Entscheidungsstichwort (Thema)

Persönlichkeitsrecht. Schadensersatz. Schmerzensgeld. Mobbing bei Ärzten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die in Anwesenheit Dritter gemachten Äußerungen, die Arbeitnehmerin „sei wohl nicht zufrieden, wenn sie nicht meckern könnte”, sie „solle gefälligst ihre Schnauze halten” und sie „solle ihr großes Maul halten” stellen jeweils schwerwiegende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Arbeitnehmerin dar und können einen Schmerzensgeldanspruch rechtfertigen.

2. Eine solche Persönlichkeitsrechtsverletzung führt nicht zu einem Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall oder Entschädigung für den Verlust des Bestandsschutzes, da diese Ansprüche vom Schutzzweck des Persönlichkeitsrechts nicht erfasst werden.

 

Normenkette

BGB §§ 253, 626, 628, 823; GG Art. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 12.10.2004; Aktenzeichen 10 Ca 4246/03)

 

Tenor

1. Auf die Berufungen des Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2 wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 12.10.2004 – 10 Ca 4246/03 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte zu 1 wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.900,– EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.10.2003 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen werden die Berufungen der Parteien zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreites werden der Klägerin auferlegt.

4. Streitwerte:

  1. für 1. Instanz: EUR 155.229,66

    und

  2. für das Berufungsverfahren: EUR 145.229,66.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin beansprucht von den Beklagten – jeweils nebst Zinsen – die Zahlung

  • eines Schmerzensgeldes in Höhe von 25.000,– EUR

    sowie

  • von Schadensersatz in Höhe von 120.229,66 EUR.

Der letztgenannte Betrag setzt sich nach den Darlegungen der Klägerin zusammen aus:

  1. dem behaupteten Verdienstausfall für die Zeit vom 01.11.2003 bis zum 30.06.2004 in Höhe von 12.507,16 EUR

    und

  2. aus einer den Verlust des Bestandsschutzes ausgleichenden angemessenen Entschädigung in Höhe von 107.722,50 EUR.

Zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den tatbestandlichen Teil des Urteils des ArbG Koblenz vom 12.10.2004 – 10 Ca 4246/03 – (dort Seite 2 ff = Bl. 416 ff d. A.). Unter Klageabweisung im Übrigen hat das Arbeitsgericht nach näherer Maßgabe seines Urteilstenors die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 12.000,– EUR als Schmerzensgeld zu zahlen.

Gegen das am 24.01.2005 zugestellte Urteil vom 12.10.2004 – 10 Ca 4246/03 – haben die Parteien wie folgt Berufung eingelegt:

Die Klägerin hat ihre am 23.02.2005 mit dem Schriftsatz vom 23.02.2005 eingelegte Berufung gleichzeitig begründet.

Der Beklagte zu 1. hat seine am 18.02.2005 eingelegte Berufung am 24.03.2005 mit dem Schriftsatz vom 23.03.2005 begründet.

Die Beklagte zu 2. hat ihre am 23.02.2005 eingelegte Berufung am 24.03.2005 mit dem Schriftsatz vom 23.03.2005 begründet.

Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung der Klägerin wird auf deren Schriftsatz vom 23.02.2005 (Bl. 463 ff. d. A.) verwiesen.

Die Klägerin beanstandet dort insbesondere, dass das Arbeitsgericht das Schmerzensgeld zu niedrig angesetzt habe. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes habe das Arbeitsgericht nicht bzw. nicht ausreichend die massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen berücksichtigt, unter denen die Klägerin durch die fortgesetzten Angriffe der Beklagten gelitten habe. Die Klägerin verweist auf ihr Vorbringen nebst Beweisantritten auf Seite 18 der Klageschrift und auf den Seiten 15 ff. des Schriftsatzes vom 27.04.2004. Zu berücksichtigen sei des Weiteren der erhebliche Unrechtsgehalt der Handlungen der Beklagten sowie auch die finanzielle Leistungsfähigkeit der beiden Beklagten.

Soweit es um den Ersatz ihres materiellen Schadens geht, stützt die Klägerin die Haftung des Beklagten zu 1. auf § 823 Abs 1 BGB und auf § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 223 StGB. Die Haftung der Beklagten zu 2. leitet die Klägerin aus § 628 Abs. 2 BGB ab und führt dazu weiter aus. Die Klägerin macht geltend, dass § 626 Abs. 2 BGB auf ihre Ansprüche gegen den Beklagten zu 1. keine Anwendung finde. Bzgl. der Beklagten zu 2. sei zwar grundsätzlich § 626 Abs. 2 BGB anzuwenden, – hierbei seien jedoch Sinn und Zweck dieser Vorschrift sowie die Vorfälle vom 01.10./02.10.2003 zu berücksichtigen. Sie, die Klägerin, sei durch diese Ereignisse so erheblich beeinträchtigt worden, dass sie ab dem 04.10.2003 arbeitsunfähig gewesen sei (vgl. dazu die von der Klägerin bereits erstinstanzlich zu Bl. 58 d. A. gereichte „Ärztliche Bescheinigung” der Dr. med. M. vom 04.10.2003). Die Klägerin behauptet, dass die Zeugin Dr. M. ihr am 25.10.2003 in einem Gespräch nochmals eindringlich zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses geraten habe. Letztes auslösendes Ereignis für die mit Anwaltsschreiben der Klägerin vom 30.10.2003 (Bl. 478 d. A.) erklärte Kündigung „mit Ablauf des 31.10.2003”) s...

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