Entscheidungsstichwort (Thema)

Einschlägige Berufserfahrung i.S.d. § 16 Abs. 2 TV-L. Entfallen der Einarbeitungszeit durch einschlägige Berufserfahrung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Einschlägige Berufserfahrung ist eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogenen entsprechenden Tätigkeit. Der Beschäftigte muss in der früheren Tätigkeit einen Kenntnis- und Fertigkeitszuwachs erworben haben, der für die konkret auszuübende Tätigkeit erforderlich und prägnant ist und ihm damit weiterhin zugutekommt.

2. § 16 Abs. 2 Satz 2 TV-L will den Entfall einer Einarbeitungszeit honorieren. Nach den Vorstellungen der Tarifvertragsparteien versetzt die in früheren Arbeitsverhältnisses erworbene Berufserfahrung den Beschäftigten aber nur dann in die Lage, ohne nennenswerte Einarbeitungszeit die Aufgabe beim neuen Arbeitgeber auszuüben, wenn die Vorbeschäftigung qualitativ im Wesentlichen die gesamtinhaltliche Breite der aktuellen Beschäftigung abdeckt und deshalb einschlägig ist.

 

Normenkette

TV-L § 16 Abs. 2; ZPO § 256; TV-L § 16 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 24.02.2021; Aktenzeichen 2 Ca 1849/19)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 24.02.2021, Az. 2 Ca 1849/19, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Stufenzuordnung der Klägerin innerhalb der Entgeltgruppe 13 des TV-L.

Die Klägerin ist Diplom-Psychologin.

Nach ihrem Hochschulabschluss im Jahr 2013 nahm sie am 15.10.2013 an der Universitätsmedizin der E.-Universität A-Stadt eine Tätigkeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin auf. Sie wurde hierbei in die Entgeltgruppe 13 Stufe 1 des Manteltarifvertrags Universitätsmedizin A-Stadt eingruppiert. Ab dem 15.10.2014 wurde die Klägerin nach Stufe 2, ab dem 15.10.2016 nach Stufe 3 vergütet. Bis zum 14.10.2017 war sie dort an einem Institut für Lehrergesundheit tätig. Laut Zwischenzeugnis vom 15.08.2017 gehörten zu dem Aufgabengebiet der Klägerin dort verschiedene Leistungen des Gesundheitsmanagements und der betrieblichen Gesundheitsförderung an Schulen, etwa die arbeitspsychologische Betreuung von Lehrkräften, die Beratung von Schulleitungen, die konzeptionelle Erstellung von Fortbildungen oder die Bearbeitung von Gefährdungsbeurteilungen, außerdem die Mitarbeit an verschiedenen Forschungsprojekten.

Ab dem 15.10.2017 wurde sie innerhalb der Universitätsmedizin A-Stadt an die Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie versetzt. Sie war dort im Rahmen ihrer Ausbildung zur Psychologischen Psychotherapeutin tätig.

Vom 16.04.2018 bis zum 30.04.2019 war die Klägerin im F-hospital in G-Stadt tätig. Mit dieser Arbeitgeberin schloss sie sowohl einen Weiterbildungsvertrag über eine Weiterbildung als Psychologische Psychotherapeutin in Ausbildung (PPiA) ab als auch einen Arbeitsvertrag als Teilzeitbeschäftigte mit 40 Prozent der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ab. Letzteres sollte, wie ausdrücklich in § 2 des Weiterbildungsvertrags festgehalten, erfolgen, um eine wirtschaftliche Absicherung der Klägerin zu gewährleisten und um die während der Dauer der Ausbildung als PPiA für die Gesellschaft eigenständig erbrachte Arbeit der Ausbildungsteilnehmerin zu vergüten.

In dem der Klägerin von der F-Klinik erstellten Bescheinigung über die praktische Tätigkeit vom 29.04.2019 heißt es:

Frau A. ist auf unserer Station für Alkohol- und Medikamentenvergiftungen sowie dem hieran angegliederten Modellprojekt nach § 64 SGB V eingesetzt. (...) Ihre Tätigkeit umfasst die Durchführung psychotherapeutischer Diagnostik, Anamnese sowie Durchführung psychotherapeutischer Behandlungen im Einzel-Setting und in Form von Angehörigengespräche. Frau A. führt zudem eigenständig Gruppentherapie-Sitzungen zu suchtspezifischen Themen. Frau A. ist mit der Versorgung von Patienten betraut, die an folgenden Krankheitsbildern leiden: Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen, nicht - stoffgebundene Abhängigkeitserkrankungen, psychotische Störungen, affektive Störungen, Angst- und Anpassungsstörungen, Essstörungen und Persönlichkeitsstörungen.

Auch in diesem Arbeitsverhältnis erfolgte eine Vergütung nach EG 13, Stufe 3.

Ab dem 01.05.2019 begann die Klägerin ihre Tätigkeit bei der Beklagten. Gemäß § 1 des Arbeitsvertrags wurde sie als Diplom-Psychologin in Teilzeit in der von der Beklagten geführten Geriatrischen Fachklinik H. beschäftigt.

Einsatzgebiet der Klägerin bei der Beklagten ist die "mobile geriatrische Rehabilitation". Die Klägerin sucht ältere Menschen zur Behandlung zu Hause auf.

Laut der von der Beklagten für diese Stelle verfassten Aufgabenbeschreibung fallen hierbei folgende Aufgaben an:

Einzelfallbezogene Diagnostik und Behandlung:

- Mitwirkung bei der Anamnese und Befunderhebung

- Dokumentation des Verlaufs, Berichtwesen

- Teilnahme an der wöchentlichen Teamkonferenz (Fallbesprechung)

- Unterstützung der Patienten und deren Angehörigen...

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