geraten war, besteht unter keinem Gesichtspunkt.

Die Klägerin hatte auch keinen Anlass anzunehmen, dass die Beklagte auf eine rechtlich überflüssige Mahnung positiv reagieren würde, denn die Beklagte trägt selbst vor (allerdings gänzlich unsubstanziiert), dass die Parteien angeblich eine mündliche Vereinbarung getroffen hätten, dass die Kaution für die Mieten habe herhalten sollen. Das bedeutet, dass sie vorprozessual der Überzeugung war, nicht zahlen zu müssen und dazu rechtlich nicht verpflichtet zu sein. Es spricht nichts dafür, dass sich die Beklagte durch eine einfache Mahnung der Klägerin eines Besseren besonnen hätte und die rückständige Miete für August 2011 mit den inzwischen angefallenen Verzugszinsen und die Septembermiete 2011 pünktlich entrichtet hätte. Die Klägerin bestreitet eine dahingehende Verrechnungsveinbarung und musste sich vorgerichtlich auch nicht in eine Diskussio...

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