Leitsatz (amtlich)

1. Auch durch langjährige Tätigkeit auf einer Krankenhausstation erwirbt die Leitende Stationsschwester keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Beschäftigung auf dieser Station.

2. Eine Umsetzung entspricht billigem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB, wenn die neue Tätigkeit tariflich gleichwertig ist, schutzwürdige Interessen der Arbeitnehmerin nicht berührt werden und nach dem Vortrag des Arbeitgebers Willkür ausgeschlossen ist. Unter diesen Voraussetzungen reicht auch streitiger Vortrag für die Feststellung des billigen Ermessens aus.

 

Normenkette

BGB § 315

 

Verfahrensgang

ArbG Emden (Urteil vom 20.01.1994; Aktenzeichen 1 Ca 973/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.04.1996; Aktenzeichen 5 AZR 1031/94)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Emden vom 20.1.1994, 1 Ca 973/93, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 4.700,– DM festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit einer Änderungskündigung vom 08.09.1993, hilfsweise die Feststellung, daß ihre Versetzung von Station VIII auf Station V unwirksam ist und sie als Stationsleiterin der Station VIII weiterzubeschäftigen ist.

Die Klägerin wurde am 01.04.1962 im Krankenhaus, damals in der Trägerschaft des … eingestellt, ab 01.01.1970 ging das Krankenhaus in die Trägerschaft des Beklagten über. Die Klägerin wurde gemäß Arbeitsvertrag vom 17.01.1970 (Bl. 3 d.A.) vom Beklagten übernommen. Etwa 26 Jahre oblag der Klägerin die Stationsleitung der Station VIII, die 24 Betten umfaßt und auf der Patienten mehrerer Fachgebiete betreut werden. Mit Schreiben vom 08.09.1993 setzte der Beklagte aus „dienstlichen Gründen” die Klägerin mit Wirkung vom 01.11.1993 als Stationsleiterin auf die Station V um. Diese Umsetzung, die die Klägerin als Änderungskündigung wertet, ist Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Auf der Station V, 36 Betten, werden Patienten aus dem Fachbereich Knochenchirurgie betreut.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Beklagte habe mit Schreiben vom 08.09.1993 eine Änderungskündigung ausgesprochen, die sozial nicht gerechtfertigt sei. Im übrigen sei der Personalrat nicht gehört worden, dieser habe auch nicht der Versetzung zugestimmt.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, daß die Änderungskündigung vom 08.09.1993 sozial nicht gerechtfertigt ist,

hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin weiterhin als Stationsleiterin auf Station VIII des Kreiskrankenhauses zu den bisherigen Bedingungen zu beschäftigen.

Der beklagte Landkreis hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf Tenor und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Mit Berufung trägt die Klägerin vor, das Schreiben vom 08.09.1993 enthalte eine unwirksame Änderungskündigung. Im übrigen könne die Umsetzung nicht auf das Direktionsrecht gestützt werden, durch 26jährige Tätigkeit auf der Station VIII habe sich das Arbeitsverhältnis so konkretisiert, daß die Umsetzung nicht mehr vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt sei. Schließlich sei die getroffene Maßnahme unbillig im Sinne des § 315 BGB. Zu berücksichtigen sei insoweit, daß es sich bei der Station VIII um eine gemischte Station für alle Patienten handele, die Station V dagegen nur Chirurgiepatienten umfasse. Gründe für eine Umsetzung bestünden nicht.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und

  1. festzustellen, daß die Änderungskündigung vom 08.09.1993 sozial nicht gerechtfertigt ist,
  2. hilfsweise festzustellen, daß die Versetzung der Klägerin von der bisherigen Station VIII als Stationsleiterin zur Station V unwirksam ist und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin weiterhin als Stationsleiterin auf Station VIII des Kreiskrankenhauses zu den bisherigen Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er trägt vor, er habe eine wirksame Umsetzung vorgenommen, und zwar aufgrund des ihm zustehenden Direktionsrechts. Eine Konkretisierung durch langjährige Tätigkeit sei zu verneinen. Für die Umsetzung hätten auch sachliche Gründe bestanden. Bei der Klägerin hätten Schwächen in der Gestaltung der Dienstpläne bestanden, Dienstpläne hätten angepaßt und korrigiert werden müssen, die Urlaubsplanung sei unvollständig gewesen. Weiterhin festzustellen gewesen seien Mängel in der Mitarbeiterführung. Die Klägerin habe ärztliche Anweisungen an das unterstellte Personal nicht weitergegeben bzw. nicht ausreichend dokumentiert. Dies habe das Verhältnis der Ärzte zu den übrigen Pflegekräften belastet und im übrigen auch dazu geführt, daß 6 Pflegekräfte 1993 Umsetzungsanträge gestellt hätten. Das Auswechseln der Stationsleitung auf Station VIII habe im übrigen dem eindeutigen Votum aller auf der Station tätigen Chefärzte entsprochen. Ergänzend wird wegen des zweitinstanzlichen Beklagtenvorbringens Bezug genommen auf die ...

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