Entscheidungsstichwort (Thema)

Kollektivübung auf Zusage von Leistungen zur betrieblichen Altersversorgung. Kollektivübung. Gleichbehandlungsgrundsatz. betrieblicher Altersversorgung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Arbeitnehmer hat aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage auf Leistungen zur betrieblichen Altersversorgung, wenn eine jahrelange gleichmäßig gehandhabte Kollektivübung im Betrieb existiert und es einen Beschluß des Arbeitgebers gibt, der ohne Einschränkungen vorschreibt, daß Arbeitnehmer, die bestimmte Kriterien erfüllen, nach Ablauf eines bestimmten Zeitraumes dann eine Versorgungszusage erhalten. An diese Kollektivübung ist der Arbeitgeber gebunden, auch wenn mit dem Arbeitnehmer, der dem betroffenen Personenkreis angehört, bei seiner Einstellung die Erteilung einer späteren Zusage nicht ausdrücklich vereinbart wird. Will der Arbeitgeber diese Kollektivübung ändern, dann geht dies grundsätzlich nur bei neu einzustellenden Arbeitnehmern aber nicht bei solchen, bei denen im Einstellungszeitpunkt eine spätere Änderung der Kollektivübung nicht absehbar war.

 

Normenkette

Betr AVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 26.08.1994; Aktenzeichen 1 Ca 701/94)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 26. August 1994 – 1 Ca 435/94 – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Frage, ob der Beklagte verpflichtet ist, mit dem Kläger einen Versorgungsvertrag abzuschließen.

Der 1944 geborene Kläger ist seit dem 1. Juli 1988 beim Beklagten als Dozent an der S. aufgrund eines schriftlichen Dienstvertrages vom 2./31. März 1988 beschäftigt. Nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages finden die Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.

Am 29. Jan. 1988 fand ein Einstellungsgespräch zwischen dem Kläger und dem Beklagten statt. Auf Seiten des Beklagten nahmen daran insgesamt fünf Mitarbeiter teil, darunter der damalige Schulleiter der Akademie und der Personalleiter. In diesem Gespräch wurde u.a. darüber gesprochen, daß der Beklagte bisher an einen bestimmten Mitarbeiterkreis unter bestimmten Voraussetzungen Versorgungszusagen erteilt hat. Der nähere Inhalt dieses Gespräches bezüglich der Erteilung einer Versorgungszusage durch den Beklagen ist zwischen den Parteien streitig.

Bei dem Beklagten gibt es einen Vorstandsbeschluß vom 6. Dez. 1978 (Bl. 11/12 d.A.), mit u.a. folgendem Inhalt:

„Versorgungszusagen werden ab Vergütungsgruppe II BAT grundsätzlich nach einer vierjährigen Bewährungszeit im Verbandsdienst, frühestens aber mit Vollendung des 33. Lebensjahres, erteilt. Die vierjährige Bewährungszeit rechnet vom Zeitpunkt der Einstellung beim Verband. …”

Anfang des Jahres 1992 startete der Beklagte eine Umfrage bei anderen Regionalverbänden über Art und Modalitäten der von diesen gegebenen Versorgungszusagen. Als das Ergebnis vorlag, beschloß der Präsident, grundsätzlich keine Anträge mehr auf Erteilung einer Versorgungszusage dem Hauptausschuß vorzulegen. Ausnahmen hiervon sollten nur noch in besonders gelagerten Einzelfällen und bei bestimmten Führungskräften vorgenommen werden. Einen Beschluß über die grundsätzliche Nichtmehrgewährung von Versorgungszusagen hat der Verbandsvorstand am 10. Nov. 1993 gefaßt.

Jedenfalls in der Zeit von Anfang 1979 bis Ende 1991 hat der Beklagte mit den Mitarbeitern, die die Kriterien des Vorstandsbeschlusses vom 6. Dez. 1978 erfüllten – wenngleich nicht immer exakt nach vier Jahren – schriftliche Versorgungsverträge abgeschlossen. Dies war in der genannten Zeit ständige Praxis des Beklagten.

Als sich der Zeitpunkt der vierjährigen Zugehörigkeit des Klägers zum Beklagten näherte, beantragte der Kläger, daß auch mit ihm ein Versorgungsvertrag abgeschlossen werde, was der Beklagte in der Folgezeit abgelehnt hat.

Im vorliegenden Verfahren verlangt der Kläger die Verurteilung des Beklagten, ihm einen schriftlichen Versorgungsvertrag anzubieten. Diesen Anspruch stützt er auf eine ihm im Einstellungsgespräch erteilte mündliche Zusage sowie auf den Vorstandsbeschluß vom 6. Dez. 1978. Nach Auffassung des Klägers sei sein Begehren auch durch betriebliche Übung und aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes begründet.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, ihm einen schriftlichen Versorgungsvertrag anzubieten,

hilfsweise,

festzustellen, daß die ihm am 29. Jan. 1988 erteilte mündliche Versorgungszusage wirksam und verbindlich ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bestreitet, daß dem Kläger eine zudem rechtlich wirksame Zusage erteilt worden sei. Das Klagebegehren sei auch nicht nach sonstigen rechtlichen Gesichtspunkten begründet.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 26. Aug. 1994, auf dessen Tatbestand zur näheren Sachverhaltsdarstellung hiermit Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts...

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