Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Zumutbarkeit einer anderweitigen Verwendung nach § 2 Nr. 3 TV SozSich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Zumutbarkeit einer anderweitigen Verwendung nach § 2 Ziff 3 des Tarifvertrages zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV SozSich) liegt vor bei anderweitiger Beschäftigung in der gleichen Lohngruppe im Geltungsbereich des TV AL II.

2. Der Arbeitnehmer muss eine anderweitige Verwendung außerhalb des Einzugsbereichs seines Beschäftigungsorts bei den Stationierungsstreitkräften als zumutbar hinnehmen. Die persönlichen Erschwernisse, die mit einem Ortswechsel verbunden sind, können der Zumutbarkeit der Stelle nicht entgegengehalten werden.

3. Eine Beschäftigung auf Stellen in der gleichen Lohngruppe ist eine zumutbare Verwendung. Der Tarifvertrag sieht keine Bewertung der Zumutbarkeit im Einzelfall und die Berücksichtigung konkreter subjektiver Umstände vor.

 

Normenkette

TVG §§ 1, 4

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 12.03.2014; Aktenzeichen 1 Ca 1742/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.03.2016; Aktenzeichen 6 AZR 92/15)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 12.03.2014 - 1 Ca 1742/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger ein Anspruch auf Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich) zusteht.

Der 1962 geborene Kläger war in der Zeit vom 09. November 1992 bis zum 30. September 2013 bei den US-Stationierungsstreitkräften zuletzt als Küchenhelfer in M. zu einer monatlichen Vergütung iHv. 1.816,00 EUR beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der TV SozSich Anwendung.

Das Arbeitsverhältnis wurde aufgrund einer Entscheidung der obersten Dienstbehörde im Zusammenhang mit dem Truppenabzug und der damit verbundenen Auflösung der Dienststelle mit Schreiben vom 19. September 2012 (Bl. 9 f. d. A.) zum 30. September 2013 gekündigt. Der Kläger erhielt eine Abfindung in Höhe von 19.077,00 EUR. In der Zeit vom 01. Oktober 2013 bis zum 31. März 2014 wurde der Kläger in eine zur sozialen Absicherung der gekündigten Mitarbeiter gegründete Transfergesellschaft übernommen und erhielt dort 80% seiner bisherigen Arbeitsvergütung.

In einem Erhebungsbogen von Daten zur Ermittlung der sozialen Schutzwürdigkeit im Kündigungsschutzverfahren und zur Erfassung der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten gemäß der Regulation 690-84 hatte der Kläger unter dem 27. September 2011 angegeben, eine Weiterbeschäftigung lediglich in G., H. und M. zu wünschen.

Die Beklagte hat die E-Mail einer Mitarbeiterin - Mitglied der zuständigen Betriebsvertretung sowie örtliche Schwerbehindertenvertretung - vom 21. Juni 2012 (Bl. 53 d. A.) an das RIF-Team, das die Aufgabe hat, Zivilbeschäftigte, deren Arbeitsplatz aus betriebsbedingten Gründen wegfällt, anderweitig unterzubringen, vorgelegt, nach der der Kläger die Mitarbeiter gebeten habe mitzuteilen, dass er auch eine Weiterbeschäftigung in K., S., R. oder W. annehmen würde.

Weiter hat die Beklagte eine E-Mail vom 17. Oktober 2012 (Bl. 54 d. A.) des Vorsitzenden der örtlichen Betriebsvertretung vorgelegt, in der es heißt, dass der Kläger seinen Auswahlbereich auf alle Standorte außerhalb des Einzugsbereiches erweitern wolle.

In Bezug auf ein seitens des Arbeitgebers gegenüber dem Kläger mündlich thematisiertes Angebot einer Tätigkeit in S. teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit E-Mail vom 13. Juni 2013 (Bl. 14 d. A.) mit, dass der Kläger das Angebot mit einem völlig anderen Tätigkeitsgebiet im 115 km entfernten S. nicht annehmen wolle und sich stattdessen lieber einen neuen Arbeitsplatz in seinem bisherigen Tätigkeitsbereich und in örtlicher Nähe suchen wolle.

Der zuständige Mitarbeiter des RIF-Teams verwies mit E-Mail vom 21. Juni 2013 (Bl. 15 d. A.) an den Prozessbevollmächtigten des Klägers darauf, dass, bevor dem Kläger ein schriftliches Angebot habe erteilt werden können, die Information erfolgt sei, dass der Kläger für ein Weiterbeschäftigungsangebot in S. nicht zur Verfügung stehe. Somit sei dem Kläger kein offizielles Weiterbeschäftigungsangebot iSd. § 2 Ziff. 3 TV SozSich unterbreitet worden. Der Ausstellung einer Entlassungsbescheinigung stehe demnach nichts im Weg.

Mit Schreiben vom 08. Juli 2013 (Bl. 16 f. d. A.) wurde dem Kläger eine Beschäftigung als Küchenhelfer in W. angeboten. In dem Schreiben heißt es - soweit hier von Interesse:

"Wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass nunmehr die nachstehende Stelle zu Ihrer Weiterbeschäftigung zur Verfügung steht. Mit diesem Schreiben bieten wir Ihnen hiermit, vorbehaltlich des Ausgangs der personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahren, offiziell diese Stelle an.

Tätigkeitsbezeichnung:

Küchenhelfer

Dienststelle:

...

Dienstort:

W.

Eing...

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