Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang. Kantinenbewirtschaftung

 

Leitsatz (amtlich)

Es liegt kein Betriebsübergang auf den neuen Betreiber einer Werkskantine vor, wenn dieser nicht mehr selbst vor Ort Speisen frisch zubereitet und keine Köche mehr einsetzt, sondern nur noch zentral zubereitete Speisen aufgewärmt und ausgegeben werden und sich hierdurch der Personalbedarf halbiert und auf Hilfspersonal beschränkt. Es fehlt diesbezüglich an der Wahrung der betrieblichen Identität des Kantinenbetriebs.

 

Normenkette

BGB § 613a

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Urteil vom 14.12.2007; Aktenzeichen 3 Ca 1067/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.12.2009; Aktenzeichen 8 AZR 1019/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 14.12.2007, Az.: 3 Ca 1067/07, wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses.

Die am 24.09.1979 geborene Klägerin ist bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin ab dem 05.08.2002 als Küchenhilfe beschäftigt und bezog zuletzt eine Bruttomonatsvergütung in Höhe von EUR 1.280,–.

Sie befindet sich seit dem 07.12.2003 wegen der Geburt dreier Kinder fortlaufend in Mutterschutz bzw. Elternzeit; dies zumindest noch bis September 2009.

Die Beklagte bewirtschaftete bis zum 31.12.2006 auf der Basis der schriftlichen Vereinbarungen vom 11.11.1996 und 01.12.2002 (Kopien Bl. 86 – 89 d.A.) drei Betriebsrestaurants der örtlichen F. Niederlassung an drei unterschiedlichen Standorten im Würzburger Raum. Entsprechend der Regelung in § 3 Abs. 4 der Vereinbarung vom 11.11.1996, in den Kantinenbetrieben selbst zubereitete Speisen anzubieten, setzte die Beklagte für die frische Zubereitung der Speisen vor Ort jeweils einen Koch und ein bis zwei Küchenhilfen ein. Die Firma F. AG kündigte das Vertragsverhältnis mit der Beklagten zum 31.12.2006. Mit Wirkung ab dem 01.01.2007 übernahm die Firma B. die Bewirtschaftung der drei Betriebsrestaurants. Von dieser Firma werden jedoch keine Speisen mehr vor Ort frisch zubereitet sondern in ihrer Menü-Manufaktur zentral vorgefertigte Speisen lediglich in den Kantineküchen in einem sogenannten Konvektomaten aufgewärmt und anschließend ausgegeben. Dementsprechend werden von dieser Firma in den Küchen keine Köche mehr eingesetzt sondern ausschließlich Küchenhilfspersonal.

Die Firma B. teilte der Beklagten mit Schreiben vom 20.11.2006 (Kopie Bl. 6 d.A.) mit, dass aufgrund des geänderten Küchen- und Bewirtschaftungssystems und der damit zusammenhängenden unterschiedlichen Qualifikation des erforderlichen Personals von keinem Betriebsübergang ausgegangen werden könne. Die Beklagte ihrerseits teilte den in den Betriebsrestaurants eingesetzten Mitarbeitern mit Schreiben vom 27.11.2006 (Kopie Bl. 7 d.A.) mit, dass zum 01.01.2007 ein Betriebsübergang auf die Firma B. stattgefunden habe. Sie kündigte die Arbeitsverhältnisse der bisher eingesetzten drei Köche/Köchinnen und empfahl den drei eingesetzten Küchenhilfskräften, ihre Arbeitskraft ab dem 01.01.2007 der neuen Betreiberin anzubieten. Dies teilte sie der Firma B. mit Schreiben vom 12.12.2006 (Kopie Bl. 4, 5 d.A.) mit und verwies in diesem Schreiben auch auf den Übergang des Arbeitsverhältnisses der in Elternzeit befindlichen Klägerin.

Nachdem sich die Firma B. der Klägerin gegenüber geweigert hatte, sie nach dem Ende der Elternzeit weiterzubeschäftigen, hat die Klägerin mit ihrer am 29.05.2007 beim Arbeitsgericht Würzburg eingereichten Klage den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten geltend gemacht.

Der Firma B. (künftig: Beigetretene) hat sie mit Schriftsatz vom 10.10.2007 den Streit verkündet. Diese Firma ist daraufhin seitens der Klägerin dem Rechtsstreit beigetreten.

Wegen der Anträge der Parteien und ihres näheren Vorbringens im erstinstanzlichen Verfahren wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Würzburg hat mit Endurteil vom 14.12.2007 der Klage stattgegeben.

Gegen das dem damaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 14.01.2008 zugestellte Urteil hat der nunmehrige Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 16.01.2008, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingegangen am 17.01.2008, Berufung eingelegt und sie innerhalb der bis 14.04.2008 verlängerten Begründungsfrist mit Schriftsatz vom 07.04.2008, beim Landesarbeitsgericht Nürnberg eingegangen am 08.04.2008, begründet.

Die Beklagte meint, das Arbeitsverhältnis der Klägerin sei mit Wirkung zum 01.10.2007 auf die neue Betreiberin der Betriebsrestaurants übergegangen, denn es habe zu diesem Zeitpunkt ein Betriebsübergang stattgefunden, dem die Klägerin nicht widersprochen habe. Die neue Betreiberin habe die Bewirtschaftung der drei Werkskantinen zu identischen Vertragsbedingungen übernommen. Die Öffnungszeiten, Betriebsabläufe und Angebotspaletten seien im Wesentlichen unverändert geblieben. Eine nennenswerte Änderung habe sich lediglich daraus ergeben, da...

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