Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschlussfrist, tarifvertragliche. Schadensersatzansprüche. öffentlicher Dienst

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Fälligkeit i. v. S. § 70 BAT bei Schadensersatzansprüchen.

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Ausschlussfrist nach § 70 BAT erfasst auch Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers gegen den öffentlichen Arbeitgeber aus positiver Vertragsverletzung.

Die Fälligkeit eines Schadensersatzanspruches mit der Folge, dass die Ausschlussfrist des § 70 BAT zu laufen beginnt, setzt voraus, dass die Höhe der Forderung dem Anspruchsberechtigten bekannt ist und wenigstens ungefähr beziffert werden kann.

 

Normenkette

BAT § 70

 

Verfahrensgang

ArbG Oldenburg (Oldenburg) (Urteil vom 01.12.2003; Aktenzeichen 2 Ca 501/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.12.2006; Aktenzeichen 8 AZR 628/05)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung im übrigen wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 01.12.2003 – 2 Ca 501/01 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Es wird festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin den sich aus der Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus ergebenden materiellen wie immateriellen Schaden seit dem 17.09.1998 zu 50 % zu ersetzen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Streitwert: unverändert.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit ihrer am 11. September 2001 beim Arbeitsgericht Oldenburg eingereichten Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ihr den sich aus einer Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus ergebenden materiellen wie immateriellen Schaden seit dem 17. September 1998 zu ersetzen.

Die Klägerin steht als angestellte Berufsschullehrerin im Fach Praxisunterricht Lebensmittel in den Diensten des beklagten Landes und ist bei der Berufsbildenden Schule (BBS) … beschäftigt. Bei den praktischen Arbeiten kommt es häufiger vor, daß sich Schüler oder auch Lehrkräfte beim Hantieren mit Geräten verletzen, insbesondere treten häufig Schnittverletzungen vor allem an den Händen auf, wobei die Lehrer in der Regel die Schnittverletzungen der Schüler versorgen. Zu den von der Klägerin unterrichteten Berufsschülern gehören auch intravenös drogenabhängige männliche und weibliche Jugendliche.

Nach einer Blutspende am 17. September 1998 erfuhr die Klägerin, daß sie mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) infiziert ist. Zuletzt hatte die Klägerin davor im Jahre 1995 Blut gespendet und damals lag noch keine Infektion mit HCV vor.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie könne sich nur im Rahmen ihrer Tätigkeit als Lehrerin an der BBS … selbst bei der Wundversorgung eines Schülers oder einer Schülerin mit HCV infiziert haben. Zwischen 1995 und 1998 seien Schnittwunden beim Unterricht in den Lehrküchen der BBS … häufig vorgekommen. Es sei in den Schulküchen an der Tagesordnung, daß sich Schüler und auch Lehrkräfte kleine Schnittwunden zuzögen und auch sie habe im fraglichen Zeitraum regelmäßig Schnittverletzungen gehabt. Ihre Infektion könne sie sich nur durch Blutkontakt mit einem infizierten Schüler oder einer infizierten Schülerin bei der Wundversorgung zugezogen haben. Auch mittelbare Infektionswege durch Berührung von Gegenständen, die vorher ein verletzter und infizierter Schüler berührt habe, seien möglich und sie habe auch minimale Verletzungen an den Händen aus ihrem häuslichen Bereich mitgebracht, so daß auch eine Infektion auf diese Art möglich gewesen sei. Eine Infektion mit HCV außerhalb der Schule scheide aus, denn keines ihrer Familienmitglieder sei mit HCV infiziert und sie selbst habe bei sich auch keine Tatoos oder Piercings vornehmen lassen, bei welchen eine Infektion möglich sei. Da bei ihr seit Anfang 2000 Symptome der Infektion mit HCV aufgetreten seien, habe sie sich deswegen in ärztliche Behandlung begeben.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das beklagte Land habe seine Aufklärungspflicht betreffend die Gefährlichkeit, die Infektionswege und den möglichen Schutz vor Infektionen grob fahrlässig verletzt und hafte ihr deshalb auf Schadensersatz.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, an sie den sich aus der Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus ergebenden materiellen wie immateriellen Schaden seit dem 17.09.1999 (richtig wohl: 1998) zu ersetzen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, eventuelle Schadensersatzansprüche der Klägerin seien gemäß § 70 BAT verfallen. Im übrigen hat das beklagte Land bestritten, daß die Klägerin ihre HCV-Infektion sich während ihrer Unterrichtstätigkeit an der BBS … zugezogen habe. Sofern sich die Klägerin jedoch bei ihrer Lehrtätigkeit infiziert habe, sei nicht die fehlende Aufklärung über Ansteckungsgefahren oder mangelnde Ausstattung an Verbandsmaterial sowie Einmalhandschuhen und Desinfektionsmitteln die Ursache, sondern die eigene Sorglosigkeit der Klägerin, da diese dann keine Handschuhe getragen habe.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streit...

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