REVISION / RECHTSBESCHWERDE / REVISIONSBESCHWERDE / ZUGELASSEN JA

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitskamp. Blockade. Schadensersatz. Unterlassungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

Ruft eine Gewerkschaft einen Streik aus, so ist sie verpflichtet, für einen ordnungsgemäßen Ablauf des Arbeitskampfes zu sorgen. Die Herausgabe von Richtlinien reicht nicht aus. Vielmehr ist durch Streikposten und Gewerkschaftssekretäre dafür zu sorgen, daß der Arbeitskampf sich nur in den zulässigen Grenzen abspielt.

Betriebsblockaden im Zusammenhang mit einem Streik stellen einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.

 

Normenkette

BGB §§ 823, 1004

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Urteil vom 17.07.1985; Aktenzeichen 4 Ca 3074/84)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 08.11.1988; Aktenzeichen 1 AZR 417/86)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 17. Juli 1985 – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen – angeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes von 500.000,– DM zu unterlassen, das Passieren von Mitarbeitern der Klägerin, von Lieferanten, Auslieferern und/oder sonstigen für die Klägerin tätigen Personen sowie Kunden und/oder Besuchern in die und aus dem Betriebsstätten der Klägerin in 2070 Ahrensburg, … (Tiefdruckerei) und 2070 Ahrensburg, … 11 (Offsetdruckerei) durch körperliche und/oder psychische Gewalt, insbesondere indem

  • sich Streikposten oder Streikende direkt vor an-/oder abfahrende Fahrzeuge stellen, setzen oder legen,
  • Streikposten und Streikende die Zu- und Abfahrtswege, insbesondere die Gehwege im Eingangs-/Ausgangs- und/oder Zufahrts-/Abfahrtsbereich durch Bilden von Menschenketten und/oder Menschentrauben versperren,
  • Streikposten und Streikende die vorgenannten Personen schlagen oder treten,
  • Streikposten und Streikende die vorgenannten Personen anfassen, festhalten, stoßen oder anrempeln,
  • Streikposten und Streikende die vorgenannten Personen beim Betreten oder Verlassen der Betriebsstätten beschimpfen,

zu unterbinden, zu kontrollieren oder zu behindern und/oder unterbinden, kontrollieren oder behindern zu lassen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.671,37 DM nebst 4% Zinsen seit dem 07. Januar 1985 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begeht von der Beklagten in erster Linie Unterlassung bestimmter Handlungen im Zusammenhang mit einem Streik und Schadensersatz.

Anläßlich des Arbeitskampfes in der Druckindustrie im Jahr 1984 wurden in der Zeit von Mai bis Juli 1984 auch die Betriebsstätten der Klägerin in E. -K., H., D. und A. von den Mitgliedern der Beklagten bestreikt. In diesem Zusammenhang wurde am Donnerstag, dem 28.06.1984 der Haupteingang der Tiefdruckerei … in A. von Streikenden blockiert, wobei strittig ist, ob die Beklagte dies veranlaßt hat. Am Freitag, den 29.06.1984 kam es in der Zeit von 19.45 Uhr bis 23.00 Uhr erneut zu Blockadeaktionen vor der Offsetdruckerei und der Tiefdruckerei in A. Die Klägerin beantragte deshalb am 02. Juli 1984 unter anderem gegen die jetzige Beklagte den Erlaß einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht Lübeck (4 Ga 13/84). Nachdem gegen die einstweilige Verfügung vom selben Tag Widerspruch eingelegt worden war, wurde im Termin vom 12. September 1984 der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Der Arbeitskampf war nämlich bereits im Juli 1984 beendet worden. Im Zusammenhang mit dem Abschluß neuer Tarifverträge wurde auch eine Maßregelungsvereinbarung mit Datum vom 07. Juli 1984 geschlossen, die zu Ziff. 4 und 5 wie folgt lautet:

„4. Schadensersatzansprüche wegen der Beteiligung an dem Tarifkonflikt entfallen.

5. Die Tarifvertragsparteien verpflichten sich, wegen Tarifkonflikts keine Rechtsstreitigkeiten gegeneinander zu führen. Sie verpflichten sich, auf ihre Mitglieder einzuwirken, Strafanträge, Strafanzeigen, Privatklagen usw. nicht zu erheben bzw. unverzüglich zurückzunehmen.”

Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Vereinbarung wird auf die zur Akte gereichte Ablichtung (Bl. 204 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat vorgetragen, am Donnerstag, den 28.06.1984 hätten 150–250 Streikende in den frühen Abendstunden den Haupteingang der Tiefdruckerei der Klägerin am … in A. blockiert, so daß die freie Zu- und Abfahrt vom Betriebsgelände zeitweise gar nicht oder nur eingeschränkt möglich gewesen sei. Auch am darauffolgenden Tag sei es in der Zeit von ca. 19.45 Uhr bis 23.00 Uhr zu massiven Blockadeaktionen in bzw. vor beiden Betriebsstätten in A. gekommen. Auch die Betriebsstätten in E., H. und B. seien durch ähnliche Aktionen blockiert worden. Vor der Offsetdruckerei … in A. seien gegen 20.00 Uhr alle drei Fahrspuren der Ein- und Ausfahrt blockiert gewesen. Mehrere Fahrzeuge seien bei der Ein- und Ausfahrt behindert worden. Streikposten hätten sich direkt vor Fahrzeuge gestellt oder die Fahrspur blockiert. Manche Fa...

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