Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit der Befristung von Arbeitsverhältnissen der Bediensteten eines Landkreises mit dem Aufgabenkreis der Grundsicherung für Arbeitsuchende

 

Leitsatz (redaktionell)

Es stellt einen sachlichen Grund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses i.S. von § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG dar, dass die Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende zunächst zeitlich befristet im Rahmen eines Modellprojekts auf eine bestimmte Anzahl von Landkreisen übertragen wurde.

 

Normenkette

SGB II §§ 6, 6a; TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; TVöD § 30 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Emden (Entscheidung vom 03.05.2011; Aktenzeichen 2 Ca 39/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.09.2013; Aktenzeichen 7 AZR 107/12)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Emden vom 03.05.2011, 2 Ca 39/11, abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung des Arbeitsverhältnisses sowie einen tariflichen Wiedereinstellungsanspruch.

Der beklagte Landkreis ist einer der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit durch Verordnung zugelassenen kommunalen Träger im Sinne von §§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 6a SGB II, der zusätzlich zu seinem originären Aufgabengebiet (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II) ab dem 1. Januar 2005 auch die Aufgaben der Grundsicherung nach dem SGB II ausgeführt hat. Zur Erledigung dieser Aufgaben hat der beklagte Landkreis zusätzlich zu den vorhandenen rund 750 Beschäftigten weitere ca. 130 Mitarbeiter mit befristeten Arbeitsverträgen eingestellt und die Bearbeitung der originären und der optionalen Aufgaben im "Zentrum für Arbeit" zusammengeführt.

Die am 00.00. 1974 geborene Klägerin war aufgrund mehrerer befristeter Verträge seit dem 01. Oktober 2002 als Sachbearbeiterin in der Arbeitsvermittlung beschäftigt. Den letzten befristeten Vertrag schlossen die Parteien am 21. Oktober 2005 für die Zeit vom 01. Januar 2006 bis 31. Dezember 2010 ab (Bl. 11 d.A., Änderungsvertrag vom 11.05.2010 Bl. 12 d.A.). Die Klägerin hat zuletzt 930, 68 € brutto monatlich verdient.

Der beklagte Landkreis führt die Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitssuchende auch über den 31. Dezember 2010 hinaus fort. Die Parteien haben insoweit im Termin unstreitig gestellt, dass die Übernahme von 107 bisher befristet Beschäftigten in Dauerarbeitsverhältnisse ohne förmliches Ausschreibungsverfahren durchgeführt wurde. Die Klägerin hat sich nicht um eine unbefristete Einstellung beworben. Sie gehört zu den ca. 15 befristet Beschäftigten, die von dem Beklagten nicht über den 31. Dezember 2010 unbefristet weiterbeschäftigt wurden. Beim Landesarbeitsgericht sind insoweit sechs Parallelverfahren anhängig. Mit ihrer fristgerecht eingereichten Klage wendet sich die Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Befristungsvereinbarung, hilfsweise begehrt sie die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis gem. § 30 Abs. 2 Satz 2 TVöD.

Zum 01.12.2011 sind im Zentrum für Arbeit 2 Mitarbeiter neu eingestellt worden.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Befristung vom 21. Oktober 2005 beendet worden ist und über den 31. Dezember 2010 unbefristet fortbesteht.

2. Im Falle des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Sachbearbeiterin in der Arbeitsvermittlung weiterzubeschäftigen.

3. Hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, das Angebot der Klägerin auf Abschluss eines unbefristeten Fortsetzungsvertrages ab dem 1. Januar 2011 zu den Arbeitsbedingungen, wie sie zuvor zwischen der Klägerin und dem Beklagten gem. Arbeitsvertrag vom 21. Oktober 2005 bestanden und unter Anrechnung der bisherigen Beschäftigungsdauer anzunehmen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass die nach dem Gesetz nur für den Zeitraum von sechs Jahren vorgesehene Möglichkeit, die Grundsicherung für Arbeitssuchende als optionale Aufgabe wahrzunehmen, die Befristungsvereinbarung sachlich rechtfertige. Für das Jahr 2011 seien notwendige organisatorische Änderungen auf der Grundlage der Erkenntnisse der vorangegangenen sechs Jahre umgesetzt worden, so dass es zu einer Stellenreduzierung im Zentrum für Arbeit gekommen sei (Stellenübersicht 2011 Bl. 43 d.A.). Die Klägerin habe bei der für alle Mitarbeiter durchgeführten dienstlichen Beurteilung lediglich die Gesamtnote "ausreichend" (Durchschnittseinstufung 3,43 Punkte, Endpunktwert 6) erlangt und habe daher zu den nach Leistungsgesichtspunkten nicht berücksichtigungsfähigen Mitarbeitern gehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Emden hat mit Urteil vom 3. Mai 2011 den Klaganträgen zu 1. und 2. stattgegeben, die Unwirksamkeit der Befris...

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