Entscheidungsstichwort (Thema)

Interessenausgleich und Sozialplan bei Betriebsänderung;. sonstiges

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine mitbestimmungspflichtige Betriebsänderung liegt auch dann vor, wenn befristet eingestellten Arbeitnehmern vor Ende der Befristung gekündigt wird und insgesamt die Grenzen des § 17 Abs. 1 KSchG überschritten werden.

2. Sind die Entlassungen durchgeführt, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis mehr für den Antrag auf Einsetzung einer Einigungsstelle, wenn ein Sozialplan nach § 112a BetrVG nicht erzwungen werden kann. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der mündlichen Anhörung vor dem Beschwerdegericht.

 

Normenkette

BetrVG §§ 111-112, 112a; ArbGG 98

 

Verfahrensgang

ArbG Nürnberg (Entscheidung vom 09.05.2001; Aktenzeichen 15 BV 37/01)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 09.05.2001, Gz.: 15 BV 37/01, abgeändert. Der Antrag wird zurückgewiesen.

2. Die Anschlussbeschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Einsetzung einer Einigungsstelle mit der Regelungsthematik Interessenausgleich und Sozialplan für die Betriebsänderung bei der Antragsgegnerin (Personalabbau zur Anpassung der Personalstärke an den Auftragsbestand).

Antragsteller ist der Betriebsrat der Antragsgegnerin. Diese beschäftigte in ihrem Betrieb in Nürnberg 147 Mitarbeiter. 25 Mitarbeiter befinden sich in einem befristeten Beschäftigungsverhältnis. Am 27.02.2001 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, es sei ein Abbau von 48 Beschäftigten geplant. Von den im Februar 2001 beschäftigten 142 Mitarbeitern seien zunächst 32 Mitarbeiter von der Betriebsänderung betroffen. Bei 4 Mitarbeitern würden die bis 31.03.2001 befristeten Arbeitsverträge nicht verlängert. 17 Mitarbeiter mit befristeten Arbeitsverträgen werde gekündigt. Ferner sollten 11 Mitarbeiter mit unbefristeten Arbeitsverträgen entlassen werden. Zwischen den Beteiligten wurden Interessenausgleichsverhandlungen geführt. Zuletzt wurde von der Antragsgegnerin erklärt, dass ein Personalabbau lediglich in der Größenordnung von 32 Arbeitnehmern erfolgen werde. Die Verhandlungen zwischen den Beteiligten führten zu keinem Ergebnis. Die betreffenden Arbeitnehmer sind zwischenzeitlich entlassen. Ein Arbeitnehmer hat gegen seine Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben. Die anderen Kündigungen sind erledigt.

Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, die Maßnahme erschöpfe sich nicht im reinen Personalabbau. Es seien vielmehr Umsetzungen und Versetzungen geplant. Eine analytische Arbeitsbewertung solle durchgeführt werden, Arbeitsabläufe würden geändert und es seien Zeiten der Betriebsruhe geplant worden. Der Antragsteller strebe insoweit Kurzarbeit an.

Der Antragsteller hat erstinstanzlich beantragt:

  1. Zur/Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit der Regelungsthematik Interessenausgleich und Sozialplan für die Betriebsänderung bei der Antragsgegnerin (Personalabbau zur Anpassung der Personalstärke an den Auftragsbestand) wird eine Richterin/ein Richter aus der Arbeitsgerichtsbarkeit bestellt, vorbehaltlich der zu erteilenden Nebentätigkeitsgenehmigung.
  2. Die Zahl der von den Beteiligten jeweils zu benennenden Beisitzer wird auf 3 festgesetzt.

Die Antragsgegnerin hat erstinstanzlich

Zurückweisung des Antrags beantragt.

Sie hält die Einigungsstelle für offensichtlich unzuständig. Für die Frage, ob eine Betriebsänderung vorliege, komme es lediglich auf die 11 unbefristeten Arbeitsverhältnisse an. Eine Einigungsstelle über den Interessenausgleich sei überflüssig, da der Antragsteller ausdrücklich erklärt habe, keinen Interessenausgleich unterschreiben zu wollen, der betriebsbedingte Kündigungen enthalte. Zudem seien zwischenzeitlich alle Kündigungen ausgesprochen worden, so dass kein Bedarf für die Bildung einer Einigungsstelle mehr bestehe. Es bestehe auch keine Sozialplanpflicht.

Das Arbeitsgericht Nürnberg hat dem Antrag mit Beschluss vom 09.05.2001 stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, eine Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig. Es seien mehr als 5 % der Belegschaft betroffen, da auch diejenigen Arbeitnehmer zu berücksichtigen seien, deren Arbeitsverhältnis zwar befristet gewesen sei, denen jedoch ebenfalls gekündigt worden sei. Soweit vorgetragen werde, der Betriebsrat habe sich geweigert, betriebsbedingten Kündigung zuzustimmen, sei es gerade Aufgabe der Einigungsstelle, verhärtete Positionen aufzuweichen. Die Kündigungen könnten zwar nicht einseitig von der Antragsgegnerin zurückgenommen werden. Im Interessenausgleich könne aber einigen Arbeitnehmern veränderte Arbeitsangebote gemacht werden oder angeboten werden, die Kündigungen zurückzunehmen. Möglich seien auch Teilzeitbeschäftigungen gerade vor dem Hintergrund des neuen Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Ein Sozialplan könne zwar nicht erzwungen werden. Es bestehe jedenfalls aber ein Anspruch, über einen Sozialplan zu verhandeln. 2 Besitzer seien angemessen.

Gegen den beiden Beteiligten am 23.05.2001 zugestellt...

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