Urteil mit zugelassener Revision

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

PC-Nutzung, private. PC-Missbrauch und ordentliche Kündigung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen privater Internetnutzung des dienstlichen PC, um Seiten mit pornografischen Inhalten zu besuchen, bedarf einer vorausgegangenen Abmahnung zumindest dann, wenn es keine Benutzungsregelungen oder sonstigen Vorgaben des Arbeitgebers gibt.

2. Eine auf die gleichen Vorwürfe gestützte ordentliche verhaltensbedingte Kündigung ist auch ohne vorherige Abmahnung sozial gerechtfertigt, weil kein Arbeitgeber verpflichtet ist, solche Handlungsweisen zu dulden.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2 S. 1; BGB § 626 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 10.03.2005; Aktenzeichen 7 Ca 2183/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 31.05.2007; Aktenzeichen 2 AZR 200/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 10.03.2005 – AZ: 7 Ca 2138/04 – wie folgt abgeändert:

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endet mit Ablauf des 31.01.2005 durch die ordentliche Kündigung vom 06.12.04.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung wird im Übrigen zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Parteien je zur Hälfte zu tragen.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger, welcher seit 01.01.1999 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 26.11.1998 (Bl. 58 bis 59 d.A.) als Bauleiter beschäftigt ist, wofür er 3.500,00 Euro brutto pro Monat bezogen hat, hat sich mit seiner Klage vom 08.12.2004, Gerichtseingang 09.12.2004, gegen eine Kündigung der Beklagten gewendet, welche mit Schreiben vom 06.12.2004 als außerordentliche Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und hilfsweise als ordentliche Kündigung und Einhaltung der nächstmöglichen gesetzlichen Kündigungsfrist erklärt worden ist.

Der Kläger hat seine Klage im wesentlichen damit begründet, dass der Vorwurf, er habe den dienstlichen PC dazu verwendet, Bilddateien und Videodateien mit überwiegend sexuellem Inhalt herunterzuladen und anzusehen, was in der Arbeitszeit geschehen sei und er sich habe an den betreffenden Tagen Überstunden auszahlen lassen, treffe nicht zu. Wobei er nicht wisse, ob die Dateien, wie sie die Beklagtenseite behauptet, auf dem PC tatsächlich gespeichert seien, zumal jeder Mitarbeiter der Beklagten Zugang zu diesem PC habe.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten gemäß Schreiben vom 06.12.2004, zugegangen am 06.12.2004, aufgelöst worden ist,
  2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern über den 06.12.2004 hinaus fortbesteht.
  3. für den Fall des Obsiegens die Beklagte zu verurteilen, ihm bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Rechtsstreits zu den bisherigen Arbeits- und Vertragsbedingungen weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Dies ist im Wesentlichen damit begründet worden,

dass der Kläger während der Arbeitszeit auf dem betrieblich überlassenen PC Bilddateien gesichtet habe, die auch pornografischen Inhalt hätten. Am 4. Dezember 2004 sei eine komplette Datensicherung der Arbeitsstation durchgeführt worden und man habe festgestellt, dass der Kläger auch an Tagen, an denen er diese Dateien angesehen hätte, Überstunden aufgeschrieben habe, die auch vergütet worden seien.

Obwohl der Antrag zu 1. sich nur auf die außerordentliche Kündigung beziehe, endet das Arbeitsverhältnis durch die nicht angegriffene hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung, weil das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finde.

Das Arbeitsgericht hat durch das Urteil vom 10.03.2005 der Klage stattgegeben und den Klageantrag zu 2. abgewiesen, was damit begründet worden ist, dass sich der Antrag zu 1. zwar ausdrücklich nur gegen die fristlose Kündigung im Schreiben vom 06.12.2004 wende, jedoch der Klageantrag insgesamt der Auslegung zugänglich sei. Daraus ergebe sich, dass der Kläger nicht nur die außerordentliche Kündigung der Beklagten angreife, sondern auch die hilfsweise erklärte Ordentliche, weil er auf Seite 3, letzter Satz im letzten Absatz der Klageschrift erkennbar darauf eingehe, dass auch die ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beenden könne. Auch der Umstand, dass der Klägervertreter trotz entsprechenden gerichtlichen Hinweises den Antrag nicht umformulierte, könne nicht so gewertet werden, dass er sich nur gegen die fristlose Kündigung wende, da er durch die Meinung, der Antrag zu 2. der Klageschrift umfasse den Angriff auch der ordentlichen Kündigung zu erkennen gegeben habe, dass sie diese Kündigung auch tatsächlich habe angreifen wollen.

Den Feststellungsantrag hat das Arbeitsgericht abgewiesen, weil im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung kein anderer Beendigungszeitpunkt gegeben gewesen sei und die allge...

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