Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Aktivlegitimation des Betriebsrats auf Feststellung von Individualansprüchen. Kündigung von Betriebsvereinbarungen bezüglich betrieblicher Altersversorgung

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Betriebsrat fehlt die Aktivlegitimation, materiell-rechtliche Individualansprüche von Arbeitnehmern auf Leistungen auf betriebliche Altersversorgung, die in vom Arbeitgeber gekündigten Betriebsvereinbarungen begründet sind bzw. waren, in einem Beschlussverfahren klären zu lassen (offen gelassen vom BAG, Beschluss vom 10.03.1992 – 3 ABR 54/91 = AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG –Betriebsvereinbarung–).

 

Normenkette

BetrAVG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Beschluss vom 21.01.1998; Aktenzeichen 8 BV 143/97)

 

Tenor

1) Die Beschwerde des Betriebsrats gegen denBeschluß des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 21. Januar 1998 – 8 BV 143/97 – wird zurückgewiesen.

2) Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit der Kündigungen von Betriebs Vereinbarungen und um den Umfang des Bestandes von individuellen Besitzständen bezüglich Ansprüchen auf betriebliche Altersversorgung.

Der Antragsteller ist der neunköpfige Betriebsrat des Werkes L. der Antragsgegnerin. Die frühere Firma H. wurde zum 1. Dez. 1997 von der Firma S. & H. in I. gem. § 613 a BGB übernommen.

Betriebsrat und Geschäftsleitung der Firma H. schlossen am 25. Jan. 1993 zur Neuordnung der betrieblichen Altersversorgung eine Betriebsvereinbarung, wonach Leistungen auf betriebliche Altersversorgung nicht mehr wie zuvor von einer Unterstützungskasse, sondern grundsätzlich vom Betrieb selbst erbracht werden (vgl. Bl. 8–23 d.A.). Die frühere Firma H. hat im Jahre 1988 die Firma B. -D. AG übernommen. Mit Betriebsvereinbarung vom 15. Febr. 1989 beschlossen damals die Betriebspartner, daß auch die übernommenen Arbeitnehmer der Firma B. -D. AG dem Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung vom 25. Jan. 1983 unterfallen.

Die Arbeitgeberin kündigte mit Schreiben vom 27. Febr. 1996 (Bl. 30 u. 31 d.A.), auf deren Inhalt hiermit Bezug genommen wird, beide Betriebsvereinbarungen zum 31. Mai 1996. Mit Schreiben vom 22. Mai 1996 äußerte der Betriebsrat Zweifel, ob mit den genannten Schreiben die Betriebsvereinbarungen tatsächlich gekündigt seien oder ob die Arbeitgeberin darin die Versorgungszusagen widerrufen wollte. Anfang des Jahres 1996 waren etwa 440 Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt. 30 dieser Arbeitnehmer hatten noch Einzelzusagen auf Leistungen aus betriebliche Altersvorgung.

Der Betriebsrat hat vorgetragen:

Den Schreiben des Arbeitgebers vom 27. Febr. 1996 sei nicht eindeutig zu entnehmen, ob sie eine Kündigung oder einen Widerruf beinhalten. Eingriffe in künftige Steigerungsraten seien ohnehin nicht ohne weiteres zulässig. Bei einem neuen Leistungsplan müßte jedoch der Betriebsrat beteiligt werden. Da noch weitere Versorgungszusagen im Zuständigkeitsbereich des Betriebsrates bestünden, sei es rechtsmißbräuchlich, sich auf etwaige Kündigungen zu berufen.

Zumindest lägen keine Gründe vor, wonach der Eingriff in künftige Steigerungsraten bei den der Betriebsvereinbarung unterworfenen Arbeitnehmern gerechtfertigt sei. Die Arbeitgeberin übernehme übermäßige Kosten im Konzern. Die Unternehmens Strukturen seien so angelegt, daß der Betrieb als solcher wirtschaftlich nicht rentabel erscheine, was jedoch tatsächlich nicht der Fall sei.

Der Betriebsrat hat beantragt,

  1. festzustellen, daß die Kündigung der Betriebs Vereinbarung über die Versorgungsordnung zu Leistungen der betrieblichen Altersversorgung vom 25. Jan. 1983 und die Kündigung der Betriebsvereinbarung über die betriebliche Altersversorgung vom 15. Febr. 1989 für frühere Mitarbeiter der B. -D. AG (Werk F.) vom 27. Febr. 1996 rechtsunwirksam sind;
  2. hilfsweise festzustellen, daß durch die Kündigungen vom 27. Febr. 1996 in die individuellen Besitzstände, bestehend aus den bis zum 31. Mai 1996 erworbenen Anwartschaften einschließlich der dienstzeitabhängigen künftigen Steigerungen der betrieblichen Ruhegeldempfänger und der bis zum 31. Mai 1996 bei der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer nicht eingegriffen wurde.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Nach seiner Ansicht seien beide Anträge unzulässig. Der Hauptantrag richte sich nicht auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, sondern lediglich auf die Klärung einer Vortrage. Er sei auch unbegründet, weil die beiden Schreiben vom 27. Febr. 1996 eindeutig und klar Kündigungserklärungen darstellten. Als Arbeitgeberin sei sie berechtigt, Betriebsvereinbarungen unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen, ohne daß sie hierfür Gründe angeben müsse.

Bezüglich des Hilfsantrages fehle dem Betriebsrat das Rechtsschutzinteresse. Dieser sei nicht aktivlegitimiert, für einzelne Arbeitnehmer deren individualrechtlichen Rechte im Beschlußverfahren klären zu lassen. Ansonsten bestünde die Gefahr, daß unterschiedliche Entscheidungen in den einzelnen Individualverfahren und im Beschlußverfahren getroffen würden. Obwo...

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