Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts S. vom 03. Januar 2001 – 6 C 306/00 – aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich denen des Berufungsverfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Auch in der Sache hat sie in vollem Umfang Erfolg.

Abweichend von der Auffassung des Amtsgerichts, auf dessen Darstellung des Sach- und Streitstandes in dem angefochtenen Urteil zur Vermeidung von Wiederholungen gem. § 543 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, besteht kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten auf Räumung der von diesen angemieteten Wohnung im zweiten Obergeschoss des Hauses in S..

I.

Die von der Klägerin ausgesprochene fristlose Kündigung vom 22.11.1999 wegen Störung des Hausfriedens gem. § 554 a BGB ist unbegründet und führt nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses.

Nach dem Ergebnis der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme und dem Vortrag der Klägerin kann den Beklagten eine Störung des Hausfriedens als schuldhafte Pflichtverletzung des zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrages nicht vorgeworfen werden.

Die Klägerin stützt ihre Kündigung auf die Verursachung von Lärm im Treppenflur beim Verlassen der Wohnung oder Rückkehr in dieselbe verursacht durch die Kinder der Beklagten, lautes Herumspringen und Herumtrampeln des Sohnes Lars in der Wohnung, zu lautes Heraufziehen und Herunterlassen der Rollläden, zu laute schleifende Geräusche verursacht durch den Staubsauger sowie ständiges Pendeln zwischen den beiden Wohnungen im zweiten Obergeschoss unter jeweiligem Auslösen des Treppenlichtschalters mit erhöhtem Strombedarf zu Lasten der Allgemeinheit.

Diese von der Klägerin aufgeführten behaupteten Lärmbelästigungen können nicht als so gravierend angesehen werden, dass sie eine fristlose Kündigung wegen Störung des Hausfriedens rechtfertigen würden.

1. Kinderlärm:

Der behauptete Kinderlärm kann bereits nach dem Vortrag der Klägerin nicht als unzumutbare Lärmbelästigung angesehen werden.

Kinder als solche sind keine Störung. Beeinträchtigungen, die damit natürlich verbunden sind, müssen vom Vermieter ebenso hingenommen werden wie von allen Mietern.

Solche Beeinträchtigungen beginnen mit üblichem Babygeschrei, ersten Kinderunarten, gehen in unbeabsichtigte Störungen aller Art (z.B. Schlagen mit Gegenständen) über und enden bei bewußten kleineren Störungen, d.h. Gepolter, Gestampfe, Gespringe und Gehopse sind hinzunehmen.

Das alles ist sowohl vom Vermieter als auch von der Gemeinschaft der Mieter zu tolerieren, soweit es nicht die Grenzen des, in dem jeweiligen Lebensalter, üblichen überschreitet, d.h. wenn die durch die Kinder verursachten Störungen sich bei vernünftiger Betrachtungsweise als Folge typischen, altersbedingten und sozialadäquaten Verhaltens darstellen (Kossmann, Handbuch der Wohnraummiete, 5. Aufl., S. 223).

Hier ist von den Nachbarn bzw. Mitbewohnern erhöhte Toleranz gegenüber Lärm als Begleiterscheinung kindlichen und jugendlichen Freizeitverhaltens zu fordern. Auch wenn der durch Kinder verursachte Lärm als besonders störend empfunden wird, ist er als Lebensäußerung unvermeidbar und der Wohngemeinschaft regelmäßig zumutbar (BGH, MDR 93, 541 ff., NJW 93, 1656 ff.). Diese geforderte erhöhte Toleranz gegenüber Kinderlärm findet dort ihre Grenze, wo der Lärm nicht mehr sozialadäquat ist, wo den Eltern eine schuldhafte Pflichtverletzung bzw. eine Aufsichtspflichtverletzung vorzuwerfen ist. Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden.

Die Zeugen P. monieren in ihren zahlreichen Beschwerdebriefen lautes Auftrampeln bzw. Herumrennen des Kindes L., insbesondere vor dem Schlafengehen, spielen mittels Laufgestell, sowie Verursachung von Lärm im Treppenflur durch Geschrei, Blubbern und Weinen. Bei all diesen aufgezählten Verhaltensweisen handelt es sich um den üblichen und normalen Ausdruck eines natürlichen Bewegungs-, Spiel- und Mitteilungsdranges von Kleinkindern, im Alter der betreffenden Kinder der Beklagten. Wenn Eltern einem solchen Bewegungs-, Spiel- und Mitteilungsdrang nicht Einhalt gebieten, kann ihnen dies nicht als schuldhaftes Verhalten zur Last gelegt werden.

Die Aufzählung der Zeugen P. enthält ganz überwiegend die Beschreibung von Geräuschentwicklungen, die zwar für die anderen Mietparteien belästigend wirken können, die jedoch als Ausdruck kleinkindlichen Verhaltens hinzunehmen sind. Den Beklagten kann hier demzufolge eine Verletzung ihrer Einwirkungspflicht nicht angelastet werden.

Beispielhaft sei hier allein der von dem Zeugen P. in seinem Schreiben vom 28.04.1999 aufgeführte Vorfall vom 21.04.1999, 12.22 Uhr – 12.31 Uhr, erwähnt, wonach im Treppenflur eine lautstarke Diskussion zwischen der Beklagten zu 1) und dem 4jährigen Sohn L. stattfand, weil dieser seine Schuhe nicht anziehen wollte. Hierbei handelt es sich um einen Vorfall, der nicht auf eine fehlerhafte Einwirkung der Eltern oder etwa auf mangelnder Erziehung ber...

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