Leitsatz

Leitung der Eigentümerversammlung durch einen Rechtsanwalt auftrags der Verwaltung: Jedenfalls keine nichtigen bzw. Nichtbeschlüsse!

 

Normenkette

§ 24 Abs. 5 WEG

 

Kommentar

  1. Lässt sich der Verwalter bei der Leitung einer Eigentümerversammlung von einem Rechtsanwalt vertreten, so sind die in der Versammlung gefassten Beschlüsse keine nichtigen bzw. Nichtbeschlüsse. Ob wegen einer solchen Vertretung Beschlüsse durch Anfechtung für ungültig erklärt werden können, bleibt offen; eine Ungültigerklärung ist jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn feststeht, dass sich eine solche Versammlungsleitung durch den Vertreter des Verwalters auf Beschlussergebnisse nicht ausgewirkt haben kann.
  2. Vorliegend wurde nicht gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit einer Eigentümerversammlung verstoßen, da es dieser Grundsatz nicht ausschließt, dass sich ein zur Teilnahme Befugter (hier: der Verwalter) vertreten lässt. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Vereinbarungsregelung insbesondere zur Beschränkung von Vertretungsmöglichkeiten nicht existiert. Im Hinblick auf § 24 Abs. 5 WEG erscheint es allerdings nicht unbedenklich, wenn die Verwaltung die Versammlungsleitung einem Rechtsanwalt überträgt. Ob und ggf. inwieweit eine solche Vertretung zulässig ist, bedarf vorliegend allerdings keiner abschließenden Entscheidung. Selbst wenn eine solche Vertretung unzulässig wäre und auch nicht stillschweigend durch die Versammlungsteilnehmer genehmigt worden sein sollte, führt dies jedenfalls im vorliegenden Fall nicht dazu, dass gefasste Beschlüsse Nichtbeschlüsse sind (der gegenteiligen Auffassung von Lüke im Kommentar Weitnauer, 9. Aufl., § 24 Rn. 15 vermag der Senat nicht zu folgen).

    Ein Verwalter kann sich nicht nur bei seiner Anwesenheit einer Hilfsperson bedienen, sondern kann die Versammlungsleitung auch auf einen Dritten übertragen, jedenfalls dann, wenn dieser in seinen Geschäftsbetrieb eingegliedert ist. Auch für Personengesellschaften und juristische Personen als Verwalter ist anerkannt, dass die Versammlungsleitung nicht nur von dem vertretungsberechtigten Gesellschafter bzw. Vorstand oder Geschäftsführer wahrgenommen werden muss, sondern auch einem Prokuristen übertragen werden kann. Dies zeigt, dass die Versammlungsleitung durch den Verwalter kein so fundamentaler Grundsatz des Wohnungseigentumsrechts ist, dass bei einem Verstoß hiergegen von Nichtbeschlüssen ausgegangen werden müsste. Unterstrichen wird dies auch dadurch, dass eine Eigentümerversammlung jederzeit einen anderen Versammlungsleiter wählen kann (vgl. § 24 Abs. 5, letzter Halbs. WEG). Vom Zustandekommen von Eigentümerbeschlüssen ist deshalb jedenfalls dann auszugehen, wenn der Versammlungsleiter seine Befugnis zur Versammlungsleitung vom Verwalter ableiten kann.

  3. Bei etwaiger Annahme eines Verstoßes gegen § 24 Abs. 5 WEG würde es sich deshalb nur um einen formellen Mangel handeln, der ausschließlich über Beschlussanfechtungen zu einer Beschlussungültigkeit führen könnte, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Beschlussergebnis auf einem solchen Mangel beruht. Vorliegend war jedoch auszuschließen, dass bei einer Versammlungsführung durch die Verwaltung andere Beschlussergebnisse zustande gekommen wären.
 

Link zur Entscheidung

OLG München, Beschluss vom 07.06.2005, 32 Wx 032/05OLG München v. 7.6.2005, 32 Wx 032/05, NZM 15/2005, 588 = ZMR 9/2005, 728

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