Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. uneigentlicher Hilfsantrag. Kündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein unechter (uneigentlicher) Hilfsantrag ist bei der Wertfestsetzung der Anwaltsgebühren auch dann zu berücksichtigen, wenn eine Entscheidung über diesen Antrag nicht ergeht (hier: Weiterbeschäftigung nach Kündigung).

 

Normenkette

GKG § 45; RVG § 32

 

Verfahrensgang

ArbG Bayreuth (Beschluss vom 23.01.2008; Aktenzeichen 1 Ca 1280/07)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Klägervertreter wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bayreuth vom 23.01.2008 – Az.: 1 Ca 1280/07 – in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 31.01.2008 teilweise abgeändert.

2. Der Streitwert wird auf EUR 6.300,– festgesetzt.

3. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

1. Die Beschwerde ist, soweit im Hinblick auf die teilweise Abhilfeentscheidung durch das Beschwerdegericht noch zu befinden ist, nur zum geringen Teil begründet. Das Arbeitsgericht hat den Wert des Weiterbeschäftigungsantrages zu Unrecht nicht berücksichtigt. Allerdings hat es den Wert des Zeugniserteilungsanspruches als bei weitem zu hoch angesetzt. Es rechtfertigt sich – über den nicht angegriffenen Vergleichswert ist nicht zu befinden – unter Berücksichtigung des in der Abhilfeentscheidung zutreffend angesetzten Wertes für die Klage gegen die Kündigung einschließlich des wirtschaftlich identischen Fortbestehensantrages ein Streitwert in Höhe von 6.300,– EUR.

2. Die fristgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ist der Beschwerdewert angesichts dessen, dass die Klägervertreter statt des ursprünglich festgesetzten Streitwertes von 3.000,– EUR die Festsetzung von 7.500,– EUR beantragt haben, erreicht; insoweit kommt es auf das Verhältnis zur Ausgangsentscheidung an.

3. Hinsichtlich des Zeugniserteilungsanspruches hat das Arbeitsgericht sein bei der Streitwertfestsetzung gegebenes Ermessen überschritten. Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht nicht zwischen dem bloßen Zeugniserteilungsanspruch, über den in der Regel kein Streit zwischen den Parteien besteht und dessen Wert sich im Erhalt eines Titels erschöpft, und einem Zeugnisberichtigungsanspruch unterschieden. Dies ist jedoch erforderlich. Die bloße Erteilung des Arbeitszeugnisses sagt nichts über den Inhalt aus. Ist der Arbeitnehmer mit dem Inhalt des Zeugnisses nicht einverstanden, muss er einen gesonderten Berichtigungsanspruch geltend machen. Wäre die Auffassung des Arbeitsgerichts und etlicher anderer Gerichte richtig, müsste beim Streit über den Zeugnisinhalt derselbe Wert auch für diesen Berichtigungsanspruch – der doch auf dasselbe Arbeitszeugnis gerichtet ist – nochmals festgesetzt werden. Schon dies zeigt, dass Erteilung und Berichtigung nicht dasselbe sein können. Es erscheint daher als gerechtfertigt, den Wert des reinen Erteilungsanspruches, der an sich gar nicht streitig ist, so dass er sich auf das Titulierungsinteresse erstreckt, auf 300,– EUR zu beschränken (ähnlich LAG Köln vom 22.10.2007, 2 Ta 279/07; LAG Hamm vom 14.07.2007, 6 Ta 145/07; LAG Düsseldorf vom 06.07.2006, 6 Ta 371/06; LAG Sachsen-Anhalt vom 27.09.2005, 11 Ta 162/05; LAG Nürnberg vom 15.02.2005, 8 Ta 26/05; LAG Nürnberg vom 19.07.2004, 6 Ta 60/04; LAG Nürnberg vom 02.12.2003, 9 Ta 190/03, sämtlich zitiert nach juris; LAG Hamburg vom 12.01.1998, 4 Ta 28/97 LAGE § 3 ZPO Nr. 9; LAG Thüringen vom 14.11.2000, 8 Ta 134/00, MDR 2001, 538; LAG Hessen vom 09.07.2003, 15 Ta 123/03, LAGE § 10 BRAGO Nr. 15, jeweils mit weiteren Nachweisen; a.A. z.B. Wenzel in GK-ArbGG § 12 Rn. 352; auch Koch in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 8. Aufl. 2008, § 12 ArbGG Rn. 33). Angemessen ist angesichts dessen, dass es vorliegend allein um das Titulierungsinteresse eines unstreitig bestehenden Anspruches ging, ein Wert von 300,– EUR.

4. Mit Recht rügen die Klägervertreter allerdings, dass das Arbeitsgericht auch im Nichtabhilfebeschluss den Wert des unechten Hilfsantrages auf Weiterbeschäftigung nicht mit einem zusätzlichen Monatsgehalt berücksichtigt hat. Die bis 30.06.2004 geltende Vorschrift des § 19 Abs. 1 S. 2 GKG, die bei Hilfsanträgen den Anfall von Gerichtsgebühren davon abhängig gemacht hat, dass eine Entscheidung über diese Hilfsanträge erging, war für die Berechnung der Anwaltsgebühren entgegen einer weit verbreiteten Ansicht nicht anzuwenden. Nach § 8 Abs. 1 BRAGO in der bis zum 30.06.2004 geltenden Fassung richtete sich der Wert der Anwaltsgebühren zwar nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Dies galt unabhängig davon, ob die Gerichtsgebühren letztlich erhoben wurden, etwa auch bei Klagerücknahme oder beim Vergleich. § 19 Abs. 1 S. 2 GKG ist dieser Situation einer Klagerücknahme oder eines Vergleichsabschlusses vergleichbar. Die Vorschrift privilegierte die Parteien deswegen, weil eine Gerichtsentscheidung über die Anträge nicht veranlasst war. Für die Berechnung der Anwaltsgebühren ist aber ähnlich wie bei Klagerücknahme oder Vergleich darauf abzustellen, ob ein gesonderter zusätzlicher Anspruch geltend gemacht war, für...

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