1. AGB-Charakter und Einbeziehung

 

Rz. 728

Zum AGB-Charakter einer Kündigungsklausel kann verwiesen werden.[1448] Um nicht an der Einbeziehungshürde des § 305c Abs. 1 BGB zu scheitern, sollten Kündigungsgründe nicht unter der Überschrift "Schadensersatz" aufgeführt werden und umgekehrt.[1449] Zu beachten sind weiter § 305c Abs. 2 BGB und das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Daher sollte die Kündigungsbefugnis eindeutig geregelt werden. Mangels Bestimmtheit ist die Kündigungsbefugnis "bei ungünstigen Auskünften" unwirksam.[1450]

[1448] OLG Zweibrücken, Urt. v. 6.7.2009 – 7 U 180/08.
[1449] Bühler, § 5 I 2 d Rn 1.145 m.w.N.
[1450] BGH, Urt. v. 29.2.1984 – VIII ZR 350/82, NJW 1985, 53 (Automatenauf­stellvertrag).

2. Grundlagen der Inhaltskontrolle

a) § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB

 

Rz. 729

Da Darlehens- und Getränkelieferungsverträge ein Dauerschuldverhältnis begründen, ist § 314 BGB als Vergleichsmaßstab heranzuziehen. Jede Abweichung stellt nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB einen Verstoß gegen das gesetzliche Leitbild des § 314 BGB dar.[1451]

[1451] OLG Oldenburg, Urt. v. 14.11.2012 – 5 U 56/11; LG Heidelberg, Urt. v. 20.2.2007 – 2 O. 294/06, NJW-RR 2007, 1551.

aa) Verschulden

 

Rz. 730

Formularmäßig ist es auch durch § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht geboten, dass der Getränkelieferant die für die außerordentliche Kündigung erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen unter Beachtung der Tatbestandselemente der §§ 281, 323 BGB formuliert.[1452]

[1452] OLG München, Urt. v. 27.2.2008 – 7 U 4932/07, NJW-RR 2009, 57.

bb) Nachfristsetzung mit Ablehnungsandrohung oder Abmahnung

 

Rz. 731

Bei Verletzung vertraglicher Pflichten darf formularmäßig gem. §§ 307 Abs. 2 Nr. 1, 314 Abs. 2 S. 1 BGB nicht auf das Erfordernis einer vorherigen erfolglosen Abmahnung oder den Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist verzichtet werden.[1453] Hintergrund hierfür ist, dass dem Schuldner in der Regel eine zweite Chance zur Beseitigung der Pflichtverletzung gewährt werden soll. So auch § 323 Abs. 1 BGB für den Fall des Rücktritts und § 281 BGB für den Fall des Schadensersatzes statt der Leistung.

[1453] OLG Oldenburg, Urt. v. 14.11.2012 – 5 U 56/11.

b) § 307 Abs. 1 S. 1 BGB

aa) Kündigungsgrund

 

Rz. 732

Behält der Getränkelieferant sich vor, den Vertrag mit dem Gastwirt unter bestimmten Voraussetzungen zu kündigen, belastet dies den Gastwirt jedenfalls nicht über Gebühr. Die Kündigungsgründe heben überwiegend auf eine wesentliche Änderung der Verhältnisse ab, die die Belange des Getränkelieferanten nicht unerheblich berühren, und sind deshalb durchweg sachgerecht.

bb) Einseitige Berechtigung

 

Rz. 733

Darin, dass in einem Gaststättenpachtvertrag den Verpächtern, nicht aber den Pächtern, zum Teil über die gesetzlichen Gründe hinausgehende Auflösungsgründe zugebilligt wurden, lag kein Verstoß gegen § 138 Abs. 1 BGB.[1454]

[1454] OLG Hamm, Urt. v. 8.6.1998 – 31 U 4/98, BeckRS 1998, 16250, rkr. durch Nichtannahmebeschl. d. BGH v. 15.9.1999 – VIII ZR 333/98.

cc) Wesentlicher bzw. schwerwiegender Verstoß

 

Rz. 734

Sowohl gem. § 138 Abs. 1 BGB als auch nach § 307 BGB berechtigen nur wesentliche oder schwerwiegende Vertragsverstöße zur fristlosen Kündigung.[1455] Diese Einschränkung der Kündigungsbefugnis muss sich aus der Kündigungsregelung selbst ergeben.[1456] Einmalige Verstöße dürfen daher nicht sanktioniert werden.[1457]

[1455] BGH, Urt. v. 7.10.1970 – VIII ZR 202/68, NJW 1970, 2243; BGH, Urt. v. 14.6.1972 – VIII ZR 14/71, NJW 1972, 1459; BGH, Urt. v. 23.11.1983 – VIII ZR 333/82, ZIP 1984, 335; BGH, Urt. v. 8.4.1992 – VIII ZR 94/91, NJW 1992, 2145; OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.10.2004 – VI-U (Kart) 41/03, BeckRS 2005, 06685; OLG Oldenburg, Urt. v. 14.11.2012 – 5 U 56/11; LG Berlin, Urt. v. 31.1.1990 – 99 O. 206/89, NJW-RR 1990, 820.
[1456] RG, Urt. v. 23.9.1935 – VI 146/35, JW 1935, 3217 Nr. 1; RG, Urt. v. 30.10.1936 – VII 65/36, RGZ 152, 251; BGH, Urt. v. 17.10.1973 – VIII ZR 91/72, BeckRS 1973, 31125612; BGH, Urt. v. 27.2.1985 – VIII ZR 85/84, NJW 1985, 2693.
[1457] OLG Oldenburg, Urt. v. 14.11.2012 – 5 U 56/11.

dd) Vertretenmüssen

 

Rz. 735

Im Hinblick auf die noch zu erörternde Frage, welche Auswirkungen die Kündigung der Leistungen, insbesondere des Darlehens, auf die Getränkebezugsverpflichtung hat, scheint es angezeigt, die Befugnis zur außerordentlichen Kündigung des Getränkelieferungsvertrages durch den Getränkelieferanten unter die Voraussetzung zu stellen, dass der Kunde die Kündigung zu vertreten hat. Damit wird auch dem von der Rechtsprechung aufgestellten Erfordernis eines wesentlichen bzw. schwerwiegenden Verstoßes gegen die vertragliche Verpflichtung Rechnung getragen.

3. Fremdbezug

 

Rz. 736

Klauseln, die eine sofortige Fälligstellung des Restdarlehens bei schuldhaftem Fremdbezug anordnen, dürften jedenfalls dann unbedenklich sein, wenn sie einer Auslegung im Sinne einer Beschränkung auf Vertragsverletzungen von einigem Gewicht, die die Durchführung des Vertrages gefährden, zugänglich sind.[1458]

Zur Wirksamkeit einer Kündigungsklausel für den Fall des Fremdbezugs kann verwiesen werden.[1459]

[1458] Zu dieser Auslegungsmöglichkeit BGH NJW 1985, 320, betreffend Ziff. 15 der im Möbelhandel verwendeten AGB.
[1459] OLG München, Urt. v. 30.9.1994 – 21 U 1742/94, BB 1995, 329.

4. Minderbezug

 

Rz. 737

Vereinbart werden kann das Recht, das Darlehen anteilig zu kündigen (Leistungsanpassung), wenn die festgel...

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