Verfahrensgang

AG Aachen (Beschluss vom 14.02.2007; Aktenzeichen 73 AR 743/06)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Gesellschaft wird der Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 14.02.2007 aufgehoben. Das Registergericht wird angewiesen, den Antrag auf Eintragung in das Handelsregister nicht aus den im angefochtenen Beschluss dargelegten Gründen zurückzuweisen.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin ist unter der im Beschlussrubrum ersichtlichen Firma in England gegründet, hat dort ihren Sitz und ist im Handelsregister für England und Wales (Companies House) eingetragen.

Die Antragstellerin trägt auf Eintragung einer Zweigniederlassung unter der Firma XXX an. Diesen Antrag hat das Amtsgericht durch den angefochtenen Beschluss vom 14.02.2007 zurückgewiesen. Die gewählte Firmierung habe nicht die erforderliche Unterscheidungskraft. Der Firmenname bedürfe zur Individualisierung eines weiteren Zusatzes.

Gegen diese Entscheidung, die dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 24.02.2007 zugestellt worden ist, wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, die am 06.03.2007 beim Amtsgericht eingegangen ist. Sie macht geltend, die Versagung der Eintragung mit der Begründung, der Name der Gesellschaft sei eine nach deutschem Recht unzulässige Branchenbezeichnung, verstoße gegen europäisches Recht/Zudem seien etwaige Versagungsgründe nach englischem, nicht nach deutschem Recht zu prüfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 19 FGG statthaft und zulässig.

Sie hat auch in der Sache selbst Erfolg. Die begehrte Eintragung der Zweigniederlassung kann nicht aus den angeführten Gründen abgelehnt werden.

Der Ansicht des Registergerichts, der Antrag auf Eintragung sei zurückzuweisen, weil die gewählte Firmierung nicht die erforderliche Unterscheidungskraft habe, kann nicht gefolgt werden.

1.

Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Registergericht allerdings angenommen, dass die gewählte Firmierung nicht die nach § 18 Abs. l HGB erforderliche Unterscheidungskraft hat. Nach dieser Bestimmung muss die Firma Unterscheidungskraft besitzen. Der vorliegend gewählte allgemein gehaltene Firmenbestandteil „Auskunft” ist eine nach deutschem Recht unzulässige bloße Gattungs- bzw. Branchenbezeichnung, der keine Unterscheidungskraft zukommt (vgl. Baumbach/Hopt, HOB, 32. Aufl., § 18 Rn.6; OLG Frankfurt, NZG 2006, 515, 516).

2.

Die Eintragung kann dennoch nicht versagt werden, weil es sich um die inländische Zweigniederlassung einer englischen Limited handelt.

Allerdings ist auch insoweit der Ausgangspunkt des Registergerichts zu teilen, dass sich die Zulässigkeit der Firma einer inländischen Zweigniederlassung einer englischen private limited Company vom Grundsatz her nach deutschem und nicht nach britischem Recht richtet (streitig offengelassen in OLG Frankfurt, NZG 2006, 515; dort auch mit weiteren Hinweisen zum Streitstand). Insoweit ist zwischen der Firma der Gesellschaft im Ausland und der Firma der Zweigniederlassung im Inland zu unterscheiden. Die Firma der Gesellschaft im Ausland unterliegt ausländischem Recht. Dagegen beurteilt sich die Firma der Zweigniederlassung, mithin die Firma, die im Inland im Rechtsverkehr geführt wird, vom Grundsatz her nach deutschem Recht, so dass für sie die inländischen Vorschriften der Firmenbildung und damit auch § 18 HGB zu beachten sind (Klose-Mokroß, DStR 2005, 971, 973; Römermann, GmbHR 2006,263). Insofern ist deutsches Registerrecht als deutsches öffentliches Recht auch für ausländische Unternehmen mit Niederlassung in Deutschland anzuwenden (LG Limburg, GmbHR 2006, 261). Ob die nach ausländischem Recht wirksam gebildete Firma auch für die inländische Zweigniederlassung verwendet werden kann, entscheidet vom Grundsatz her deutsches Recht, weil der Gebrauchsort der Firma der Zweigniederlassung hier und gerade nicht im Ausland liegt (Koller/Roth/Morck, HGB, 3. Aufl., § 13 d Rn. 7; LG Limburg, a.a.O.).

Stets ist jedoch zu prüfen, ob die Anwendung des damit grundsätzlich anzuwendenden deutschen Firmenrechts zu einem mit Art. 43 EGV nicht zu vereinbarenden Ergebnis führt. Eine solche Unvereinbarkeit liegt hier vor. Die neuere Rechtsprechung des EuGH (vgl. „Centros” EuGH NJW 1999, 2027; „Überseering” EuGH NJW 2002,3614 und vor allem „Inspire Art Ltd.” EuGH v. 3.9.2003, C-167/01, NZG 2003,1064 -NJW 2003, 3331 = GmbHR 2003, 1260) hat der Niederlassungsfreiheit ein erhebliches Gewicht beigemessen. Im Zuge der europarechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit und Freizügigkeit können Schranken durch das deutsche Firmenbildungsrecht nur noch in sehr engen Grenzen hingenommen werden. Eine ausländische Gesellschaft aus der EU kann ihre nach dem ausländischen Recht zulässige Firma grundsätzlich auch dann im Inland führen, wenn die Firma hier anders gebildet werden müsste (Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl., § 17 Rn. 49; § 18 Rn. 36). Dabei kann, da eine Änderung einer Firma häufig mit gravierenden Nachteilen für die ausländische Gesellschaft verbunden ist, nicht von einer (zulässigen) bloßen Niederlassungsmodalitä...

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