Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Sittenwidrigkeit der Vereinbarung eines nicht bestehenden betriebsbedingten Kündigungsgrundes

 

Leitsatz (amtlich)

Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien in einem Aufhebungsvertrag, der auf Beanstandungen der Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber beruht, den Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung, so hat das nicht die Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit des Aufhebungsvertrages zur Folge.

 

Normenkette

BGB § 138 Abs. 1; SGB III § 144 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 29.01.2004; Aktenzeichen 4 Ca 464/03)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 29.01.2004, 4 Ca 464/03, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren wird auf 3.064,20 EUR festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch Aufhebungsvereinbarung vom 12.07.2003 zum 31.10.2003 und nicht durchKündigung der Beklagten vom 26.07.2003 zum 31.10.2003 beendet worden ist.

Die Klägerin war seit dem 01.07.1995 bei der Beklagten, die bundesweit Einzelhandelsfilialen betreibt, als Verkäuferin beschäftigt. Die monatliche Bruttovergütung betrug bei 20 Stunden wöchentlich 1.021,40 EUR.

Am 12.07.2003 schlossen die Parteien eine schriftliche Vereinbarung, wonach das Arbeitsverhältnis im beiderseitigen Einvernehmen zum 31.10.2003 enden sollte (Bl. 7 d.A.). Unter dem Punkt Bemerkungen ist in dem Vereinbarungsformular handschriftlich eingefügt:

Auf etwaige soziale Nachteile wurde hingewiesen. Frau B. erhält „betriebsbedingtes” Kündigungsschreiben und Zeugnis mit Note „2”. Frau B… wurde darüber belehrt, dass sie sich sofort nach Erhalt des Kündigungsschreibens arbeitslos melden muss.

Die Beklagte sprach sodann mit Schreiben vom 26.07.2003 zum 31.10.2003 (Bl. 10 d.A.) eine betriebsbedingte Kündigung aus. Unter dem 30.07.2003 hat die Klägerin den Aufhebungsvertrag angefochten.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Aufhebungsvereinbarung sei gemäß § 138 BGB nichtig. Die Vereinbarung des Ausspruchs einer betriebsbedingten Kündigung habe allein dem Zweck gedient, die Verhängung einer Sperrfrist durch die Arbeitsverwaltung zu vermeiden. Es handele sich deshalb um eine Vereinbarung zu Lasten der Arbeitsverwaltung. Außerdem sei die Aufhebungsvereinbarung wirksam wegen widerrechtlicher Drohung angefochten worden. Am 12.07.2003 sei sie von dem Verkaufsleiter Z. auf unzulängliche Arbeitsleistung angesprochen worden. Dabei sei ihr erklärt worden, wenn sie das Arbeitsverhältnis fortsetzen wolle, unterliege sie ständigen Kontrollen und müsse damit rechnen, dass die Beklagte den geringsten Anlass nutzen werde, um das Arbeitsverhältnis zu beenden.

Alternativ habe Herr Z. den Abschluss der Aufhebungsvereinbarung angeboten, was sie abgelehnt habe. Herr Z. habe sodann erklärt: „Dann sind wir aber mal gespannt.” Dies habe sie zu Recht als unverhohlene Drohung angesehen. Nach Rücksprache mit ihrem draußen wartenden Ehemann habe sie sodann sich entschlossen, dem Vorschlag des Herrn Z. zu folgen und das Arbeitsverhältnis per Aufhebungsvertrag zu beenden.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Vereinbarung vom 12.07.2003 nicht mit Ablauf des 31.10.2003 beendet worden ist;
  2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 26.07.2003, zugegangen am 29.07.2003, zum 31.10.2003 beendet worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Aufhebungsvereinbarung sei wirksam, der ausgesprochenen Kündigung komme keine eigenständige rechtliche Bedeutung zu.

Der Abschluss des Aufhebungsvertrages sei nicht durch Drohung veranlasst worden. Die Klägerin sei auf unzureichende Arbeitsleistung und Kundenbeschwerden angesprochen worden, ihr sei von Herrn Z. zu erkennen gegeben worden, dass derartige unzureichende Arbeitsweisen zukünftig nicht mehr geduldet würden. Aus Entgegenkommen habe man ihr sodann die Aufhebungsvereinbarung angeboten, auch mit dem Ziel, dass sie keine Sperrfrist bekomme. Die Klägerin habe die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgelehnt. Nach ca. 1 1/2 Stunden habe sie sich dann jedoch im Verkaufsbüro bei Herrn Z. gemeldet und nachgefragt, ob noch die Vereinbarung abgeschlossen werden könne. Sie sei dann zusammen mit ihrem Ehemann in das Verkaufsbüro gekommen und habe die Aufhebungsvereinbarung geschlossen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf Tenor und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.

Mit Berufung trägt die Klägerin vor, ein Grund für eine betriebsbedingte Kündigung habe nicht bestanden. Die Vereinbarung des Ausspruchs einer betriebsbedingten Kündigung habe dem alleinigen Zweck gedient, eine Sperrfrist beim Bezug von Arbeitslosengeld zu verhindern. Das Kündigungsschreiben habe damit nur der Täuschung der Arbeitsverwaltung dienen sollen. Aus diesem Grunde ...

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