Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines Arbeitnehmers auf Ersatz von Fahrtkosten für die Strecke zwischen Wohnort und Arbeitsstätte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die in einem Formulararbeitsvertrag vorgenommene Festlegung eines bestimmten Orts in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert die Beschränkung auf einen bestimmten Ort. Vielmehr wird klargestellt, dass weiter § 106 S. 1 GewO und damit die Versetzungsbefugnis an eine Arbeitsorte gilt.

2. Fehlt es somit an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht, so ergibt sich der Umfang des Weisungsrechts des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Dabei geht die Befugnis des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer unterschiedliche Aufgaben oder einen anderen Ort im Wege des Direktionsrechts zuzuweisen um so weiter, je allgemeiner die vom Arbeitnehmer zu leistenden Dienste oder der Ort der Arbeitsleistung festgelegt sind.

3. Sind Leistungsort und Art der Dienste nicht näher festgelegt, so entspricht es billigem Ermessen i.S. von § 106 S. 1 GewO, den dem Arbeitnehmer zunächst zugewiesenen Ort der Erbringung der Arbeitsleistung zu ändern.

4. Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch machen will.

 

Normenkette

BGB § 315 Abs. 1, § 670; GewO § 106 S. 1; BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 15.01.2018; Aktenzeichen 4 Ca 1516/17)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15. Januar 2018, Az.: 4 Ca 1516/17 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über Kilometergeld.

Der 1959 geborene, ledige Kläger ist seit dem 15. Dezember 2010 bei der Beklagten als Haustechniker mit einer regelmäßigen durchschnittlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von zuletzt 2.027,00 € beschäftigt. Er hat einen erwachsenen Sohn und verfügt über einen eigenen Pkw. Wohnhaft ist der Kläger in A-Stadt.

Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 29. Juni 2012/5. November 2012, geschlossen zwischen dem Kläger und der Z. gGmbH, zugrunde. Dieser enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:

"§ 1

1. Das Anstellungsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen dieses Vertrages und den Betrieblichen Regelungen der Firmengruppe Y. (BR), die unmittelbarer Bestandteil dieses Anstellungsvertrages sind. Im Übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen.

(...)

§ 4 Tätigkeit, Arbeitsort

1. Die/Der Mitarbeitende wird als Haustechniker auf Basis der vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit in § 6 eingestellt.

2. Mitarbeitende sind verpflichtet, die übertragenen Aufgaben gemäß den gesetzlichen Vorschriften sowie betrieblichen Regelungen und Anweisungen des Dienstgebers bzw. Vorgesetzten sorgfältig und gewissenhaft auszuführen.

Die Tätigkeit richtet sich nach dem verfolgten Zweck der Stelle und der organisatorischen Eingliederung sowie der Zuweisung von Aufgaben. Die Stellen- oder Aufgabenbeschreibung kann aus betrieblichen Gründen vom Dienstgeber angepasst werden.

3. Der Dienstgeber behält sich vor, der/dem Mitarbeitenden eine andere zumutbare Tätigkeit, die ihren/seinen Vorkenntnissen und Fähigkeiten entspricht - auch innerhalb der Firmengruppe - zu übertragen. In diesem Fall ist die bisherige Grundvergütung weiter zu zahlen, eventuelle Funktionszulagen richten sich nach Art und Inhalt der Tätigkeit.

4. Die Erbringung der Arbeitsleistung erfolgt in X. W.-Stadt. Der Dienstgeber ist berechtigt - soweit es betriebliche Belange erfordern - Einsätze auch an anderen Arbeitsorten anzuordnen oder Mitarbeitende, soweit zumutbar und angemessen, dauerhaft zu versetzen.

(...)

§ 12 Dienstreisen, Aufwendungsersatz

1. Für genehmigte Dienstreisen werden den Mitarbeitenden die Fahrtkosten im Einzelfall gegen Nachweis erstattet. Der Kostenersatz erfolgt nach dem jeweils gültigen Bundesreisekostengesetz. Es gilt die Betriebliche Regelung/Arbeitsordnung/Reisen und Mobilität.

(...)

§ 17 Verfallklausel

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Anstellungsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Äußert sich die andere Vertragspartei hierzu nicht innerhalb zwei Wochen oder lehnt sie den Anspruch schriftlich ab, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablauf der Erklärungsfrist bzw. nach Ablehnung gerichtlich geltend gemacht wird. Für Ansprüche aus unerlaubter Handlung verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung.

(...)

§ 22 Schlussbestimmungen

(...)

2. Bestandteil des Anstellungsvertrages sind die Betrieblichen Regelungen. Mit Unterzeichnung erklärt die/der Mitarbeitende, dass sie/er die Betrieblichen Regelungen erhalten hat und mit dem Inhalt einverstanden ist."

Wegen des Inhalts des Arbeitsvertrages im Übrigen wird auf s...

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