Verfahrensgang

ArbG Braunschweig (Urteil vom 05.12.1997; Aktenzeichen 7 Ca 605/97)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Braunschweig vom 05.12.1997 – 7 Ca 605/97 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses.

Die am 23.11.1963 geborene, ledige, einem behinderten Kind unterhaltspflichtige Klägerin besuchte nach Abschluß ihrer Schulausbildung die pädagogische Fachschule für Kindererzieherinnen in … und schloß diese Ausbildung mit einem Staatsexamen ab. Im Anschluß daran war sie als Erzieherin in … tätig. Ende November 1989 zog sie nach … wo sie an einem Berufspraktikum mit anschließendem Kolloquium zur Erlangung einer Gleichwertigkeitsbescheinigung als Erzieherin erfolgreich teilnahm. Anschließend war sie als Kindergartenerzieherin bei der Stadt … bis zum 31.01.1997 tätig. Aus persönlichen Gründen strebte sie einen Wechsel nach … an und bewarb sich bei der beklagten Stadt, die für die zum 01.02.1997 in Betrieb gehende Kindertagesstätte … Erzieherinnen suchte. Am 25./26.11.1996 stellten sich bei ihr 28 Bewerberinnen vor. Die Klägerin erhielt aufgrund ihrer Vorstellung am 26.11.1996 eine Einstellungszusage und wurde aufgrund des Arbeitsvertrages vom 04.12.1996 zum 01.02.1997 eingestellt.

Am 30.04.1997 führte die Kindertagesstättenleiterin mit ihr ein Gespräch und erstellte unter dem 06.05.1997 folgende …

Zwischenbeurteilung

Frau … arbeitet seit dem 01. Februar 1997 in unserer städtischen Kindertagesstätte …

Sie ist gemeinsam mit einer weiteren Erzieherin in einer Gruppe mit 25 Kindern beschäftigt.

Zu den Kindern ihrer Gruppe hat sie ein gutes Verhältnis.

Frau … Vorlieben in der pädagogischen Arbeit liegen im kreativen Bereich. Dieses äußert sich so, daß sie fast das gesamte Freispiel am Basteltisch verbringt und zeitweise auch selbst bastelt. Hier steckt sie ihre gesamte Arbeitsmotivation hinein und stellt mit den Kindern die unterschiedlichsten Dinge her. Anregungen zur Veränderung von Arbeitstechniken hat sie angenommen und Erfahrungen gesammelt. Fertiggestellte Produkte, die in der Gruppe verbleiben, liegen zeitweise tagelang auf dem Schrank.

In allen anderen Bereichen zieht sich Frau … offensichtlich zurück und fungiert als beobachtende Erzieherin.

Wird sie auf diese Tatsache angesprochen, ist sie ratlos und hat kaum Ideen zur Umsetzung.

Teilweise fehlt ihr der Gesamtüberblick für die Gruppe. Bei gezielten Fragestellungen in Bezug auf die Gruppe wirkt sie ratlos und verweist auf ihr Kollegin.

Auf Anfrage ist Frau … an ihrer fachlichen Weiterentwicklung interessiert, zeigt hier aber kaum Eigenmotivation, indem sie z.B. Interesse an Fachbüchern zeigt.

Frau … ist stets bereit ihr übertragene und anfallende Arbeiten zu übernehmen und auszuführen.

Im Gespräch mit der Leitung konnte sie teilweise eigene Schwächen nennen und reflektieren. Für die Umsetzung dieser Kritikpunkte wurde ein Zeitraum von ca. 4 Wochen gesetzt. Anfang Juni wird Frau … mit der Leitung ein weiteres Gespräch führen.

Vor dem ins Auge gefaßten Gespräch leitete die Beklagte jedoch mit Schreiben an den Personalrat vom 29.05.1997 „aus pädagogischen Gründen” unter Beifügung der Zwischenbeurteilung das Kündigungsverfahren ein und kündigte mit Schreiben vom 17.06.1997 das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum 31.07.1997, nachdem der Personalrat mit Schreiben vom 13.06.1997 die Kündigung zur Kenntnis genommen hatte.

Mit ihrer am 08.07.1997 eingereichten Klage hat sich die Klägerin gegen diese Kündigung gewandt, die sie unter anderem im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG für treuwidrig hält, und vor deren Ausspruch der Personalrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Durch ihre Einstellung habe die Beklagte zum Ausdruck gebracht, daß sie die Klägerin für die fachlich und persönlich am besten geeignetste Bewerberin für die Stelle halte. Wenn sie nunmehr in der Probezeit kündige, müsse sie darlegen und ggfls. beweisen, daß die Prognose verfehlt gewesen sei, was sich nicht aus der Zwischenbeurteilung ergebe, die zudem in ihren Kritikpunkten unsubstantiiert und inhaltlich unzutreffend sei. Es bestehe kein vernünftiger Zweifel an ihrer Eignung, wofür die Reaktion der Eltern spreche, die ihren Weggang zutiefst bedauerten. Kündigungsgrund sei vielmehr, daß die Kindertagesstättenleiterin, wie gegenüber ihren Eltern geäußert, sie nicht wolle. Auch der Amtsleiter habe ihren Eltern gegenüber erklärt, er gehe davon aus, daß der wahre Grund sei, daß zwischen ihr und der Leiterin die Chemie nicht stimme.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der beklagten Stadt vom 17.06.1997 nicht mit Ablauf des 31.07.1997 sein Ende gefunden hat;
  2. die beklagte Stadt zu verurteilen, die Klägerin als Kindergärtnerin auch über den 31.07.1997 hinaus weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ha...

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