Entscheidungsstichwort (Thema)

Selbständigkeit eines Versicherungsberaters. Einfirmenvertreter. Einarbeitungsphase. Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vereinbarung im Vertrag eines Versicherungsvermittlers (hier Bausparkasse), nicht für andere Unternehmen tätig zu werden und auch sonst keiner weiteren Beschäftigung nachzugehen, schließt selbständige Tätigkeit nicht aus.

Auch gewisse zeitliche Einschränkungen der Tätigkeit durch Schulungen in der Einarbeitungsphase begründen für sich allein kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.

 

Normenkette

HGB § 84 Abs. 1, § 92a; BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Entscheidung vom 08.10.1997; Aktenzeichen 4 Ca 1099/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.12.1999; Aktenzeichen 5 AZR 770/98)

 

Tenor

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Gegenstand des Rechtsstreites ist primär die zwischen den Parteien streitige Frage, wie das zwischen ihnen vereinbarte Rechtsverhältnis zu qualifizieren ist. Die Beklagte schloß mit dem Kläger unter dem Datum 25., 26.9.1996 mit Wirkung vom 01.10.1996 einen Vertrag über eine „freie Handelsvertretung” als Verkaufsberater. Der Vertrag ist überschrieben mit „Vertretervertrag für hauptberufliche Vertreter”. Wegen der Einzelheiten des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrages wird auf die in den Gerichtsakten verbliebene Abschrift (Bl. 9–12) verwiesen. Im wesentlichen ist über die Rechtsstellung in § 1 gesagt, daß der Vertreter freier Handelsvertreter im Sinne des § 84 Abs. 1 HGB sei. Über seine Arbeitszeit und die Art der Durchführung seiner Tätigkeit könne er frei bestimmen. Im § 2 hat der Kläger als Verpflichtung übernommen, Bausparverträge für die Beklagte zu vermitteln sowie Interessenten und Bausparer aus seinem Arbeitsgebiet und seinem Vertragsbestand in allen Bausparfragen zu beraten und zu betreuen. Darüber hinaus sollte er verpflichtet sein, alle sonstigen allgemeinen bundesweit angebotenen und vertriebenen Dienstleistungen bzw. Produkte zu vermitteln. In § 7 Abs. 1 des Vertrages ist wörtlich vereinbart:

„Die Übernahme weiterer Vertretungen für andere Unternehmen oder die Ausübungen anderer Tätigkeiten ist nicht zulässig.”

Unter dem 18.09.1996 unterschrieb der Kläger eine Erklärung, daß er ab 01.04.1996 ausschließlich für die Unternehmensgruppe … tätig sei und keine andere Tätigkeit, weder freiberuflich noch angestellt, ausübe.

Die Beklagte übersandte dem Kläger mit Schreiben vom 25.09.1996 den Vertretervertrag, die Versorgungsordnung und die Vertreterakte mit Provisionsbestimmungen. Sie erklärte, die Arbeits- und Beratungsunterlagen würden im Rahmen der Grundausbildung ausgehändigt. In diesem Schreiben vom 25.09.1996 wurde dem Kläger unter der Voraussetzung, daß das Vertragsverhältnis am 01.10.1996 beginne, ein monatliches Fixum bis 31.03.1997 in Höhe von 4.200,– DM, in der Zeit vom 01.04.1997 bis 30.06.1997 ein monatliches Fixum von 1.400,– DM, in der gleichen Zeit ein monatlicher Aufbauzuschuß in Höhe von 2.800,– DM und in der Zeit vom 01.07.1997 bis 30.09.1997 ein monatliches Fixum von 2.800,– DM und ein Aufbauzuschuß in Höhe von 1.400,– zugesagt. In diesem Schreiben ist weiter ausgeführt, daß alle Provisionen und Vergütungen, die während der Fixumzeit anfallen, darauf angerechnet werden. Ziffer 8 heißt wörtlich:

„Wir setzen Ihr Einverständnis dafür voraus, daß Sie – um eine rasche und wirkungsvolle Einarbeitung in Ihre neue Aufgabe zu gewährleisten – an allen Seminaren teilnehmen und Ihre Tätigkeit während dieses Zeitraums nicht durch Urlaub unterbrechen”.

Für Seminare in … -eigenen Schulungsräumen sagte die Beklagte während der Ausbildungszeit Fahrt- und Übernachtungskosten zu. Der Kläger erklärte unter dem 26.09.1996 sein Einverständnis zu den vertraglichen Regelungen im Vertretervertrag sowie in den außervertraglichen Vereinbarungen.

Der Kläger erhielt weiter eine Aufstellung, bezeichnet als …-Erfolgssystem Karriereplan. In diesem werden im wesentlichen die in den einzelnen Zeitabschnitten der Einarbeitung vorgesehenen Aktivitäten bezeichnet sowie unter der Rubrik „Voraussetzungen und Erwartungen an den Außendienstmitarbeiter” gewisse Modalitäten beschrieben. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 34 d.A. Bezug genommen. Der Kläger unterzeichnete weiter einen sogenannten Ausbildungsplan für dienstjunge Mitarbeiter. In diesem sind die Termine für das erste Halbjahr 1997 als Terminvereinbarungen niedergelegt. Es handelt sich hierbei um Besprechungen, bei denen monatlich je zwei Gesprächsrunden von 9.30 Uhr bis 12.00 Uhr im einzelnen terminiert sind. Weiter sind in der Zeit vom 09.12.1996 bis 17.04.1997 insgesamt neun sogenannte gemeinsame Außendiensttage mit Beginn jeweils 15.00 Uhr unter Bezeichnung des jeweiligen Begleiters des Klägers in dieser Aufstellung enthalten.

Die Beklagte kündigte das Rechtsverhältnis mit Schreiben vom 20.05.1997, zugegangen am 30.05.1997, zum 30.06.1997. Zur Begründung führte sie aus, die Abschlußtätigkeit des Klägers habe...

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