Entscheidungsstichwort (Thema)

Bekanntgabe der Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zur außerordentlichen Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Arbeitgeber kann eine außerordentliche Kündigung schon dann aussprechen, wenn ihm die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle vor Ablauf von 10 Tagen nach Eingang des Antrags bei der Hauptfürsorgestelle mündlich bekannt gegeben worden ist. Einer förmlichen Zustellung der Entscheidung der Hauptfürsorgestelle bedarf es nicht, auch wenn es sich um eine Widerspruchsentscheidung handelt.

 

Normenkette

SchwbG § 18

 

Verfahrensgang

ArbG Flensburg (Urteil vom 23.01.1984; Aktenzeichen 1 Ca 4/84)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 23.1.1984 geändert:

Der Kläger wird mit der Klage abgewiesen und verurteilt, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 19.12.1983 nicht aufgelöst worden sei.

Der Kläger ist 44 Jahre alt und verheiratet. Bei der Beklagten ist er seit dem 16. Oktober 1984 als Kraftfahrer eingesetzt. Der Kläger ist aufgrund einer Erwerbsminderung von 40 % den Schwerbehinderten gleichgestellt worden. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes (MTB II) und die diesen ändernden und ergänzenden Tarifverträge Anwendung. Der Kläger erhält Lohn der Lohngruppe IV des Lohngruppenverzeichnisses zum MTB II.

Die Beklagte hat in der Vergangenheit dem Kläger wiederholt Vorhaltungen wegen Unpünktlichkeit gemacht. Die Berechtigung dieser Vorhaltungen ist zwischen den Parteien streitig. In der Zeit vom 26.4.1982 bis 14.8.1983 blieb der Kläger dem Dienst fern. Streitig ist, ob der Kläger fortlaufend arbeitsunfähig war. Für einen Teil dieses Zeitraumes liegen der Beklagten bisher keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor. Der Kläger war daher mit Schreiben vom 30.6.1983 aufgefordert worden, sich zu diesen Zeiten zu äußern. Er erklärte daraufhin, er sei fortlaufend arbeitsunfähig gewesen. Schließlich erhob die Beklagte vor dem Arbeitsgericht Kiel (2c Ca 1627/83) Klage gegen den Kläger auf Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen. Im Termin vom 29. September 1983 verglichen sich die Parteien wie folgt:

„Der Beklagte verpflichtet sich, binnen einer Frist von einem Monat sein Fernbleiben von der Arbeit in den in der Klagschrift der Klägerin vom 13. September 1983 aufgeführten Zeiträumen ordnungsgemäß nachzuweisen.

Der vorliegende Rechtsstreit ist somit erledigt.”

Die Nachweise wurden seitens des Klägers bis zum 31.10.1983 nicht erbracht. Die Beklagte beantragte daher die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung. Im Anschluß an eine Verhandlung vom 14.11.1983 wies die Hauptfürsorgestelle den Antrag mündlich zurück. Hiergegen erhob die Beklagte Widerspruch. In einer Verhandlung vom 16.12.1983 wurde beschlossen, daß die Entscheidung aufgehoben und dem Antrag stattgegeben werde. Dies wurde dem Vertreter der Beklagten am 16.12.1983 telefonisch mitgeteilt. Ein formloses Schreiben vom 20.12.1983, in dem das Ergebnis mitgeteilt wurde, ging der Beklagten am 21.12.1983 zu. Bereits am 19.12.1983 war seitens der Beklagten dem Kläger das Kündigungsschreiben vom selben Tag (Bl. 7 u. 8 d. A.) ausgehändigt worden. Der Personal rat hatte mit Schreiben vom 4.11.1983 Bedenken erhoben (Bl. 9 d. A.). Daraufhin wurde der Personalrat mit Datum vom 7.12.1983 erneut beteiligt (Bl. 10 d. A.) und nahm hierzu am 14.12.1983 Stellung (Bl. 10 u. 11. d. A.).

Der Kläger hält die ausgesprochene Kündigung nicht für gerechtfertigt.

Er hat beantragt,

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 19.12.1983 nicht aufgelöst worden sei.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Kündigung sei aufgrund zahlreicher Pflichtwidrigkeiten des Klägers unerläßlich gewesen. Ausgelöst sei die Kündigung durch die Tatsache, daß der Kläger bisher für einen Teil seiner Fehlzeiten keine Entschuldigungen beigebracht habe. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB habe nach Verstreichen der gemäß Vergleich vom 29. September 1983 vereinbarten Monatsfrist zu laufen begonnen. Daher habe sie rechtzeitig bei der Hauptfürsorgestelle die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung beantragt. Durch die mündliche Bekanntgabe sei ihr, der Beklagten, die Zustimmung mitgeteilt worden. Sie habe daher die Kündigung nach Erhalt dieser mündlichen Zustimmung aussprechen dürfen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage durch Urteil vom 23.1.1984 stattgegeben und hat in den Entscheidungsgründen ausgeführt: Die Kündigung sei gem. § 12 ArbGG rechtsunwirksam. Die Beklagte habe die Kündigung ausgesprochen, bevor die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle vorgelegen habe. Die Entscheidung der Hauptfürsorgestelle sei der Beklagten zu dieser Zeit nicht zugestellt worden, und die Kenntnisnahme der Beklagten auf andere Weise reiche zur Wirksamkeit der Kündigung nicht aus. Das fol...

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