Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütung von Raucherpausen. Unbegründete Zahlungsklage bei unzureichenden Darlegungen des Arbeitnehmers zur Entstehung einer betrieblichen Übung

 

Leitsatz (amtlich)

Hat der Arbeitgeber während sog. Raucherpausen, für die die Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz jederzeit verlassen durften, das Entgelt weitergezahlt, ohne die genaue Häufigkeit und Dauer der jeweiligen Pausen zu kennen, können die Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, dass der Arbeitgeber diese Praxis weiterführt. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung entsteht nicht.

 

Normenkette

BGB §§ 151, 242, 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Würzburg (Entscheidung vom 03.03.2015; Aktenzeichen 10 Ca 996/14)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 03.03.2015, Az 10 Ca 996/14, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger weiterhin ein Anspruch auf Bezahlung der von ihm in Anspruch genommenen Raucherpausen zusteht.

Der Kläger ist im Betrieb der Beklagten in G... seit 02.05.1995 als Lagerarbeiter, seit 01.12.2009 als Staplerfahrer, zuletzt zu einer monatlichen Bruttovergütung von 2119,- € beschäftigt. Er ist stellvertretender Betriebsratsvorsitzender des im o.g. Betrieb gebildeten Betriebsrats (vgl. Blatt 82 d.A.).

Bereits seit vielen Jahren hatte sich im Betrieb der Beklagten in G... eingebürgert, dass die Beschäftigten zum Rauchen ihren Arbeitsplatz verlassen, ohne am Zeiterfassungsgerät ein- bzw. auszustempeln. Dementsprechend wurde für diese Raucherpausen auch kein Lohnabzug vorgenommen.

Unter dem 20.12.2006 erließ die Beklagte eine Betriebsanweisung "an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Leergutabteilung". Darin heißt es:

Im Sinne der Gesundheitsreform (Nichtraucherschutzgesetz) ist der Arbeitgeber verpflichtet, Nichtraucher vor Rauchern zu schützen.

Daher ist ab sofort das Rauchen in den Pausen und generell während der Arbeitszeit im Aufenthaltsraum sowie in den Toiletten und im gesamten Hallenbereich verboten!

Für die Raucher wurde eine Raucherinsel am Haupteingang in der Nähe der Stechuhr geschaffen. Nur an diesem Platz ist Rauchen erlaubt.

Am 25.07.2007 erließ die Beklagte eine weitere Betriebsanweisung. Dort ist u.a. ausgeführt:

Aus gegebenem Anlass weisen wir darauf hin, dass das Rauchen nur an den ausgewiesenen Raucherinseln erlaubt ist.

Es ist verboten

- auf den vorhandenen Rampen (diese gehören zum Lagerbereich)

- innerhalb des gesamten Lagerbereiches (speziell frühere Bananenreiferei)

- während der Arbeitszeiten in den Sozialräumen und Toiletten

zu rauchen.

Am 04.12.2012 schlossen die Betriebsparteien eine Betriebsvereinbarung über das Rauchen im Betrieb (künftig BV-Rauchen). In der Präambel heißt es:

Der Arbeitgeber hat gemäß § 5 ArbStättV die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt sind.

Die folgende Regelung hat die Aufgabe, die gesundheitlichen Gefährdungen durch Tabakrauch am Arbeitsplatz zu vermeiden und zum anderen rauchenden Beschäftigten weiterhin die Möglichkeit zu geben, zu rauchen, wenn dadurch die Interessen der Nichtraucher nicht beeinträchtigt werden.

Zudem soll eine Gleichbehandlung aller Mitarbeiter durch die nachfolgenden Regelungen gewährleistet werden.

Ziffer 2. Absatz 2 der BV-Rauchen lautet:

Rauchen ist nur in den speziell ausgewiesenen Raucherzonen, die in der Anlage vermerkt sind, erlaubt.

Ziffer 3. der BV-Rauchen lautet:

"Rauchpausen"

Beim Entfernen vom Arbeitsplatz zum Rauchen sind die nächstgelegenen Zeiterfassungsgeräte gem. Anlage zum Ein- und Ausstempeln zu benutzen.

Rauchen ist während der normalen Pausen und ansonsten erlaubt, solange wie bisher betriebliche Belange nicht beeinträchtigt werden.

Die BV-Rauchen trat zum 01.01.2013 in Kraft.

Für den Monat Januar 2013 wurden dem Kläger 210 Minuten für Raucherpausen von der Arbeitszeit abgezogen und nicht vergütet. Der Kläger errechnet insoweit einen "Fehlbetrag" in Höhe von 44,41 € brutto. Für den Monat Februar wurden dem Kläger 96 Minuten ("Fehlbetrag": 20,30 € brutto) und für März 572 Minuten ("Fehlbetrag": 120,96 € brutto) für Raucherpausen abgezogen.

Der Kläger erhob am 11.07.2014 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht Würzburg, mit der er restliche Vergütung für die Monate Januar bis März 2013 verlangt.

Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien sowie der Antragstellung wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts verwiesen (Blatt 119-121 der Akten).

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Endurteil vom 03.03.2015 abgewiesen. Eine Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch sei nicht erkennbar. Insbesondere lägen die Voraussetzungen für eine betriebliche Übung nicht vor. Der Kläger habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass künftig keine Lohnabzüge wegen der Inanspruchnahme einer Raucherpause vorgenommen würden. Nach dem Vorbringen des Klägers hielten d...

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