Entscheidungsstichwort (Thema)

Umdeutung in ordentliche Kündigung „von Amts wegen”. Umdeutung einer außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung von Amts wegen. § 140 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

1.) Im Ksch-Prozess ist die Umdeutung einer unwirksamen außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung von Amts wegen zu beachten, wenn die maßgeblichen Tatsachen hierfür vorgetragen sind. Es kommt nicht darauf an, dass der Kündigende selbst die Umdeutung geltend macht.

2.) Eine unwirksame außerordentliche Kündigung während der Probezeit, die die Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung erfüllt, ist regelmäßig in eine ordentliche Kündigung umzudeuten. Das gilt auch bei Säumnis des Arbeitgebers.

 

Normenkette

BGB § 140

 

Verfahrensgang

ArbG Halle (Saale) (Entscheidung vom 01.04.1999; Aktenzeichen 3 Ca 5149/98)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des ArbG Halle von 01.04.1999 3 Ca 149/98 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger war bei dem Beklagten seit dem 12.10.1998 als Maurermeister beschäftigt. Im Vertrag vom gleichen Tage (Bl. 6 d.A.) vereinbarten die Parteien u. a. die Geltung des Bundesrahmentarifvertrages Bau (BRTV Bau). Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29.10.1998, dem Kläger zugegangen am 14.11.1998 wegen des Verlustes sämtlicher Aufträge der Fa. … „fristlos” (Bl. 7 d.A.).

Mit seiner am 27.11.1998 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger u. a. gegen die Kündigung gewendet und Zahlung begehrt. Im Gütetermin vom 02.03.1999 hat er gegen den säumigen Beklagten Erlass eines Versäumnisurteils beantragt und hierzu die Auffassung vertreten, dass eine Umdeutung der fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung ausscheide, da sie einer ausdrücklichen Erklärung des Beklagten bedürfe. Den Verlust sämtlicher Aufträge hat der Kläger bestritten.

Das Arbeitsgericht hat insoweit auf Bedenken hingewiesen und im anberaumten Verkündungstermin vom 01.04.1999 durch Teil-Versäumnisurteil dem Zahlungsantrag entsprochen sowie festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 29.10.1998 „mit Ablauf des 21.11.1998 endete”. Durch Schlussurteil vom gleichen Tag hat es die Klage im übrigen abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die fristlose Kündigung gemäß § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umzudeuten sei. Die ordentliche Kündigung habe das noch keine 6 Monate währende Arbeitsverhältnis mangels Geltung des Kündigungsschutzgesetzes in der Frist des § 12 Abs. 1 BRTV Bau nach Ablauf von 6 Werktagen beendet.

Gegen das am 01.04.1999 zugestellte Schlussurteil hat der Kläger am Montag, den 03.05.1999 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet. Der Kläger meint, eine Umdeutung der fristlosen in eine fristgerechte Kündigung gemäß § 140 BGB könne nach ständiger Rechtssprechung des BAG nicht von Amts wegen sondern nur dann erfolgen, wenn das „Vorbringen des Arbeitgebers im Prozess” ergebe, dass er die Kündigung im Falle ihrer Unwirksamkeit als außerordentliche zumindest als ordentliche zum nächstmöglichen Termin hätte aussprechen wollen. Wegen des weiteren Berufungsvorbringens des Klägers wird auf seine Schriftsätze vom 03.05.1999 und 11.01.2000 verwiesen. Der Kläger beantragt zuletzt noch,

festzustellen, dass die Kündigung des Beklagten vom 29.10.1998, dem Kläger zugegangen am 14.11.1998, rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu den bisherigen Bedingungen unverändert fortbesteht.

Weiterhin bittet er um Erlass eines Versäumnisurteils gegen den auch in zweiter Instanz säumigen Beklagten.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Sie war durch sogenanntes unechtes Versäumnisurteil zurückzuweisen. Dieses ergeht auch in der Berufungsinstanz gemäß § 64 Abs. 7 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG „bei Säumnis einer Partei” durch den Vorsitzenden allein (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG 3. Aufl. § 55 Rdnr. 16 f. und § 64 Rdnr. 91).

1.

Dem Begehren des Klägers steht nicht schon das rechtskräftige Teil-Versäumnisurteil vom 01.04.1999 entgegen, wonach das Arbeitsverhältnis der Parteien „mit Ablauf des 21.11.1998 endete”. Der Urteilstenor bedarf der Auslegung. Das Teil-Versäumnisurteil wollte dem Klagebegehren mit der Feststellung stattgeben, dass die Kündigung vom 29.10.1998 das Arbeitsverhältnis jedenfalls nicht vor Ablauf des 21.11.1998 beendet hat. Die Frage, ob die Kündigung es zu diesem oder einem späteren Zeitpunkt beendet hat, sollte gerade dem Schlussurteil vorbehalten bleiben. Denn nur dieses sogenannte unechte Versäumnisurteil konnte das Klagebegehren (teilweise) abweisen, während das (echte) Teil-Versäumnisurteil der Klage nur (teilweise) stattgeben konnte und wollte. Dem entsprechen Entscheidungsart (Teil-Versäumnisurteil gemäß Antrag des Klägers) und Rechtsmittelbelehrung (Einspruch nur für die Beklagte). Die „überschießende” Tenorierung des Teil-Versäumnisurteils hat daher nicht rechtskräftig festgest...

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