Entscheidungsstichwort (Thema)

Wertguthaben auf Arbeitszeitkonto. Treuhandkonto. Betriebsrat. Aussonderung. Absonderung

 

Leitsatz (amtlich)

Wird für ein Wertguthaben aus einem Arbeitszeitflexibilisierungsmodell ein Treuhandkonto eröffnet, das als Unterkonto zum Geschäftskonto des Arbeitgebers geführt wird und über das jeweils ein Betriebsrats-Mitglied und ein Mitglied der Geschäftsleitung des Arbeitgebers nur gemeinsam verfügen können, so stehen den Arbeitnehmern in der Insolvenz des Arbeitgebers keine Aus- oder Absonderungsrechte zu.

 

Normenkette

InsO §§ 47, 50

 

Verfahrensgang

ArbG Hannover (Urteil vom 28.02.2002; Aktenzeichen 3 Ca 267/01)

 

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 28.02.2002 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob den Klägern Aussonderungsrechte an einem Konto der Schuldnerin zustehen.

Die Kläger sind ehemalige Arbeitnehmer der Mit Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 31.03.2000 wurde der Beklagte zum Insolvenzverwalter über das Vermögen dieser Gesellschaft bestellt.

Der Betriebsrat der Schuldnergesellschaft hatte erstmals unter dem 03.11.1997 eine Betriebsvereinbarung über die Einführung einer flexiblen Arbeitszeit im Sinne von § 3 Ziff. 1.41 des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV-Bau) abgeschlossen. Hieran schloss sich die Betriebsvereinbarung vom 06.04.1998 und an diese wiederum die im vorliegenden Fall einschlägige Betriebsvereinbarung vom 18.03.1999 an. Auf der Grundlage dieser Betriebsvereinbarung, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 12–17 d. A. Bezug genommen wird, konnte bis zu 120 Arbeitsstunden pro Arbeitnehmer vorgearbeitet werden. Diese Stunden sollten als Ausgleich für den witterungsbedingten Arbeitsausfall im Zeitraum 01.11.1999 bis 31.03.2000 herangezogen bzw. durch Freizeit abgegolten werden. Am Ende des Flexibilisierungszeitraums (31.03.2000) konnten die Mitarbeiter wählen, ob sie die verbleibenden Rest-Mehrarbeitsstunden auf den nächsten Zeitraum vom 01.04.2000 bis 31.03.2001 vortragen, oder ob sie sie ausgezahlt haben wollten. Die Differenz zwischen dem Lohn für die Regelarbeitszeit und dem erreichten Monatslohn war gemäß Betriebsvereinbarung auf einem individuellen Arbeitszeitkonto für jeden Arbeitnehmer einzeln gutzuschreiben und zu belasten. Das gesamte Arbeitszeitguthaben aller Mitarbeiter sollte auf ein extra einzurichtendes Treuhandkonto eingezahlt werden, über welches bei der Verwendung von angesparten Stunden für Schlechtwetter oder Freizeitausgleich nur Betriebsrat und Geschäftsleitung gemeinsam verfügen können sollten.

Auf der Grundlage der ersten Betriebsvereinbarung vom 03.11.1997 beantragte die Schuldnergesellschaft bei ihrer Bank mit Schreiben vom 10.11.1997 die Eröffnung eines neuen Kontos. In dem Schreiben (wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 18 d. A. Bezug genommen wird) heißt es auszugsweise wörtlich:

„Wir … bitten um Eröffnung eines neuen (Unter-)Kontos und zwar eines Treuhandkontos im Sinne von § 3 Ziff. 1.44 des BRTV für das Baugewerbe”.

§ 3 Ziff. 1.44 BRTV-Bau lautet auszugsweise wörtlich:

„Durch den Arbeitgeber ist in geeigneter Weise auf seine Kosten sicherzustellen, dass das Guthaben jederzeit bestimmungsgemäß ausgezahlt werden kann, insbesondere durch Bankbürgschaft, Sperrkonto mit treuhänderischen Pfandrechten oder Hinterlegung bei der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft.”

Verfügungsberechtigt über das Arbeitszeitkonto sollte jeweils ein in dem Eröffnungsantrag vom 10.11.1997 benanntes Betriebsratsmitglied und ein dort ebenfalls benanntes Mitglied der Geschäftsführung gemeinschaftlich sein. Das Geschäftskonto der Schuldnerin bei der … wurde unter der Konto-Nr. … geführt. Das auf den Antrag v. 10.11.97 neu eingerichtete Konto erhielt die Konto-Nr. … (vgl. die Kontoeröffnungsbestätigung … vom 25.11.1997, Bl. 19 d. A.).

Bis Ende November 1999 wurde der Lohn für die von den Arbeitnehmern der Schuldnerin geleisteten Ansparstunden vollständig auf das neu errichtete Konto eingezahlt, jedoch ohne den in § 3 Ziff. 1.44 BRTV vorgesehenen Aufschlag von 45 % für den Sozialaufwand. Im Dezember 1999 zahlte die Schuldnerin auf die von ihren Arbeitnehmern geleisteten Ansparstunden nur 6,81 % ein.

An jeden einzelnen Arbeitnehmer wurde zusammen mit der monatlichen Gehaltsabrechnung, in der die Ansparstunden jeweils aufgeführt wurden, eine Aufstellung der von ihm geleisteten Mehrarbeitsstunden von der Schuldnergesellschaft übergeben. Wegen der Einzelheiten hinsichtlich der Kläger wird auf die Anlagen K 5, K 6 und K 7 zur Klageschrift (Bl. 21–28 d.A.) verwiesen. Daneben erhielt der Betriebsrat monatlich eine Gesamtübersicht der insgesamt erbrachten Mehrarbeitsstunden und der für jeden Arbeitnehmer erbrachten Zahlungen auf das Treuhandkonto bei der … (wegen der Übersicht des Ansparkontos per 31.12.1999 wird auf die Anlage K 4 zur Klageschrift, Bl. 20 und 20 a) d. A. verwiesen).

Bis zum 31.12.1999 haben der Kläger zu 1) Ansparstunden im We...

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