Leitsatz (amtlich)

Der § 3 des Tarifvertrages über Sonderzahlungen für die Nds. Metallindustrie hat nicht zur Anspruchsvoraussetzung, daß der Arbeitnehmer im Kalenderjahr eine Arbeitsleistung erbracht haben muß. Dieses ergibt sich weder aus dem Gesamtzusammenhang des Tarifvertrages noch aus der Tarifgeschichte.

§ 2 Abs. 4 des Tarifvertrages stellt lediglich eine Berechnungsvorschrift dar und stellt keine zusätzlichen Anspruchs Voraussetzungen auf. Der Berechnung sind deshalb die tatsächlich zuletzt abgerechneten drei Monate zugrunde zu legen, in denen ein Entgelt errechnet wurde. Diese Monate können gegebenenfalls auch über ein Jahr zurückliegen.

 

Normenkette

BGB § 611; MTV für d. gewerbl. AN in der Nds. Metallindustrie; TV über Sonderzahlungen für die Nds. Metallindustrie

 

Verfahrensgang

ArbG Braunschweig (Urteil vom 04.08.1993; Aktenzeichen 2 Ca 270/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.10.1995; Aktenzeichen 10 AZR 985/94)

 

Tenor

Auf die Berufung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 04.08.1993, Az.: 2 Ca 270/93, teilweise abgeändert unter Zurückweisung der Berufung im übrigen.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 1.829,57 brutto nebst 4 % Zinsen auf den Nettobetrag seit dem 30.04.1993 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 1/19, die Beklagte zu 18/19.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit der Klage die Zahlung der Sonderzuwendung für das Jahr 1992.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit Anfang Juni 1985 als Maschinenarbeiter beschäftigt.

Der Kläger ist Mitglied der …, die Beklagte Mitglied des …

Der Kläger erhielt bei der Beklagten die Vergütung nach § 9 a des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer in der niedersächsischen Metallindustrie vom 18.05.1990 (MTV), also ein Monatsentgelt. Der Kläger wurde arbeitsunfähig krank ab dem 10.04.1989.

Seit dem 01.04.1990 bezieht der Kläger eine Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit, die zunächst bis 31.05.1992 befristet war und bis 31.05.1994 verlängert wurde.

Die letzten vollständig abgerechneten Monate beim Kläger waren die Monate Januar, Februar und März 1989. Der Kläger erhielt hierfür Verdienstabrechnungen, aus denen sich für den Monat Januar 1989 ein Bruttoentgelt in Höhe von 3.385,20 DM ergibt, für den Monat Februar 1989 eine Summe von 3.365,56 DM brutto sowie für den Monat März 1989 eine Summe in Höhe von 3.755,21 DM brutto. Der Kläger erhielt unter anderem vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 52,00 DM monatlich sowie ein Fahrgeld nach Sozialplan, das in den Monaten unterschiedlich war. Auch diese beiden Beträge sind im Bruttomonatsentgelt enthalten. Wegen des Inhalts der Verdienstabrechnungen wird auf diese (Bl. 86 bis 91 d. A.) verwiesen.

Der Kläger vertritt die Auffassung, daß er für das Jahr 1992 einen Anspruch auf die Sonderzahlung habe gemäß dem Tarifvertrag über Sonderzahlungen für die niedersächsische Metallindustrie vom 27.05.1992 (TV Sonderzahlung).

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß er die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 des TV Sonderzahlung erfülle. Nicht erforderlich sei, daß er im Kalenderjahr tatsächlich Arbeitsleistung erbracht habe.

Die Höhe der Sonderzahlung richte sich nach dem Leistungsgrad in der Abteilung im Jahre 1992. Hilfsweise seien für den Berechnungszeitraum die letzten vollständig abgerechneten drei Monate zugrunde zu legen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von DM 1.994,52 brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag seit Klagzustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, daß ein Anspruch auf Sonderzahlung dem Grunde nach nicht bestehe, da der Anspruch voraussetze, daß der Arbeitnehmer eine nicht unerhebliche Arbeitsleistung in dem Kalenderjahr erbracht habe. Die Tarifvertragsparteien hätten auch bei Abschluß des TV Sonderzahlung diese gefestigte Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes bei Neuabschluß zugrunde gelegt, so daß selbst bei Änderung der Rechtsprechung dieses Tatbestandsmerkmal zu beachten sei.

Im übrigen hat die Beklagte die Auffassung vertreten, daß ein Anspruch auf Sonderzahlung bereits deshalb nicht bestehen könne, weil der Kläger vor Auszahlung der Sonderzahlung keinen Verdienst erzielt habe, selbst im gesamten Jahr 1992 keinerlei Vergütung von der Beklagten bekommen habe. Da der Tarifvertrag bei der Berechnung aber auf die Höhe des abgerechneten Lohnes innerhalb der letzten drei Monate vor Auszahlung der Leistung abstelle, sei der Anspruch mit Null zu bewerten.

Das Arbeitsgericht Braunschweig hat durch Urteil vom 04.08.1993 die Klage abgewiesen, die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt und den Streitwert in Höhe der Klagforderung festgesetzt.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, daß ein Anspruch nach dem TV Sonderzahlung nicht bestehe. Es könne dahinstehen, ob grundsätzlich ein Arbeitnehmer im gesamten Jahr nicht oder nur unerheblich gearbeitet haben müsse. Der Anspruch sei berei...

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