Im Verkehrsrecht sind Regressmöglichkeiten denkbar, wenn ein Gesamtschuldner von einem anderen Gesamtschuldner im Innenverhältnis in Anspruch genommen wird. Im Versicherungsvertrag kann sich eine solche Regressmöglichkeit des Versicherers gegen seinen Versicherungsnehmer oder den Fahrer ergeben, wenn dieser Obliegenheiten im Rahmen des Versicherungsvertrages verletzt hat. In diesem Falle muss zwar im Außenverhältnis aufgrund der Vorschriften des PflichtVG und des VVG der Haftpflichtversicherer für Schäden des Versicherungsnehmers Dritten gegenüber einstehen, kann jedoch dann im Innenverhältnis vom Versicherungsnehmer aufgrund des Forderungsübergangs seine geleisteten Zahlungen ganz oder teilweise zurückfordern.

Nach den von den einzelnen Versicherern erstellten AKB treffen den Versicherungsnehmer vor und nach Eintritt des Versicherungsfalles verschiedene Obliegenheiten, die bei einer Verletzung durch den Versicherungsnehmer zu einer vollständigen oder teilweisen Leistungsfreiheit des Versicherers führen können:

Eine Obliegenheitsverletzung vor Eintritt des Versicherungsfalles (Abschnitt D der AKB 2023) liegt z. B. dann vor, wenn der Fahrer des Fahrzeugs nicht die vorgeschriebene Fahrerlaubnis hat (D.1.1.3 AKB 2023), es sich um eine unerlaubte Rennfahrt handelt (D.1.1.4 AKB 2023) oder der Fahrer infolge Genusses alkoholische Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen (D.1.2 AKB 2023).

Nach Eintritt des Versicherungsfalles (Abschnitt E der AKB 2023) ist der Versicherungsnehmer z. B. verpflichtet, den Schaden innerhalb einer Woche schriftlich beim Versicherer anzuzeigen (E.1.1.1 AKB 2023) oder sich nicht eines nach § 142 StGB unerlaubten Entfernens vom Unfallort strafbar zu machen (E.1.1.3 AKB 2023).

Bei einem Verstoß des Versicherungsnehmers kann dies in beiden Fällen eine (beschränkten) Leistungsfreiheit oder Leistungskürzung des Versicherers zur Folge haben oder im strafrechtlichen Bereich sogar zu einer unbeschränkten Leistungsfreiheit des Versicherers führen: Bei vorsätzlicher Pflichtverletzung vor oder nach Eintritt des Versicherungsfalles besteht kein Versicherungsschutz (D.2.1 und E.2.1 AKB 2023), bei grob fahrlässiger Verletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen (D.2.1 und E.2.1 AKB 2023). Dabei muss der Versicherungsnehmer nachweisen, dass keine grobe Fahrlässigkeit vorliegt, um den Versicherungsschutz zu erhalten (D.2.1 und E.2.1 AKB 2023). Es wird demnach von der Rechtsprechung eine Bewertung im Einzelfall vorgenommen, welche konkrete Art des Verschuldens einem bestimmten Kürzungsbetrag entspricht.

Ferner muss bei Pflichtverletzungen vor und nach Eintritt des Versicherungsfalls der Versicherungsnehmer nachweisen, dass die Pflichtverletzung weder für den Eintritt des Versicherungsfalls noch für den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich war, erst dann ist der Versicherer trotz Pflichtenverstoßes zur Leistung verpflichtet (D.2.2 und E.2.2 AKB 2023). Je nach Art und Schwere der Pflichtverletzung ist die Leistungskürzung des Versicherers aber beschränkt auf 2.500 EUR bzw. 5.000 EUR (D.2.3, E.2.2 und E.2.3 AKB 2023). Bei Diebstahl oder Versicherungsbetrug besteht vollständige Leistungsfreiheit (D.2.4 und E.2.5 AKB 2023).

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