Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszeit. Brückentage. Grundschule. pädagogische Mitarbeiterin. Sonderurlaub. Pädagogische Mitarbeiterin an einer Grundschule. stundenweise Abrechnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es besteht kein allg. Rechtssatz, wonach die Zuweisung von Arbeitseinsätzen von weniger als einer Stunde unzulässig ist.

2. Ist eine pädagogische Mitarbeiterin für den "stundenweisen Einsatz" eingestellt, ist jeder einzelne Arbeitseinsatz in vollen Stunden abzurechnen.

3. Zur Berechnung von sog. Brückentagen und Sonderurlaub im Zusammenhang mit den Sonderregelungen für die unterrichtsfreie Zeit/Schulferien.

 

Normenkette

BGB §§ 139, 157; EntgeltFG § 4; GewO § 106; ZPO § 256; BGB § 611 Abs. 1; EFZG § 4; ZPO § 256 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Osnabrück (Entscheidung vom 14.12.2012; Aktenzeichen 3 Ca 453/12 Ö)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.03.2016; Aktenzeichen 5 AZR 758/13)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts B-Stadt vom 14.12.2012 - 3 Ca 453/12 Ö - teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Klägerin gegen das beklagte Land ein Anspruch auf ein Zeitguthaben von 109,75 Stunden für das Schuljahr 2011/2012 zusteht.

Es wird festgestellt, dass Zeiten des Sonderurlaubs mit der vertraglich vereinbarten Betreuungs- und Vertretungsstundenzahl abzurechnen sind.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin ¼, das beklagte Land ¾.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, wie die Arbeitsleistung der Klägerin abzurechnen ist, wie bestimmte arbeitsfreie Tage zu erfassen sind und ob der Klägerin im Ergebnis ein Arbeitszeitguthaben zusteht.

Die Klägerin ist bei dem beklagten Land als pädagogische Mitarbeiterin an der Grundschule in B. seit dem 05.07.2004 beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein sog. kombinierter Arbeitsvertrag für den regelmäßigen Einsatz und/oder den Einsatz auf Abruf von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Grundschulen vom 05.07.2004 (Bl. 8-10 d.A.) zugrunde. Gemäß Änderungsvertrag vom 01.02.2006 wurde die in § 1 des Ausgangsarbeitsvertrages festgelegte Stundenzahl zur regelmäßigen Erteilung von schulspezifischen unterrichtsergänzenden Angeboten (sog. Betreuungsstunden) ab dem 01.02.2006 von 3 auf 5 Stunden wöchentlich erhöht. Zugleich wurden die in § 1 des Ursprungsarbeitsvertrages festgelegten Stunden zum stundenweisen Einsatz auf Abruf im Rahmen des Vertretungskonzeptes ab dem 01.02.2006 von bisher 10 auf 7 Stunden wöchentlich gekürzt. Dies entsprach einer von der Klägerin in rechnerischer Hinsicht zu leistenden Gesamtstundenzahl von 480 Stunden im Schuljahr. Die Klägerin erhält dafür eine verstetigte, monatlich gezahlte Vergütung, in der die Schulferienzeiten im Berechnungsfaktor rechnerisch berücksichtigt sind. Die von der Klägerin geleisteten Arbeitszeiten wurden von der Schulleitung tageweise notiert; eine Kopie liegt in der Akte nicht vor.

Wegen der Beschäftigung von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Grundschulen besteht ein Runderlass der Ministerkonferenz vom 18.05.2004. Unter Ziffer 2 heisst es darin:

"Bei Einsatz von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rahmen der unterrichtsergänzenden Angebote sind Zeitstunden zugrunde zu legen, beim Einsatz während der Unterrichtszeit in einer Klasse ist eine Unterrichtstunde wie eine Zeitstunde zu rechnen."

Die im Rahmen des Vertretungskonzepts geleisteten Stunden im Unterricht wurden entsprechend dem Erlass mit 60 Minuten abgerechnet. Darüber besteht kein Streit. Im Rahmen der unterrichtsergänzenden Angebote (Betreuungsstunden) wurde die Klägerin zunächst ausschließlich mit 45 - 50 Minuten mittags eingesetzt. Die Abrechnung bis Ende des Schuljahrs 2008/2009 ist unstreitig. Mit Beginn des Schuljahrs 2009/2010 wurde die Klägerin in Umsetzung eines erweiterten Konzeptes, das in einer Dienstbesprechung verabschiedet worden war, auch morgens von 7.45 - 8.10 Uhr eingesetzt. Zeitgleich war die Stelle der Schulleiterin infolge Pensionierung der bisherigen Leiterin vakant geworden. In der Folgezeit wurden die Betreuungsstunden der Klägerin "spitz" abgerechnet, nämlich mit 25 Minuten morgens (an 3 Tagen) und 45 Minuten mittags (an 4 Tagen). Für das Schuljahr 2010/2011 errechnete die Schulleitung ein Minus von 60 Stunden und teilte der Klägerin mit, dass diese Minusstunden im folgenden Schuljahr nachzuarbeiten seien. Die darauf eingeschaltete Landesschulbehörde teilte mit Schreiben vom 8.6.2012 (Bl. 12 d.A.) mit, dass "noch 11 Stunden, die wegen vermeintlicher Minusstunden im 1. Halbjahr geleistet wurden, ebenfalls nicht angerechnet wurden."

Ferner hat die Klägerin mehrfach Sonderurlaub auf Grundlage der SonderurlaubsVO (Bl. 105 ff. d.A.) in Anspruch genommen, um ihr eigenes schwerstbehindertes Kind zu betreuen. Streitig ist auch, ob unterrichtsfreie "Brückentage" rechnerisch in Ansatz zu bringen sind oder nicht. So hatte die Klägerin in der 20. Kalenderwoche vom 15.06. bis 16.05.2012 Sonderurlaub e...

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