Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung. Beschäftigung, Klage auf. Betriebsvereinbarung. Rückkehrgarantie. Rückkehrzusage. Wiedereinstellung, Klage auf. Wiedereinstellungsanspruch. Wiedereinstellungszusage. Wiedereinstellungsanspruch aus einer Betriebsvereinbarung anlässlich eines Betriebsübergangs infolge Ausgründung einer Tochtergesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Garantiert der Arbeitgeber in einer Betriebsvereinbarung anlässlich der Ausgründung einer Tochtergesellschaft den durch Betriebsübergang in die Tochtergesellschaft überwechselnden Arbeitnehmern einen Anspruch auf Rückkehr für den Fall, dass „eine Weiterbeschäftigung innerhalb der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist”, so erfasst die Rückkehrzusage lediglich einen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit bei der ausgegründeten Tochtergesellschaft und nicht bei etwaigen späteren Rechtsnachfolgern.

2. Die Rückkehrzusage steht nicht unter dem ungeschriebenen Vorbehalt der Zugehörigkeit der Tochtergesellschaft zum Konzern der Muttergesellschaft bei Eintritt der Bedingung, wenn sich weder dem Wortlaut der Zusage noch dem Gesamtzusammenhang aus den übrigen Bestimmungen der Betriebsvereinbarung der Wille der Betriebsparteien zu einer solchen zeitlichen Beschränkung des Anspruchs entnehmen lässt. Eine Beschränkung der Geltungsdauer einer Betriebsvereinbarung nur für die Zeit der Zugehörigkeit der ausgegründeten Tochtergesellschaft zum Konzern kann insbesondere dann noch nicht angenommen werden, wenn weder die Rückkehrzusage selbst noch der weit überwiegende Teil der sonstigen in der Betriebsvereinbarung geregelten Vergünstigungen in dieser Weise zeitlich befristet sind.

3. Erklärt die Muttergesellschaft gegenüber dem einzelnen Arbeitnehmer anlässlich der späteren Verschmelzung der ursprünglich ausgegründeten Tochtergesellschaft und dem daraus folgenden Betriebsübergang der Tochtergesellschaft auf einen Rechtsnachfolger, die Rückkehrzusage bleibe von dem Betriebsübergang/der Verschmelzung unberührt, so kann diese Erklärung als einzelvertragliche Zusage der Weitergeltung der Rückkehrmöglichkeit auch bei Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit bei der rechtsnachfolgenden Gesellschaft auszulegen sein.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 242

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 07.05.2010; Aktenzeichen 7 Ca 2639/09)

 

Tenor

1.) Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 07.05.2010 – 7 Ca 2639/09 – teilweise abgeändert, soweit das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt hat, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrages ab dem 01.10.2009 als kaufmännische Angestellte/Vertriebsassistentin mit einem Jahresbruttoarbeitsentgelt in Höhe von 64.400,00 EUR unter Anrechnung einer Betriebszugehörigkeit seit dem 01. November 1970 anzunehmen. Im Umfange der Abänderung wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Tenor des Urteils wird zur Klarstellung wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrages für die Zeit vom 01. Februar 2010 bis zum 31.05.2010 auf einem adäquaten Arbeitsplatz in der A. zu den bei der Beklagten üblichen Bedingungen anzunehmen.

2.) Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 7/24 und der Beklagten zu 17/24 auferlegt.

3.) Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch um einen Anspruch der Klägerin auf Wiedereinstellung bei der Beklagten.

Die Klägerin war in der Zeit vom 01.11.1970 bis zum 31.12.1986 bei der Beklagten beschäftigt. Mit Wirkung zum 01.01.1987 ging ihr Arbeitsverhältnis durch Betriebsübergang auf die damals neu gegründete C. Informationssysteme GmbH über. Zuletzt war die Klägerin bei der C. Deutschland GmbH als „Vertriebsassistentin Backoffice” zu einem Bruttovierteljahresgehalt von etwa 16.100,– Euro beschäftigt.

Mit Beschluss vom 01.10.2009 eröffnete das Amtsgerichts M. über das Vermögen der C. D. GmbH das Insolvenzverfahren. Der Insolvenzverwalter stellte die Klägerin ab dem 01.10.2009 von der Erbringung ihrer Arbeitsleistung unwiderruflich frei und kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin am 12.10.2009 zum 31.01.2010 wegen einer völligen Schließung des Betriebes im Rahmen des Insolvenzverfahrens. Gegen diese Kündigung erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage, verkündete der Beklagten im Kündigungsschutzverfahren den Streit und machte gegenüber der Beklagten am 05.10.2009 einen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bzw. auf Wiedereinstellung bei ihr geltend.

Die Beklagte hatte zum 01.01.1987 ihr Geschäftsfeld der kompatiblen Großrechner und Peripheriesysteme in die C. Informationssysteme GmbH, einer im Rahmen eines Joint-Venture mit der S. AG neugegründeten Gesellschaft, ausgegliedert. Im Vorfeld hatte die Beklagte mit dem Betriebsrat über die Modalitäten für die von der Ausgründung und dem damit verbundenen Betriebsübergang betroffenen Mitarbeiter verhandelt. Unter anderem...

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