Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsrat und Sachmittel und Informations- und Kommunikationstechniken und Intranet und Erforderlichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Sofern im Betrieb des Arbeitgebers ein innerbetriebliches elektronisches Informations- und Kommunikationssystem (Intranet) besteht, hat auch der Betriebsrat im Rahmen seiner gegenüber den Arbeitnehmern bestehenden Unterrichtungspflichten gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG Anspruch auf Nutzung dieses Systems. Dies gilt jedenfalls dann uneingeschränkt, wenn die betriebsinterne Kommunikation per Intranet gängige Praxis ist, wie z.B. in einem High-tech-Unternehmen der Elektroindustrie.

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Elmshorn (Beschluss vom 04.07.2002; Aktenzeichen 2 BV 25 d/02)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 03.09.2003; Aktenzeichen 7 ABR 12/03)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichtes Elmshorn vom 4. Juli 2002, Aktenzeichen 2 BV 25 d/02, wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller ist der Betriebsrat bei der Firma E…-E… Systems W… Gesellschaft für A… mbH, der Antragsgegnerin (künftig: Arbeitgeberin). Die Beteiligten streiten in dem vorliegenden Beschlussverfahren darüber, ob der Betriebsrat das bei der Arbeitgeberin installierte Intranet nutzen darf und ob die Arbeitgeberin Beiträge des Betriebsrats aus dem Intranet eigenmächtig entfernen darf. In einem vorangegangenen betriebsverfassungsrechtlichen Beschlussverfahren machte der Betriebsrat gegenüber der Arbeitgeberin erfolgreich die Zugangsberechtigung zum Internet geltend (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 30.10.2002, Az. 1 TaBV 16/02); dieser Beschluss ist noch nicht rechtskräftig.

Die Arbeitgeberin beschäftigt in ihrem Betrieb in W… 644 Mitarbeiter. Ca. 500 Arbeitsplätze sind mit PC ausgestattet, die alle an das betriebsinterne Intranet angeschlossen sind. Zwei Mitglieder des 11-köpfigen Betriebsrats sind freigestellt und können jeweils im Betriebsratsbüro über einen PC verfügen.

Im September 1999 schlossen die Beteiligten eine Betriebsvereinbarung „Intranet und Internet” (Bl. 32-34 d.GA., künftig: BV). In der Präambel heißt es, dass durch die Einführung und Nutzung des Intranets die Kommunikation innerhalb des Unternehmens vereinfacht und verbessert werden soll, um die Geschäftsprozesse hinsichtlich einer verbesserten Wettbewerbsfähigkeit zu optimieren. Laut Ziff. 4 BV haben alle Arbeitsplatzrechner Zugang zum Intranet; Mitarbeiter, welche keinen Arbeitsplatzrechner besitzen, erhalten über einen der Abteilung zugeordneten PC die Möglichkeit, auf die E…-Hilfe zuzugreifen.

Seit Anfang 2000 stellte auch der Betriebsrat auf einer eigenen Seite selbstbestimmt Informationen, Mitteilungen und Nachrichten ins Intranet. Die Beiträge des Betriebsrats konnten über die Menue-Punkte „E… Intern”, Unterpunkt „Betriebsrat” abgerufen werden (Bl. 35 d.GA.).

Anlässlich einer Betriebsversammlung vom Februar 2002 verteilte der Betriebsrat Fragebögen an die Mitarbeiter zu dem von der Arbeitgeberin geplanten Pilotprojekt „Vertrauensorientierte Arbeitszeit”. Eine Auswertung der ca. 100 zurückgereichten Bögen gab der Betriebsrat am 19.03.2002 über das Intranet bekannt. Ohne den Betriebsrat zu informieren, ließ die Arbeitgeberin die Auswertung der Mitarbeiterbefragung aus dem Intranet entfernen. Aufgrund des hierdurch zwischen den Beteiligten ausgelösten Streits untersagte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit Schreiben vom 09.04.2002 (Bl. 7 d. GA.) mit sofortiger Wirkung die Möglichkeit der Informationsgebung per Intranet, ohne dies vorher mit der Geschäftsführung abgesprochen zu haben. Die Arbeitgeberin verwies den Betriebsrat zur Bewältigung seiner Informationsaufgabe auf die zur Verfügung gestellten „Schwarzen Bretter”, die Mitarbeiter-Rundschreiben, Betriebsversammlungen und notfalls Sprechstunden.

Der Betriebsrat hat vorgetragen,

dass für ihn die Nutzung des Intranets i. S. d. § 40 Abs. 2 BetrVG erforderlich sei. Alle Mitarbeiter hätten eine Zugangsmöglichkeit zum Intranet. Die Arbeitgeberin nutze das Intranet in erheblichem Maße, um die Mitarbeiter über geplante Neuerungen oder betriebliche Nachrichten zu informieren. Teilweise handele es sich um Maßnahmen, bei denen auch der Betriebsrat zu beteiligen sei. Unter diesen Umständen sei es ein nicht hinzunehmender Nachteil, wenn der Betriebsrat die entsprechende Gegeninformation nur über das „Schwarze Brett” übermitteln könne. Letztlich gehe es der Arbeitgeberin nicht darum, dem Betriebsrat grundsätzlich den Intranetzugang zu entziehen, sondern um eine unzulässige inhaltliche Kontrolle dessen, was der Betriebsrat an Mitteilungen und Informationen über das Intranet verbreite. Durch die eigenmächtige Entfernung der Diskussionsbeiträge zum Thema „Vertrauensarbeit” sei die Arbeitgeberin bereits in rechtswidriger Weise tätig geworden und habe durch das Schreiben vom 09.04.2002 dokumentiert, dass sie auch künftig die Betriebsratsinformationen inhaltlich kontrollieren wolle, sodass Wieder...

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