Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung in Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft. Prozesskostenhilfe. Wucher

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hinreichende Erfolgsaussichten im Sinne des § 114 ZPO sind gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers auf Grund seiner Darstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist.

2. Ob eine Vergütungsvereinbarung im Hinblick auf § 138 BGB nichtig ist, bedarf der Feststellung eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung. Dieses kann nicht in Anlehnung an das Niveau der Sozialhilfe oder der Pfändungsschutzvorschriften des § 850c ZPO erfolgen.

 

Normenkette

BGB § 138; ZPO §§ 114, 850c

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Beschluss vom 12.07.2004; Aktenzeichen 6 Ca 280/04 PS)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom12.07.2004 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten eine höhere Vergütung als sie im Arbeitsvertrag der Parteien vereinbart ist.

Der 1965 geborene Kläger ist seit 1990 arbeitslos und bezog zuletzt Sozialhilfe. Am 01.12.2003 schloss er mit der Beklagten – einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft, die, eine gemeinnützige GmbH ist. Im Arbeitsvertrag, wegen dessen Inhalt im Übrigen auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 21.04.2004 zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen wird, ist eine befristete Tätigkeit vom 02.12.2003 bis zum 01.12.2004 „als Arbeiter für Tätigkeiten nach § 19 Abs. 2 und 20 BSHG in der jeweiligen Fassung” bei einer durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit von 38,5 Stunden in der Woche und einer Bruttovergütung von 840,00 EUR monatlich vorgesehen.

Der Kläger arbeitete seinem Wunsch entsprechend auf dem Waldfriedhof in C-Stadt. Die Arbeitsnachweise für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 03.12.2003 bis zum 31.03.2004 weisen als erledigte Arbeit des Klägers für die ersten beiden Monate „Kehren” und an einigen Tagen „Winterdienst” aus. Für die neun Arbeitstage im Februar wird außer „Kehren” an einem Tag „Hecken schneiden” und einmal „Einläufe säubern” genannt. Die acht Arbeitstage, die im Monat März 2004 aufgeführt sind, nennen wiederum das „Kehren” und darüber hinaus „Abfall abfahren” an fünf Tagen.

Der Kläger, der einen Stundenlohn von 5,04 EUR errechnet hat, meint, ihm stehe ein Bruttostundenlohn von 7,50 EUR zu. Mit seiner Klage hat er für den oben genannten streitgegenständlichen Zeitraum diese Vergütung abzüglich der erhaltenen Zahlungen geltend gemacht. Zur Begründung seiner Klage hat er auf die Höhe des Lohnes in der niedrigsten Lohngruppe für Helfer auf dem Bau in Höhe von 10.36 EUR verwiesen sowie auf die Höhe der Sozialhilfesätze und der Pfändungsfreigrenzen. Es liege unter Berücksichtigung dessen ein auffälliges Missverhältnis vor. Er meint, mit der Drohung der Streichung der Sozialhilfe habe er sich in einer Zwangslage befunden, die ausgenutzt worden sei.

Mit Beschluss vom 12.07.2004, der dem Kläger am 13.07.2004 zugestellt worden ist und auf den Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 02.08.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Beschwerde, der das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 05.08.2004 nicht abgeholfen hat.

Zur Begründung trägt der Kläger vor, die von ihm zu verrichtende Tätigkeit beschränke sich nicht auf das Kehren und Abfall abfahren. So sei er regelmäßig eingesetzt beim Rasen mähen, bei Baumfällarbeiten, der Renovierung (Beseitigung von Winterschäden) an Treppen- sowie Bodeneinläufen, der Renovierung von aufgestellten Sitzbänken, der Reparatur von Zäunen, der Reparatur von Rohrbrüchen, der Bepflanzung der Grünanlagen und der Einebnung abgelaufener Grabfelder. Er verrichte damit absolut identische Arbeiten wie dies auch die übrigen beim Städtischen Tiefbauamt fest angestellten Mitarbeiter täten. Diese bezögen jedoch – im Einzelfall differierend je nach den individuellen steuerlichen Merkmalen – einen monatlichen Nettolohn von etwa 1.300,00 EUR. Beispielhaft sei auf die mit Schriftsatz vom 23.08.2004 zur Akte gereichte Lohnbescheinigung eines fest bei der Stadt angestellten Arbeitnehmers mit dem gleichen Tätigkeitsbild wie dem seinen zu verweisen, dem 1.868,58 brutto gezahlt würden, was einem Bruttostundenlohn von rund 11,30 EUR entspreche.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses vom 12.07.2004 ihm für die erste Instanz rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung Prozesskostenhilfe zu gewähren und die unterzeichnenden Rechtsanwälte beizuordnen.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Es sei unzutreffend, dass der Kläger „absolut identische Arbeit” wie die Arbeitnehmer des städtischen Tiefbauamtes verrichtetet habe. Seine Tätigkeiten ergäben sich aus den vorgelegten Arbeitsnachwei...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge