Entscheidungsstichwort (Thema)

Klagefrist. Einhaltung der Kündigungsfrist

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG ist auch dann zu beachten, wenn der Arbeitnehmer lediglich die Einhaltung der Kündigungsfrist geltend machen will (anders aber BAG Urteil v. 15.12.2005 – 2 AZR 148/05).

 

Normenkette

KSchG § 4 S. 1, § 7

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 07.10.2004; Aktenzeichen 9 Ca 988/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 06.07.2006; Aktenzeichen 2 AZR 215/05)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 07.10.2004 – 9 Ca 988/04 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger streiten im Berufungsverfahren um den Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses und einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Annahmeverzugslohn.

Der Kläger ist seit dem 02.10.1989 als Metallarbeiter bei der Beklagten, die insgesamt 243 Mitarbeiter hat, zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt rund 1.500,– EUR beschäftigt.

Am 12.03.2004 wurde dem Kläger ein Schreiben der Beklagten mit folgendem Inhalt übergeben:

„Sehr geehrter Herr S,

wir kündigen den Arbeitsvertrag mit Ihnen zum 16. April 2004 auf.

Begründung: Es kam in der Vergangenheit wiederholt zu Unregelmäßigkeiten, wie z. B. Unpünktlichkeit, unentschuldigtes Fehlen, Entfernen vom Arbeitsplatz und Unzuverlässigkeit.

Da Sie auf mündliche Ermahnungen und zwei schriftliche Abmahnungen nicht entsprechend reagiert haben, müssen wir uns leider von Ihnen trennen.

Hochachtungsvoll

M A GmbH”

Am 28.04.2004 erhob der Kläger Kündigungsschutzklage und eine allgemeine Feststellungsklage beim Arbeitsgericht verbunden mit einem Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage.

Der Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage wurde vom Arbeitsgericht am 27.05.2004 zurückgewiesen; eine hiergegen erhobene Beschwerde wies diese Kammer mit Beschluss vom 23.07.2004 (Az.: 8 Ta 154/04) ebenfalls zurück.

Nachdem der Kläger zunächst nur den Antrag gestellt hatte, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 12.03.2004 sowie andere mögliche Beendigungstatbestände aufgelöst worden ist, beantragte er mit am 09.08.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hilfsweise die Feststellung der Fortdauer des Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf des 30.06.2003 und zusätzlich die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Annahmeverzugslohn bis zu diesem Beendigungsdatum in Höhe von 3.750,– EUR nebst Zinsen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht nahm der Kläger die beiden zunächst gestellten Feststellungsanträge zurück und stellte den verbleibenden Feststellungsantrag sowie den Leistungsantrag als Hauptanträge.

Der Kläger begründete sein Klagebegehren damit, dass die Beklagte bei Ausspruch der Kündigung eine gegen § 622 BGB verstoßende zu kurze Kündigungsfrist zugrunde gelegt habe. Angesichts der Beschäftigungszeit des Klägers nach Vollendung des 25. Lebensjahres hätte die Kündigungsfrist gemäß § 622 BGB Abs. 2 Nr. 3 BGB drei Monate zum Monatsende betragen müssen; frühestmöglicher Beendigungszeitpunkt sei somit der 30.06.2004 gewesen. Die Klagefrist des § 4 S.1 KSchG n. F. gelte nicht für den Fall der falschen Fristberechnung durch den Arbeitgeber.

Die Beklagte beantragte Klageabweisung und begründete dies damit, dass auch die Geltendmachung einer durch den Arbeitgeber zu kurz berechneten Kündigungsfrist von der Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG n. F. erfasst sei. Diese beziehe sich nunmehr auf alle Unwirksamkeitsgründe der Kündigung.

Das Arbeitsgericht wies die Klage mit Urteil vom 02.09.2004 – 9 Ca 988/04 – ab. Zur Begründung führte es aus, dass seiner Auffassung nach die dreiwöchige Frist des neugefassten § 4 KSchG auch eine falsche Berechnung der Kündigungsfrist durch den Arbeitgeber umfasse. Im Ausspruch einer Kündigung zu einem bestimmten Termin liege auch zugleich die Erklärung, das Arbeitsverhältnis zu eben diesem bestimmten Termin beenden zu wollen. Verstoße dabei die gewählte Frist gegen eine gesetzliche oder tarifvertragliche Vorschrift, sei die Kündigungserklärung somit unwirksam. Eine Ausnahme vom Fristerfordernis des § 4 S. 1 KSchG sei wegen der ausdrücklichen Motivation des Gesetzgebers, eine umfassende Rechtssicherheit im Kündigungsschutzverfahren herbeiführen zu wollen, lediglich dann zu machen, wenn der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung gegen das Schriftformerfordernis des § 623 BGB verstoßen habe oder die Kündigung der behördlichen Zustimmung bedürfe. Die Wirkung der versäumten Frist umfasse auch den Leistungsantrag.

Gegen das am 13.10.2004 zugestellte Urteil legte der Kläger mit am 12.11.2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung ein.

In seiner am 10.12.2004 eingegangenen Berufungsbegründung führt der Kläger aus, dass eine falsch berechnete Kündigungsfrist keineswegs zur Unwirksamkeit der Kündigung führe, sondern diese im Wege der Auslegung gem. §§ 133,157 BGB zum nächsten zulässigen ...

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