Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzgläubiger muss nach dem Eröffnungsantrag erhaltene Zahlungen des Insolvenzschuldners an den Insolvenzverwalter zurückzahlen. Verpflichtung des Insolvenzgläubigers zur Rückzahlung von nach dem Eröffnungsantrag erhaltenen Zahlungen des Insolvenzschuldners an den Insolvenzverwalter. Voraussetzungen für das Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung

 

Normenkette

InsO §§ 129-130

 

Verfahrensgang

BGH (Urteil vom 01.02.2007; Aktenzeichen IX ZR 96/04)

 

Tenor

Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 40.205,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2007 zu zahlen.

Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin, die Firma F, gegen die Beklagte einen Umsatzsteuerrückzahlungsanspruch auf Grund einer Insolvenzanfechtung geltend.

Mit Beschluss vom 11.10.2007 des AG Arnsberg (Az. 21 IN 265/07) wurde der Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt, nachdem diese am 02.10.2007 (Eingang bei Gericht) einen Insolvenzantrag gestellt hatte. Verfügungen der Schuldnerin sollten hiernach nur noch mit Zustimmung des Klägers wirksam sein.

Mit Schreiben vom 15.10.2007 setzte der Kläger das Finanzamt O über den Insolvenzantrag und seine Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter in Kenntnis. Vor dem Hintergrund, dass die Schuldnerin in der Vergangenheit Lastschriftzahlungen im Einzugsermächtigungsverfahren an das Finanzamt geleistet hatte, genehmigte der Kläger in dem gleichen Schreiben vom 15.10.2007 die Belastungsbuchungen, kündigte aber an, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Insolvenzanfechtung gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO erklären zu wollen und die Zahlung zurückzufordern.

Tatsächlich war zuvor das Konto der Schuldnerin bei der Sparkasse O aufgrund einer erteilten Einzugsermächtigung mit Beträgen i.H.v. insgesamt 55.351,41 EUR zugunsten des beklagten Landes belastet worden. Für dieses Geschäftskonto nahm die Sparkasse O jeweils quartalsweise einen Abschluss vor. Im Einzelnen handelte es sich um Lastschriften vom 13.07., 14.08., und 13.09.2007 mit Rechnungsabschluss zum 30.09.2007. Gemäß den AGB der Bank bestand die Möglichkeit, gegen die Lastschriften binnen sechs Wochen ab dem monatlichen Kontoabschluss Widerspruch einzulegen.

Mit Beschluss vom 01.12.2007 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 25.01.2008 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten die Anfechtung der Leistung des Gesamtbetrages i.H.v. 55.351,41 EUR und forderte die Beklagte zur Rückzahlung auf. In der Folge zahlte die Beklagte 15.146,17 EUR an den Kläger. Die Differenz – auf Grundlage der Kontobelastungen vom 13.07.2007 über 10.714,95 EUR, vom 14.08.2007 über 15.257,56 EUR und vom 13.09.2007 über 14.232,73 EUR – i.H.v. insgesamt 40.205,24 EUR macht der Kläger nunmehr klageweise geltend.

Die vorgenannten Zahlungen, die sich sämtlich auf Umsatzsteuerschulden bezogen, erbrachte die Schuldnerin vor dem Hintergrund einer sog. umsatzsteuerlichen Organschaft gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG zwischen ihr als sog. Organgesellschaft und der Einzelfirma F als sog. Organträgerin.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Schuldnerin die Steuerschuld nach Fälligkeit zahlte.

Der Kläger behauptet, er habe allenfalls einen geringen Teil der Zahlungen aus einer bloß geduldeten Kontoüberziehung geleistet; im Übrigen seien die Zahlungen aus einem – jedenfalls konkludent – eingeräumten Dispositionskredit erfolgt.

Der Kläger meint, er könne die Lastschriftbuchungen auf Grundlage des § 132 InsO oder gemäß § 130 InsO anfechten; hilfsweise beruft er sich auf einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Die Streitfrage, ob die Zahlungen an das beklagte Land unter Ausnutzung eines Dispositionskredites und nicht aufgrund einer von der Bank geduldeten Kontoüberziehung erfolgte, sei zwischenzeitlich durch ein Urteil des BGH (vom 06.10.2009 – IX ZR 191/05) zu seinen Gunsten entschieden worden. Schließlich handele es sich bei dem beklagten Land auch um einen Insolvenzgläubiger der Schuldnerin im Sinne der Insolvenzordnung.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 40.205,24 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, es liege schon keine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung vor.

Darüber hinaus ist die Beklagte der Ansicht, in der hier vorliegenden Konstellation einer umsatzsteuerlichen Organschaft sei das Finanzamt nicht Insolvenzgläubiger i.S.d. InsO und beruft sich dabei auf ein aktuelles Urteil des BFH (vom 23.09.2009 – VII R 43/08) und macht sich die dortigen Ausführungen zu Eige...

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