Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit des BR zur Sozialplanaufstellung nach Ablauf der Amtszeit. Feststellung

 

Leitsatz (amtlich)

Werden die Beisitzer der Einigungsstelle auf AN-Seite zu einem Zeitpunkt benannt, als der BR kein Mandat mehr hatte, so ist die Enigungsstelle zum Abschluß eines Sozialplanes unzuständig, da sie nicht wirksam zustande gekommen ist.

 

Normenkette

BetrVG § 76 II, § 112 IV

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Beschluss vom 21.04.1995; Aktenzeichen 6 BV 4/95)

 

Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach vom 21.04.1995 – 6 BV 4/95 – wird festgestellt, daß der Sozialplan aufgrund des Spruches der Einigungsstelle vom 16./18.7.1994 nichtig ist.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Rechtswirksamkeit des Spruches der Einigungsstelle vom 16.07.1994.

Die Antragstellerin hat bis zum 15.10.1993 aufgrund Vertrages mit den US-Streitkräften eine Wäscherei in Bad Kreuznach betrieben und dort ca. 55 Arbeitnehmer beschäftigt.

Antragsgegner ist der dort gewählte Betriebsrat, dessen reguläre Amtszeit spätestens mit dem 31.05.1994 ausgelaufen ist.

Der Betrieb der Wäscherei wurde von den US-Streitkräften zum 16.10.1993 neu ausgeschrieben. Dabei erhielt nicht die Antragstellerin – die bisherige Pächterin – den Zuschlag, sondern die Fa. PAE GmbH, Frankfurt. Diese betreibt die Wäscherei mit ca. 26 Arbeitnehmern, von denen 10 von der Antragstellerin übernommen und ca. 16 neu eingestellt wurden.

Nachdem die Antragstellerin den Zuschlag zum Betreiben der amerikanischen Wäscherei nicht mehr erhalten hat, hat sie sämtlichen Arbeitnehmern das Arbeitsverhältnis „wegen Auslaufens des Vertrages mit der US-Armee” gekündigt.

Zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner kam am 16.07.1994 durch Spruch der Einigungsstelle „anläßlich der Betriebsänderung, die aufgrund der Nichtverlängerung des Vertrages zwischen der HSG und den US-Streitkräften über das Betreiben der Wäscherei Bad Kreuznach erfolgt ist” folgender Sozialplan zustande:

I. Persönlicher Geltungsbereich

Dem Sozialplan unterliegen alle Arbeitnehmer der Betriebsstelle Marshall-Kaserne, Ge. 5564 Planiger Straße in 55543 Bad Kreuznach und der dazugehörigen Außenstellen TCP Darmstadt, TCP Baumholder, TCP Hanau, TCP Kirch-Goens und TCP Offenbach, die am 01. Okt. 1993 beschäftigt waren und 1993 eine Kündigung erhalten haben; hiervon sind jedoch ausgenommen Arbeitnehmer gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG.

II. Abfindungen

Die Arbeitnehmer erhalten eine Abfindung, die folgendermaßen berechnet wird:

  1. Dauer der Betriebszugehörigkeit × DM 2.700,00.
  2. angefangenen Beschäftigungsjahren werden Zeiten von unter 6 Monaten abgerundet, ab 6 Monaten aufgerundet.

    Der Beginn der Beschäftigung ergibt sich aus der dem Sozialplan beigefügten Liste (drei Blatt); die Beschäftigungszeit endet mit Ablauf der Kündigungsfrist der im Jahr 1993 ausgesprochenen Kündigungen.

    Treffen die Angaben über die Beschäftigungszeit in der Anlage zum Sozialplan nicht zu, so hat der Arbeitnehmer die – längere Beschäftigungszeit nachzuweisen. Zeiten, für die Arbeitnehmer bei früheren Vertragsnehmern der Streitkräfte bereits Abfindungen erhalten haben, werden auf die Beschäftigungszeit in der Wäscherei Bad Kreuznach und den dazugehörigen Außenstellen nicht angerechnet.

  3. Arbeitnehmer, die gegenüber einem oder mehreren Kindern unterhaltspflichtig sind, erhalten pro Kind DM 1.000,00.
  4. Schwerbehinderte erhalten DM 5.000,00.
  5. Wegen schlechter Vermittelbarkeit erhält jeder Arbeitnehmer einen Regionalzuschlag von DM 2.000,00.
  6. Die Höhe der sich aus den vorstehenden Regelungen (a.–d.) insgesamt ergebenden Abfindungen wird auf DM 80.000,00 begrenzt.

III. Fälligkeit der Abfindung

Die Abfindung ist erst fällig, wenn der Arbeitnehmer keine Beschäftigungs- oder Vergütungsansprüche aus dem gekündigten Arbeitsverhältnis für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist der Kündigung vom Jahre 1993 gegenüber der … Technischer Service GmbH und/oder der … GmbH Planing and Construction weiter verfolgt.

Der Arbeitnehmer gibt die entsprechende Erklärung schriftlich gegenüber der … Technischer Service GmbH ab.

Frankfurt/Main, den 16. Juli 1994.

Am 18.10.1993 boten fast alle Arbeitnehmer der Antragstellerin gegenüber der PAE ihre Arbeitskraft an. Auf Bl. 39–42 d. A. wird insoweit Bezug genommen.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, der Spruch der Einigungsstelle sei nichtig.

Sie hat vorgetragen:

Die Einigungsstelle sei zur Aufstellung des Sozialplanes unzuständig gewesen; denn es liege keine Betriebsänderung, sondern ein Betriebsübergang vor. Auch die Arbeitnehmer seien von einem Betriebsübergang ausgegangen, da sie der Fa. … ihre Arbeitskraft am 18.10.1993 angeboten hätten. Betriebsübergang und Betriebsänderung schlössen einander aus.

Die Antragstellerin hat beantragt,

festzustellen, daß der Sozialplan aufgrund des Spruchs der Einigungsstelle vom 16./18.07.1994 nichtig ist.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er hat vorgetragen:

Die Einigungsstelle sei für...

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