Immer wieder problematisch ist der Ersatz von Mietwagenkosten. Auch die Rechtsprechung dazu ist nahezu unerschöpflich. Sie beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Erforderlichkeit von in Rechnung gestellten Mietwagenkosten durch Autovermieter mit sog. Unfallersatztarifen. In der Praxis führt dies regelmäßig zu Problemen bei der Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten, die den Unfallersatztarif zu Grunde legen. Die Haftpflichtversicherungen sind hier regelmäßig unter Hinweis auf das für den Geschädigten geltende Wirtschaftlichkeitsgebot (Grundsatz der Erforderlichkeit) nur bereit, den entsprechenden Normaltarif ohne die unfallbedingten Erhöhungen des Mietpreises zu bezahlen.

Unfallersatztarife werden von Autovermietern bei der Vermietung von Fahrzeugen an einen Geschädigten in einem (unverschuldeten) Haftpflichtschadensfall gern in Ansatz gebracht. Der Unfallersatztarif ist in der Regel höher als der reguläre Preis für die Anmietung eines Fahrzeugs, bedingt z. B. durch Vorfinanzierung des Mietwagenunternehmens, Bring- und Abholservice, Verzicht auf Sicherheiten. Nach der Rechtsprechung ist der Autovermieter verpflichtet, den Geschädigten darüber aufzuklären, dass eine Differenz des erhöhten Unfallersatztarifs zum Normaltarif besteht, und dass gegebenenfalls der Geschädigte auf dieser Differenz sitzen bleibt (BGH, Urteil v. 28.6.2006, XII ZR 50/04; BGH, Urteil v. 10.1.2007, XII ZR 72/04; BGH, Urteil v. 7.2.2007, XII ZR 125/04). Der BGH hat klargestellt, dass seitens des Geschädigten zur konkreten betriebswirtschaftlichen Kalkulation der Mietwagenpreise des Autovermieters und zu den Risiken im Unfallersatzgeschäft, die zu höheren Unfallersatztarifen im Verhältnis zu Normaltarifen führen, nicht detailliert vorgetragen werden muss. Es müsse lediglich dargelegt werden, ob der erhöhte Tarif spezielle spezifische Leistungen beinhaltet, die eine Erhöhung dieses Tarifes im Verhältnis zum Normaltarif rechtfertigen (BGH, Urteil v. 23.1.2007, VI ZR 243/05).

Der BGH hat mit Urteil v. 24.10.2007 (XII ZR 155/05) entschieden, dass der Vermieter bei der Vermietung eines Ersatzfahrzeugs den Mieter als Geschädigten nicht darüber aufzuklären hat, ob ihm ein Anspruch auf Ersatz des Unfallersatztarifs zusteht, sondern nur darüber, dass die Durchsetzbarkeit dieser Kosten mit Schwierigkeiten verbunden ist. Die Aufklärungspflicht entfällt nicht dadurch, dass der Geschädigte ausreichend Zeit hat, sich über die Erstattungsfähigkeit von Mietwagenkosten zu erkundigen, da die Tarifspaltung und die damit drohenden Nachteile dem Mieter in der Regel nicht bekannt sind. Bei dem Begriff Unfallersatztarif geht der Mieter in der Regel von einer für ihn günstigen Regelung aus. Verletze der Vermieter seine Aufklärungspflicht, kommt hier ein Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen den Autovermieter in Betracht, wenn der Geschädigte seine Kosten nicht vollumfänglich von der gegnerischen Haftpflichtversicherung erstattet erhält.

Einen Lösungsansatz bietet auch die Entscheidung des OLG Saarbrücken v. 17.7.2007 (4 U 714/03): das Gericht vertritt hier das sog. Aufschlag-Modell. Danach können die zu erstattenden unfallbedingten Mehrleistungen bei der Inanspruchnahme eines Unfallersatztarifs durch einen pauschalen Aufschlag von 25 % auf den gewichteten mittleren Normaltarif (gemäß damaligem Schwacke Spiegel 2003) ausgeglichen werden.

Prüfungsreihenfolge

Aus der umfangreichen Rechtsprechung des BGH ergibt sich demnach folgende Prüfungsreihenfolge:

  • Ist der gegenüber dem Normaltarif erhöhte Unfallersatztarif betriebswirtschaftlich und objektiv erforderlich, ist er von der gegnerischen Haftpflichtversicherung auch vollumfänglich zu erstatten. Dabei hat der Geschädigte diese objektive Erforderlichkeit darzulegen und zu beweisen (st. Rspr., BGH, Urteil v. 19.4.2005, VI ZR 37/03).
  • Fehlt es an der objektiven Erforderlichkeit des höheren Tarifs, stellt sich die Frage, ob der Geschädigte auf dem zeitlich und örtlich relevanten Markt zu günstigeren Tarifen eines Mietwagenunternehmens Zugang hat. Ist dies nicht der Fall, sind die erhöhten Unfallersatztarife von der Haftpflichtversicherung zu erstatten. Dabei sind nur zumutbare Anstrengungen des Geschädigten zu berücksichtigen (st. Rspr., BGH, Urteil v. 15.2.2005, VI ZR 74/04). Der Geschädigte verstößt allerdings gegen seine Schadenminderungspflicht, wenn ihm der Normaltarif verfügbar (Erkundigungspflicht) und im Einzelfall (wegen des geringeren Leistungsumfangs im Vergleich zum Unfallersatztarif) zumutbar ist (neuere st. Rspr., BGH, Urteil v. 6.3.2007, VI ZR 36/06; Urteil v. 24.6.2008, VI ZR 234/07).

Nach der neueren Rechtsprechung des BGH lässt dieser die Frage der objektiven Erforderlichkeit offen, wenn entweder dem Geschädigten der Normaltarif zugänglich oder zumutbar war (Verstoß gegen Schadensminderungspflicht, dann keine Erstattung der erhöhten Mietwagenkosten) oder dem Geschädigten der Normaltarif im konkreten Fall nicht zugänglich war (dann Erstattung der erhöhten Mietwagenkosten), vgl. dazu BGH in st. Recht...

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