Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung. Gemeinschuldner. Zuständigkeit. Rückgewähr. arbeitsrechtlich. Streitsache. Konkurs

 

Leitsatz (amtlich)

Für Ansprüche des Konkursverwalters auf Rückgewähr der den Arbeitnehmern des Gemeinschuldners anfechtbar gezahlten Arbeitsvergütungen sind die ordentlichen Gerichte zuständig, nicht dagegen die Gerichte für Arbeitssachen.

 

Normenkette

ArbGG § 48 Abs. 1; GVG § 17a Abs. 4; KO §§ 36-37

 

Verfahrensgang

ArbG Elmshorn (Beschluss vom 04.05.1995; Aktenzeichen 3e Ca 674/95)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 4. Mai 1995 – 3e Ca 674/95 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger, Konkursverwalter über das Vermögen der ehemaligen Arbeitgeberin des Beklagten, macht diesem gegenüber Ansprüche wegen der Anfechtung einer von der Gemeinschuldnerin an den Beklagten erfolgten Zahlung gem. §§ 29 ff. KO geltend. Für die Entscheidung des Rechtsstreits hat der Kläger den Rechtsstreit zu den Arbeitsgerichten für gegeben erachtet.

Er hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger auf dessen Hinterlegungskonto bei der Volksbank P., Bankleitzahl, Konto-Nr., DM 20.000,– nebst 4 % Zinsen jährlich seit dem 7. April 1995 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ebenfalls für gegeben erachtet, da es um die Rückforderung eines dem Beklagten aus dem Arbeitsverhältnis zustehenden Geldbetrages gehe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den angefochtenen Beschluß des Arbeitsgerichts Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluß vom 4. Mai 1995 den Rechtsweg zum Arbeitsgericht für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Itzehoe verwiesen. Es hat seine Entscheidung darauf gegründet, daß keine Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte gem. § 2 Abs. 1 Ziff. 3 ArbGG vorliege, weil der behauptete Anfechtungsanspruch seine Rechtsgrundlage in der anfechtbaren Handlung und nicht im Arbeitsverhältnis habe. Gegen den ihm am 8. Mai 1995 zugestellten Beschluß richtet sich die am 17. Mai 1995 bei dem Arbeitsgericht Elmshorn eingelegte sofortige Beschwerde des Beklagten. Der Beklagte meint, daß entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts das Arbeitsgericht zuständig sei. Er verweise hierzu auf die Rechtsprechung des BAG.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist statthaft, §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 S. 3 GVG. Die Beschwerde ist auch im übrigen zulässig. Sie ist innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 577 ZPO eingelegt und begründet worden. In der Sache mußte jedoch der Beschwerde der Erfolg versagt bleiben. Für Ansprüche des Konkursverwalters auf Rückgewähr der den Arbeitnehmern des Gemeinschuldners anfechtbar gezahlten Arbeitsvergütungen sind die ordentlichen Gerichte zuständig, nicht dagegen die Gerichte für Arbeitssachen.

Ob der seiner Rechtsnatur nach privatrechtlich (§ 37 KO) gestützte Rückgewähranspruch gegen einen Arbeitnehmer im Konkurs des früheren Arbeitgebers eine arbeitsrechtliche Streitsache darstellt, ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 u. Nr. 4 ArbGG zu bewerten. Hierbei ist von Bedeutung, daß der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch seine Grundlage nicht im Arbeitsverhältnis hat, sondern in der anfechtbaren Rechtshandlung. Diese ist aber keine mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehende unerlaubte Handlung, auch handelt es sich nicht um die Nachwirkung aus dem Arbeitsverhältnis noch um überhaupt einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis. Durch die Erfüllung eines Anfechtungstatbestandes im Sinne der §§ 30 ff. KO wird vielmehr ein gesetzliches Schuldverhältnis bürgerlich-rechtlicher Art begründet, aufgrunddessen der Empfänger der anfechtbaren Leistung verpflichtet wird, die empfangene Leistung zur Konkursmasse zurückzugeben. Dieser Rückgabeanspruch folgt direkt aus dem Gesetz und nicht aus dem Arbeitsvertrag, der die Grundlage für die anfechtbare Leistung dargestellt hat (Jaeger, Konkursordnung, 7. Aufl., § 29 Anm. 18). Träger des Anfechtungsrechts ist der Gemeinschuldner ausschließlich in seiner Eigenschaft als Massesubjekt, für den gem. § 36 KO der Konkursverwalter als „gesetzlicher Vertreter” oder – im Rechtsstreit – als „Partei kraft Amtes” das Anfechtungsrecht ausübt, nicht aber in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber. Das folgt nicht nur aus der Zweckbestimmung des Anspruchs, den übrigen Konkursgläubigern die gleichmäßige Befriedigung aus der Masse zu sichern, sondern auch aus dem Umstand, daß das Anfechtungsrecht und der Rückgewähranspruch nur bestehen, solange das Konkursverfahren andauert und der Anspruch mit Beendigung des Konkurses erlischt (Böhle-Stamschräder, a.a.O., § 37 Anm. 4 b). Würde es sich um einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis handeln, der dem Gemeinschuldner in seiner Funktion als Arbeitgeber zusteht, so könnte der Gemeinschuldner diesen Anspruch nach Beendigung des Konkursverfahrens wieder selbst geltend machen. Das ist aber durch § 36 KO ausgeschlossen (Arbeitsgericht Rheine in AP Nr. 2 zu...

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