Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Arbeitgebers bei Arbeitsunfall. Arbeitsunfall. Schadensersatz. Vorsatz

 

Leitsatz (redaktionell)

Der bewussten Fahrlässigkeit, die eine Haftung des Arbeitgebers nach § 636 Abs. 1 RVO ausschließt, und dem bedingten Vorsatz, der eine Haftung des Arbeitgebers trotz § 636 Abs. 1 RVO zulässt, ist gemeinsam, dass der Täter den möglicherweise eintretenden Erfolg sieht. Nur wenn der Arbeitgeber den Erfolg für den Fall seines Eintritts billigt, handelt er bedingt vorsätzlich. Es kommt folglich auf die innere Einstellung des Täters an.

 

Normenkette

RVO a.F. § 636; SGB VII § 104

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 02.12.2003; Aktenzeichen 5 Ca 530/03)

 

Tenor

I.Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom02.12.2003, AZ: 5 Ca 530/03, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II.Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Schadensersatz wegen eines Arbeitsunfalls.

Der Kläger war bei der Beklagten über viele Jahre hinweg als Sandstrahler tätig. Am 01.09.1989 war er damit beschäftigt, mittels eines Rundmagneten Stahlträger auf einem Förderband abzulegen und nach Durchlaufen des Förderbandes wieder von diesem abzuheben und aufeinander zu stapeln. Als der Kläger einen Stahlträger über einem Stapel bereits abgelegter anderer Stahlträger positioniert hatte, um diesen abzulegen, löste sich der Stahlträger von dem Elektromagneten, schlug auf den anderen Stahlträger auf und fiel schließlich auf den linken Fuß des Klägers. Dabei wurden mehrere Zehen des Klägers zertrümmert. Aufgrund der dabei erlittenen Verletzungen musste die zweite Zehe am linken Fuß des Klägers teilamputiert werden, das Endglied wurde entfernt. Die dritte Zehe wurde grundgelenksnah amputiert, die vierte und fünfte Zehe wurden komplett amputiert. Im postoperativen Verlauf traten schwerere Komplikationen dadurch auf, dass sich Weichteilnekrosen bildeten, die anschließend wieder entfernt werden mussten. Der Vorfall hatte die Erwerbsunfähigkeit des Klägers zur Folge.

Mit seiner am 27.09.2002 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begeht der Kläger von der Beklagten Ersatz des ihm infolge des Unfalls vom 01.09.1989 entstandenen Schadens, welchen er mit 116.124,00 EUR beziffert. Hinsichtlich der Schadensberechnung des Klägers wird auf die Klageschrift vom 27.09.2002 (dort Seite 8 bis Seite 26 = Bl. 10 bis 28 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat der seinerzeit mit der Montage des Elektromagneten betrauten Person, Herrn Dipl. Ing. R. A., mit Schriftsatz vom 18.11.2002 (Bl. 86 und 87 d. A.) den Streit verkündet. Dieser ist dem Rechtsstreit jedoch nicht beigetreten.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 116.124,00 EUR nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 01.09.1989 zu zahlen,
  2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm alle weiteren materiellen Schäden, die ihm zukünftig aus dem Unfall vom 01.09.1989 auf dem Gelände der Beklagten entstehen, zu ersetzen, soweit sie nicht auf Dritte übergegangen sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 02.12.2003 (Bl. 127 bis 129 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 02.12.2003 abgewiesen. Hinsichtlich der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 und 6 dieses Urteils (= Bl. 130 und 131 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihm am 19.03.2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.04.2004 Berufung beim Landesarbeitsgericht Rheinland – Pfalz eingelegt und diese am 19.05.2004 begründet.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, Ursache für den Arbeitsunfall sei ein zu großer Luftspalt zwischen dem Elektromagneten und dem Stahlträger gewesen. Hierdurch sei die Tragkraft des Elektromagneten so erheblich gemindert gewesen, dass der Stahlträger herabgefallen sei. Der Luftspalt habe nur dadurch entstehen können, dass die Oberfläche des Stahlträgers oder die des Elektromagneten durch Staub oder Strahlpartikel verschmutzt gewesen sei. Weitere Unfallursache sei eine nicht ausreichende Zugentlastung der Anschlussleitungen des Elektromagneten gewesen. Letztlich komme als Unfallursache auch der Umstand in Betracht, dass der Elektromagnet zum Unfallzeitpunkt bereits sehr lange im Einsatz gewesen sei und sich dadurch so stark erwärmt habe, dass die Kraft des Magnetfeldes abgenommen habe. Sämtliche Ursachen seien der Beklagten anzulasten. Ihm – dem Kläger – sei niemals gesagt worden, dass er die Oberflächen selbst von kleinsten Verunreinigungen freihalten müsse. Die Beklagte habe auch keine hinreichenden Vorkehrungen dafür getroffen, dass die Oberflächen der Träger tatsächlich absolut sauber geblieben seien. Über die maximale Betriebsdauer des Elektromagneten habe man ihn ebenfalls nicht unterrichtet. Soweit die mangelhafte Zugentlastung ursächlich für den Unfall gewesen s...

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