Entscheidungsstichwort (Thema)

Europarechtskonformität der Regelung des § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelung des § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG trägt dem Umstand Rechnung, dass die Personalgestellung in den dort beschriebenen Fällen funktional als eine besondere From der Aufgabenverlagerung anzusehen ist und im Bestandsschutzinteresse der von der Arufgabenverlagerung betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfolgt (BT-Drs. 18/9232 S. 22). Im Hinblick auf die verschiedenen Zielsetzungen der Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG einerseits und der Personalgestellung andererseits sieht die Kammer trotz europarechtlicher Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG mit der Leiharbeitsrichtlinie von einer Vorlage gemäß Art. 267 AEUV ab.

 

Normenkette

AEUV Art. 267; AÜG § 1 Abs. 1, 3 Nrn. 2b, 2c; TVöD § 4 Abs. 3; RL 2008/104/EG Art. 5 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Entscheidung vom 24.10.2017; Aktenzeichen 2 Ca 457/17)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 24. Oktober 2017, Az.: 2 Ca 457/17, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Personalgestellung.

Der 1967 geborene Kläger ist seit dem 1. Oktober 1999 bei der Beklagten als Arbeiter im Bereich der Wasserversorgung eingesetzt. Dem Arbeitsverhältnis liegt der Arbeitsvertrag vom 14. September 1999 (Bl. 5 f. d. A.) zugrunde. Das monatliche Bruttoentgelt des Klägers betrug zuletzt 3.800,00 €. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Anwendung.

Mit Schreiben vom 22. März 2017 (Bl. 7 f. d. A.) unterrichtete die Beklagte den Kläger darüber, dass die technische Betriebsführung des Betriebszweiges Wasserversorgung zum 1. April 2017, frühestens jedoch nach erfolgtem Beitritt der Verbandsgemeinde zu dieser, auf die K.(im Folgenden K.), P., übertragen werde. Gleichzeitig erklärte sie in diesem Schreiben dem Kläger gegenüber, dass er ab dem 1. April 2017 dem Direktionsrecht der K. unterliege und diese das fachliche Weisungsrecht besitze, soweit dies für eine ordnungsgemäße Erbringung der Arbeitsleistung des Klägers erforderlich sei. Weiter wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass sein Arbeitsverhältnis mit ihr durch die Übertragung der technischen Betriebsführung auf die K. nicht beendet werde, sondern fortbestehe. Er bleibe weiter ihr Beschäftigter.

Die K...wendet den Tarifvertrag Versorgung (TV-V) an.

Der Kläger widersprach der von der Beklagten angeordneten Maßnahme mit anwaltlichem Schreiben vom 29. März 2017 (Bl. 9 f. d. A.) und forderte die Beklagte auf, diese rückgängig zu machen.

Mit Schreiben vom 19. April 2017 (Bl. 11 f. d. A.) bezog sich die Beklagte auf ihr Schreiben vom 22. März 2017 und teilte mit, dass die Übertragung des Direktions- und fachlichen Weisungsrechts an die K. nicht zum 1. April 2017, sondern zum 1. Mai 2017 erfolgen werde. Gleichzeitig wies die Beklagte den Kläger an, seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung mit Wirkung vom 1. Mai 2017 für die K. zu erbringen.

Der Kläger widersprach dem erneut mit Telefax vom 25. April 2017 (Bl. 13 d. A.).

Unter dem Datum des 20. April 2017 beteiligte die Beklagte im Hinblick auf die beabsichtigte Personalgestellung den Personalrat mit Beschlussvorlage Bl. 38 d. A..

Ebenfalls im April 2017 wurde der Technische Betriebsführungsvertrag zwischen den K. und der Beklagten (Bl. 39 ff. d. A.) unterzeichnet. In dessen § 9 heißt es auszugsweise:

"§ 9

Personalgestellung

(1) Das bei der VG angestellte, im Bereich der Wasserversorgung tätige Personal, das in Anlage 2 genannt ist, wird der K. im Wege der Personalgestellung gem. § 4 Abs. 3 S. 1 TVöD gestellt.

(2) Die Vertragspartner sind sich einig, dass für den Fall, dass dieser Vertrag über den 31.12.2019 hinaus dauerhaft fortgeführt wird, die K. ab dem 01.01.2020 in die Rechte und Pflichten aus den in diesem Zeitpunkt bestehenden Arbeitsverhältnisse eintreten kann (Betriebsübergang). Die Vertragspartner sind in diesem Fall verpflichtet, die sich aus § 613a Abs. 5 BGB ergeben, rechtzeitig vor dem 31.12.2019 zu erfüllen.

Die Aufgabe der Wasserversorgung der VG bleibt hiervon unberührt."

§ 12 lautet auszugsweise:

"§ 12

Vertragsbeginn und Dauer, Kündigung

(1) Der Vertrag beginnt mit dem 2. Quartal 2017, frühestens jedoch nach erfolgtem Beitritt der VG zur K. Das Vertragsjahr entspricht ab 2018 grundsätzlich dem Kalenderjahr.

(2) Der Vertrag läuft ab dem Zeitpunkt seiner Wirksamkeit für die Dauer von 3 Jahren.

(3) Sollte der Vertrag nicht mit einer Frist von neun Monaten zum Ende der Vertragslaufzeit von einem der Vertragspartner gekündigt werden, verlängert sich der Vertrag auf unbestimmte Zeit. § 9 Abs. 2 ist in diesem Fall zwingend zu beachten.

(4) Die Vertragspartner können den Vertrag außerordentlich aus wichtigem Grund kündigen, wenn (...)

(7) Im Falle der Vertragskündigung endet die Personalgestellung gem. § 9.

(8) (...)".

Der Kläger ist in der Anlage 2 zum Technischen Bet...

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