Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Kündigung des Verkaufsleiters eines Autohauses bei treuwidriger Schädigung der Arbeitgeberin durch Tauschgeschäft mit Kunden. Abgestufte Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe des gekündigten Arbeitnehmers

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Vereinbart der langjährige Verkaufsleiter und Prokurist eines Autohauses mit einem Neuwagenkunden ein Tauschgeschäft dahingehend, dass der Kunde dem Arbeitnehmer eine Glashütte-Uhr im Wert von etwa 6.000 Euro übereignet und der Arbeitnehmer ihm im Gegenzug einen bei der Arbeitgeberin gekauften Neuwagen mit einem Satz Sommerreifen auf Brabus-Felgen ausstatten lässt, ohne dass dem Kunden dafür irgendwelche Kosten entstehen, und wird dieses Tauschgeschäft vereinbarungsgemäß abgewickelt, stellt allein schon die Tatsache, dass der Arbeitnehmer ein derartiges Geschäft unter Ausnutzung der ihm als Verkaufsleiter zur Verfügung stehenden Möglichkeiten mit einem Kunden der Arbeitgeberin abgeschlossen hat, eine schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar.

2. Im Kündigungsschutzprozess ist die kündigende Arbeitgeberin verpflichtet, alle Umstände darzulegen und zu beweisen, die eine Kündigung begründen, wozu auch die Tatsachen gehören, die einen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund für das Verhalten des Arbeitnehmers ausschließen; nach den Grundsätzen der abgestuften Verteilung der Darlegungs- und Beweislast richtet sich der Umfang der Darlegungs- und Beweislast danach, wie gründlich sich der gekündigte Arbeitnehmer auf die Kündigungsgründe einlässt.

3. Macht der Arbeitnehmer geltend, dass er die einem Kunden überlassenen Felgen aus seinem Privatvermögen gezahlt hat, hat er gemäß § 138 Abs. 2 ZPO die näheren Umstände der Bezahlung durch Tatsachen begründet darzulegen; kann die Arbeitgeberin die wechselnden und widersprüchlichen Angaben des Arbeitnehmers zur Kostenerstattung in jeder Hinsicht widerlegen, kommt der Arbeitnehmer seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nicht nach.

4. Auf die strafrechtliche Bewertung eines Verhaltens kommt es im Hinblick auf die kündigungsrechtliche bedeutsame Pflichtwidrigkeit nicht entscheidend an; erschwerend ist jedoch zu berücksichtigen, wenn die Pflichtverletzung mit der vertraglich geschuldeten Tätigkeit des Arbeitnehmers zusammenhängt, in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem betrieblichen Aufgabenbereich steht und bei Gelegenheit der Arbeitsleistung verübt worden ist.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1-2; BetrVG § 102 Abs. 1; BGB § 314 Abs. 2; ZPO § 138 Abs. 2-3

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 31.10.2013; Aktenzeichen 3 Ca 977/13)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 31. Oktober 2013, Az. 3 Ca 977/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.07.2013.

Der 1967 geborene Kläger ist verheiratet und drei minderjährigen Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er war seit 01.08.1983 bei der Beklagten zu 1) als Pkw-Verkäufer angestellt. Seit 02.01.2000 wurde er als Verkaufsleiter Pkw beschäftigt, ihm war Prokura erteilt. Sein durchschnittlicher Bruttoverdienst betrug zuletzt € 9.681,88 monatlich. Die Beklagte zu 1) beschäftigt in ihrem Betrieb in C-Stadt 70 bis 80 Arbeitnehmer; es besteht ein Betriebsrat. Die Beklagte zu 1) ist eine Kommanditgesellschaft, die Beklagte zu 2) deren Komplementär-GmbH.

Der Kläger war im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 1) Mitgeschäftsführer der zur Unternehmensgruppe der Beklagten gehörenden Fa. A. GmbH, die ua. sportliche Autozubehörteile vertreibt, die nicht vom Hersteller stammen. Zweiter Geschäftsführer war der Kfz-Meister G. M..

Zu den langjährigen Kunden der Beklagten zu 1) zählt der Zeuge B., der - wie der Kläger - exklusive Uhren sammelt. Im März 2010 kaufte der Kläger vom Zeugen B. privat eine goldene Armbanduhr der Manufaktur Glashütte im Wert von ca. € 6.000,00. Als Gegenleistung vereinbarte der Kläger mit dem Zeugen B. ein Tauschgeschäft dahingehend, dass er dessen bei der Beklagten zu 1) gekauften Neuwagen (Mercedes-Benz ML 350 CDI) mit einem Satz Alufelgen der Marke Brabus, incl. Sommerreifen, ausstatten lässt, ohne dass dem Zeugen hierfür Kosten entstehen.

In seiner Eigenschaft als Verkaufsleiter der Beklagten zu 1) sorgte der Kläger dafür, dass der Neuwagen des Zeugen B. in der hauseigenen Werkstatt mit dem gewünschten Felgen-Reifen-Satz ausgestattet und dem Zeugen für diese Leistung keine Rechnung ausgestellt wurde. Hätte der Zeuge den Felgen-Reifen-Satz "offiziell" bestellt und bezogen, hätte ihm die Beklagte zu 1) unter Einschluss aller Lohnarbeiten ca. € 6.500,00 in Rechnung gestellt (Felgen 4 * € 990,00, Reifen (295/40 ZR20 110Y XL Rosso) 4 * € 331,93, Felgenschloss € 70,92, Montage/Auswuchten € 137,48, MwSt. € 1.044,26).

In einem Gespräch vom 01.07.2013 berichtete der Zeuge B. dem Mitg...

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