Revision 19. Januar 2006 9 AZR 52/06

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung von Urlaubsgeld. Streikteilnahme

 

Leitsatz (redaktionell)

Das zusätzliche tarifliche Urlaubsgeld nach § 10 Manteltarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen stellt allein auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses ab und hat den Zweck, nicht nur tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung zu vergüten, sondern dem Arbeitnehmer anlässlich seines Erholungsurlaubs eine weitere Sozialleistung zur Verfügung zu stellen. Das Urlaubsgeld darf wegen einer Streikteilnahme nicht – auch nicht anteilig – gekürzt werden.

 

Normenkette

Redakteure an Tageszeitungen §§ 4, 10

 

Verfahrensgang

ArbG Flensburg (Urteil vom 08.04.2005; Aktenzeichen 1 Ca 1741/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 8. April 2005 – 1 Ca 1741/04 – abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 205,14 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 2. Dezember 2004 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits (beide Rechtszüge).

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung eines von der Beklagten für Streiktage gekürzten tariflichen Urlaubsgeldes.

Der Kläger ist als Redakteur bei der Beklagten tätig. Beide Parteien sind tarifgebunden. Der Kläger nahm am 12. Dezember 2003, 12. Januar 2004, 29. Januar 2004, 30. Januar 2004, 2. Februar 2004, 3. Februar 2004, 5. Februar 2004, 16. Februar 2004, 19. Februar 2004 und 20. Februar 2004 an einem rechtmäßigen Streik teil.

Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen vom 25. April 2004 (im Folgenden: MTV) Anwendung, der rückwirkend zum 1. Januar 2003 in Kraft trat.

In § 4 dieses Tarifvertrages heißt es zur Jahresleistung:

„Die Redakteure/Redakteurinnen haben Anspruch auf eine spätestens am 31. Dezember eines jeden Jahres fällige tarifliche Jahresleistung unter folgenden Voraussetzungen:

  1. Die Redakteure/Redakteurinnen erhalten eine tarifliche Jahresleistung in Höhe von 95% des jeweiligen zum Fälligkeitszeitpunkt gültigen tariflichen Monatsgehaltes. Für Ressortleiter/Ressortleiterinnen von selbstständigen Zeitungen mit verkauften Auflagen über 30.000 Exemplare sowie Chefs/ Chefinnen vom Dienst, stellvertretende Chefredakteure/Chefredakteurinnen und Chefredakteure/Chefredakteurinnen gilt § 2 Ziffer VI des Gehaltstarifvertrags für Redakteure/Redakteurinnen an Tageszeitungen vom 1. August 1997 entsprechend.
  2. Anspruch auf die volle Jahresleistung hat derjenige/diejenige Redakteur/Redakteurin, dessen/deren Anstellungsverhältnis für das ganze laufende Fälligkeitsjahr bestand. Im Falle des Eintritts und/oder Ausscheidens im Laufe des Fälligkeitsjahres erhält der Redakteur/die Redakteurin für jeden vollen Kalendermonat des Bestehens des Anstellungsverhältnisses ein Zwölftel der Jahresleistung. Angefangene Monate werden als volle Monate gewertet, wenn die Betriebszugehörigkeit 15 Kalendertage übersteigt. Absatz 2 Satz 3 gilt nicht bei Kündigung durch den Verlag aus wichtigem Grund. In den Fällen des Ausscheidens wird die Auszahlung der Jahresleistung fällig mit dem Tage der Beendigung des Anstellungsverhältnisses.
  3. Für Zeiten unbezahlter Arbeitsbefreiung wird die Jahresleistung entsprechend gekürzt.
  4. Die tarifliche Jahresleistung bleibt bei der Berechnung aller tariflichen und gesetzlichen Durchschnittsentgelte und in sonstigen Fällen, in denen Anspruche irgendwelcher Art von der Höhe des Arbeitsentgeltes abhängig sind, außer Ansatz.
  5. Teilzeitbeschäftigte erhalten eine anteilige Jahresleistung nach dem Verhältnis der mit ihnen vereinbarten Arbeitszeit zur tariflichen Arbeitszeit (§ 7 Ziff. 1 Satz 1).
  6. Während des Fälligkeitsjahres aufgrund vom Arbeitgeber festgelegter oder vereinbarter Regelung bereits gezahlter oder noch zu zahlende Sondervergütungen, wie z. B. Jahresabschlussvergütungen, Gratifikationen, Jahresprämien, Ergebnisbeteiligungen, Weihnachtsgeld und ähnliches können auf diese tarifliche Jahresleistung angerechnet werden. Das bedeutet, dass jedoch mindestens der aufgrund dieser tariflichen Vereinbarung für das jeweilige Jahr vorgesehene Betrag gezahlt werden muss. Durch diese tarifvertragliche Regelung über Jahresleistungen entstehen bis zu deren Höhe keine Doppelansprüche. Andererseits werden von dieser tariflichen Regelung Jahresleistungen aufgrund betrieblicher oder einzelvertraglicher Vereinbarung nicht berührt, soweit sie in ihrer Höhe die tariflichen Jahresleistungen übersteigen.”

In § 10 dieses Tarifvertrages vereinbarten die Tarifvertragsparteien zum Urlaubsgeld Folgendes:

    1. „Redakteure/Redakteurinnen erhalten ein Urlaubsgeld. Es beträgt für das volle Urlaubsjahr 80 Prozent eines Monatsgehalts (§ 3), unabhängig von der Dauer des Jahresurlaubs.
    2. Wer im Laufe des Kalenderjahres eintritt oder ausscheidet, erhält für jeden Monat Verlagszugehörigkeit im Kalenderjahr ein Zwölftel des Urlaubsgelde...

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