Entscheidungsstichwort (Thema)

Entschädigung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG besteht nur dann, wenn ein behinderter Beschäftigter wegen seiner Behinderung benachteiligt worden ist. Wird die – wie auch immer begründete – Vermutung, dass eine Benachteiligung wegen einer Behinderung erfolgt ist, widerlegt, liegt nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut keine Grundlage für die Feststellung einer Benachteiligung und damit auch kein Rechtsgrund für eine Entschädigung vor (vlg. auch BVerwG Beschl. v. 22.02.2008 – 5 B 209/07).

 

Normenkette

AGG § 15

 

Verfahrensgang

ArbG Nienburg (Urteil vom 14.06.2007; Aktenzeichen 1 Ca 129/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.07.2009; Aktenzeichen 9 AZR 431/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 14. Juni 2007 – 1 Ca 129/07 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der beklagte Landkreis dem Kläger eine Entschädigung zu zahlen hat, weil er ihn bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt hat.

Mit Schreiben vom 22. September 2006 bewarb sich der Kläger, der zwei juristische Staatsexamen mit der Note „ausreichend” (5,59 Punkte im I. und 4,60 Punkte im II. Examen) bestanden hat, auf eine Stellenausschreibung, die sich am 19. September 2006 auf der Internetseite der Bundesagentur für Arbeit befand. Die Anzeige lautet wie folgt:

Stellenbeschreibung

Ihre Aufgabe: Rechtsberatung einschließlich Prozessführung für die gesamte Kreisverwaltung.

Wir erwarten ein abgeschlossenes Studium der Rechtswissenschaften, I. oder II. Staatsexamen. Gewünscht werden besondere Kenntnisse im allgemeinen und besonderen Verwaltungsrecht.

Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt.

Rahmenkonditionen

Befristet für 24 Monate; Eine spätere Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ist nicht möglich; Arbeitszeiten: Teilzeit – Vormittag; Teilzeit 50 %; Vergütungsangebot: Entgeltgruppe 13 TVöD

Frühester Eintrittstermin

01.01.2007

Berufs-/Ausbildungsbezeichnung

Jurist/in (Uni) (I. oder II. Staatsexamen)

Kenntnisse und Fertigkeiten

Beratung: vorhanden

Kommunalrecht: vorhanden

Verwaltungsrecht: gut

Mit Schreiben vom 22. September 2006 bewarb sich der Kläger um die ausgeschriebene Stelle unter Hinweis darauf, dass er in den Jahren 1997 bis 2001 als Jurist im Rechtsamt der Stadt O. im Rahmen befristeter Arbeitsverhältnisse beschäftigt und dort mit der allgemeinen Rechtsberatung der Verwaltung und der gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung der Kommune betraut worden sei. Er sei somit auf praktisch allen Gebieten des Verwaltungsrechts tätig gewesen. Danach sei er zwei Jahre (2002 bis 2003) als Rechtsschutzstellenleiter eines Sozialverbandes (VdK) ebenfalls im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses beschäftigt gewesen. Sein Aufgabengebiet sei die umfassende Rechtsberatung der Mitglieder von der Antragstellung bis zur gerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen aus allen Bereichen des Sozialrechts gewesen. Seit Ende 2004 arbeite er als selbstständiger Rechtsanwalt in O. mit den Tätigkeitsschwerpunkten Sozial-, Arbeits-, Miet-, Haftungs- und Verwaltungsrecht. Seine Schwerbehinderung (GdB 50/Gehbehinderung) habe keinerlei Auswirkung auf seine berufliche Leistungsfähigkeit.

Innerhalb der Bewerbungsfrist gingen insgesamt 180 Bewerbungen ein. Bewerber mit lediglich 2 ausreichenden Staatsexamen berücksichtigte der Beklagte von vornherein nicht. In einer zweiten Stufe schieden alle Bewerber mit 2 befriedigenden Examensnoten aus dem weiteren Auswahlverfahren aus. In die engere Auswahl nahm der Beklagte schließlich Bewerber mit mindestens einem vollbefriedigenden und einem befriedigenden Staatsexamen. In die Feinauswahl kamen 25 Bewerber; aus diesem Kreis wurden 8 Bewerber ausgewählt und zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch geladen.

Der Beklagte lud den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein. Unter dem 13. Dezember 2006 lehnte er seine Bewerbung unter Hinweis darauf ab, dass die Wahl auf einen Mitbewerber gefallen sei.

Unter dem 6. Februar 2007, eingegangen am 8. Februar 2007, verlangte der Kläger von dem Beklagten eine Entschädigung unter Bezugnahme auf die gesetzlich vorgeschriebene Entschädigung von 3 Monatseinkommen bei Diskriminierung wegen der Behinderung.

Mit seiner am 14. März 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger seine Entschädigungsforderung weiter.

Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe die Schwerbehindertenvertretung nicht in das Auswahlverfahren einbezogen. Er habe damit und dadurch, dass er ihn nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe, gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen. Daraus ergebe sich, dass er wegen seiner Behinderung benachteiligt worden sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.929,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zent...

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