Leitsatz (amtlich)

Bei der beabsichtigten Kündigung eines ordentlich nicht kundbaren Arbeitnehmers (außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist) hat die Anhörung des Personalrates so zu erfolgen, als wenn eine ordentliche Kündigung erfolgen solle.

 

Normenkette

BAT § 55; BPersVG § 79 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 11.11.1998; Aktenzeichen 2 Ca 1417/98)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.10.2000; Aktenzeichen 2 AZR 627/99)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen/Rhein vom 11.11.1998 – AZ: 2 Ca 1417/98 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision gegen die Entscheidung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung, die der Klägerin, die aufgrund einzelvertraglicher Abrede im Arbeitsvertrag (Bl. 4 d. A.) den Vorschriften des Bundesangestellten-Tarifvertrages (BAT) unterliegt, nicht mehr ordentlich kündbar ist, wegen krankheitsbedingter Fehltage mit einer Auslauffrist zum 30.06.1998 erklärt worden ist.

Die Klägerin hat ihre am 04.06.1998 beim Arbeitsgericht eingehende Klage im Wesentlichen damit begründet, dass die Kündigung schon unwirksam sei, weil dem Kündigungsschreiben keine legitimierende Vollmachtsurkunde für eine Frau R. beigelegen habe, die Kündigung auch deshalb sozial nicht gerechtfertigt sei, weil die tatsächlich vielen Fehltage der Vergangenheit aufgrund einer Behandlung der Klägerin künftig nicht mehr anfallen würden und außerdem der Personalrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei, da er weder über das Geburtsdatum der Klägerin noch über die Beschäftigungsdauer von knapp 34 Jahren informiert worden sei.

Außerdem habe die Beklagte den Personalrat angehört, wie dies bei außerordentlichen Kündigungen der Fall sei, während er hätte wie bei einer ordentlichen Kündigung beteiligt werden müssen.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 15.05.1998 nicht beendet worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bringt vor, dass Gründe für eine krankheitsbedingte Kündigung gegeben seien und dass der Personalrat ordnungsgemäß, § 79 Abs. 3 BPersVG, angehört worden sei, wobei die persönlichen Daten der Klägerin dem örtlichen Personalrat aufgrund eines Schreibens vom 14.10.1996 bekannt gewesen seien und der Personalrat die Kündigungsfristen dem BAT habe entnehmen können.

Eine Unwirksamkeit der Kündigung folge auch nicht aus der Tatsache, dass man den Personalrat zu einer außerordentlichen Kündigung gehört habe, weil der Gesetzgeber die Beteiligungsrechte des Personalrates bei ordentlichen und außerordentlichen Kündigungen bedacht und unterschiedlich ausgestaltet habe.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 11.11.1998 der Klage stattgegeben und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Kündigung nach § 79 Abs. 4 BPersVG deshalb unwirksam sei, weil der Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei. Nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 05.02.1998 – 2 AZR 227/97 – in NZA 98, 771 (775)) müsse bei besonders geschützten Arbeitnehmern die Anhörung des Personalrates bei beabsichtigter außerordentlicher Kündigung in dem Umfange erfolgen, wie sie bei ordentlicher Kündigung erfolgen müsse. Dies sei, um den in der gesetzlichen Regelung liegenden Wertungswiderspruch aufzulösen, zu fordern und deshalb Kündigungen, bei denen diese Maßgabe nicht beachtet würden, die Wirksamkeit zu versagen.

Nach Zustellung des Urteils am 18.12.1998 hat die Beklagte Berufung eingelegt, welche am 04.01.1999 beim Landesarbeitsgericht einging und am 03.02.1999 begründet wurde.

Die Beklagtenseite greift die arbeitsgerichtliche Entscheidung im Wesentlichen damit an, dass das Arbeitsgericht in Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze des Bundesarbeitsgerichtes zur krankheitsbedingten Kündigung zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Fortführung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin eigentlich nicht zumutbar sei.

Die Grundsätze des angeführten Urteils des BAG vom 05.02.1998 seien deshalb nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar, weil es sich hier um einen personenbedingten Kündigungsgrund und dort um einen betriebsbedingten Kündigungsgrund gehandelt habe.

§ 55 Abs. 1 BAT hebe nicht darauf ab, dass im Zusammenhang mit einer fristlosen Kündigung eines unkündbaren Angestellten andere Regelungen zu beachten sein sollen, als diejenigen, die für den Fall der außerordentlichen Kündigung vorgesehen seien. Aus § 55 Abs. 2 BAT, wo Auslauffristen geregelt seien und eine fristlose Kündigung insbesondere aus betrieblichen Erfordernissen ausgeschlossen sei, lasse sich eindeutig entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien bei fristlosen Kündigungen aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen gerade keine Auslauffrist für die Kündigung gewollt hätten, weil sie diese ansonsten in § 55 Abs. 1 BAT aufgenommen hätten.

Die Entscheidung des BAG vom 05.02.1998 sei auf den vorliegenden Falle schon deshalb nicht übertrag...

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